: Jack Slade
: Lassiter 2085 Der Marshal ist eine Lady
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838718736
: Lassiter
: 1
: CHF 1.80
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: Spannung
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

arneval feiern wir nicht in dieser Stadt, Ma'am', sagte der Mann und grinste. 'Sie hätten sich also gar nicht verkleiden brauchen. Am besten gehen Sie gleich auf Ihr Zimmer und ziehen sich so an, wie es sich für eine Lady geziemt.'

Eugeni Blake musterte ihn von Kopf bis Fuß. Der Kerl lehnte am anderen Ende des Rezeptionstresens. Ein schnauzbärtiger Angeber. Belustigt blickte er auf den vergoldeten Stern an Eugenias Jackett, der sie als US Marshal auswies. 'War das eine Aufforderung zum Tanz?', fragte sie. 'Ist das bei euch Rednecks in diesem Kaff so üblich, wenn ihr eine Solonummer hinlegen möchtet?' Sein Grinsen schwand, seine Kinnlade klappte herunter. Einen Atemzug später verzerrte sich sein Gesicht vor Wut. 'Dir werd ich's zeigen', zischte er. Und zog. Er bekam den Colt nur knapp aus dem Holster. Da jagte ihm Eugenia bereits die erste Kugel vor die Stiefelspitzen.

Erschrocken sprang er hoch, zur Seite, riss die Augen weit auf. Seine Hand zuckte vom Revolverkolben weg. Gleichzeitig sackte seine Kinnlade abwärts, und er kriegte den Mund nicht wieder zu.

Er war aus dem Saloon in die Hotellobby herübergekommen. Seine Kumpane an der Theke, drüben, hatten eben noch gejohlt. Jetzt wurden sie still, kriegten Stielaugen und machten lange Hälse. Eugenia schätzte, dass der Angeber ihnen gesagt hatte: »Ich geh jetzt mal da rüber und zeig euch, wie man mit so einem größenwahnsinnigen Weib umspringt. Ich wette, die hat den US-Marshal-Stern in einem Kostümladen gekauft.«

Das Krachen des Schusses war noch nicht verhallt, als Eugenia zum zweiten Mal durchzog. Es störte sie nicht, dass der Schuss sowohl durch das Hotel als auch durch den Saloon dröhnte.

Abermals vollführte der Schnauzbärtige einen hastigen Hüpfer. Geduckt verharrte er zwei Schritte vom Tresen entfernt - unschlüssig, ob er die Flucht ergreifen oder die Hände hochnehmen sollte. Ungläubig stierte er die Frau im grauen Straßenanzug an.

Die Männer im Saloon verließen fluchtartig die Theke, verzogen sich in den hinteren Teil des Schankraums. Hinter Eugenia, in der Lobby des Hotels, hielten sich ohnehin keine Menschen auf. Es war früher Nachmittag; die meisten Gäste befanden sich noch im Restaurant, das die gesamte rechte Seite im Erdgeschoss des Gebäudes einnahm. Einige hatten sich wohl auch schon zu einem Nickerchen auf ihre Zimmer zurückgezogen. Der Rezeptionsangestellte war hinter dem Tresen verschwunden und hastete tief gebückt in den Nebenraum.

»Du bist tot«, flüsterte der Schnauzbärtige. »Das schwöre ich dir.« Er hatte sichtliche Konzentrationsprobleme; sein Blick wanderte unablässig auf und ab, von ihrem feingeschnittenen Gesicht und dem langen rotblonden Haar zum US-Marshal-Stern links neben dem Revers ihres Jacketts zu dem Dekolletee ihrer weißen Bluse, das ihre großen Brüste fast zur Hälfte zeigte – so überaus nah und doch unerreichbar für einen Kerl wie ihn. Das wurde ihm spätestens in diesem Moment klar, doch er wollte es nicht wahrhaben. In letzter Konsequenz, das war Eugenia durchaus bewusst, konnte sie einen Mann durchaus um den Verstand bringen, wenn sie ihre Brüste nur ausgiebig und aufreizend genug zur Schau stellte.

Sie sah ihm die lüsternen Gedanken an den tückisch glitzernden Augen an. Betont langsam zog sie den Hahn ihres Colts zurück, und während des zweimaligen metallischen Knackens drehte sich die Trommel ebenso langsam. Die Sternträgerin hob die Waffe ein Stück höher, sodass die Laufmündung exakt auf die Nasenwurzel des Mannes gerichtet war.

»Heute lasse ich dich noch mal laufen«, sagte sie großzügig. »Normalerweise müsste ich dich sofort festnehmen. Wege