: Jack Slade
: Lassiter 2082 Als Lassiter die Furie zähmte
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838718705
: Lassiter
: 1
: CHF 1,80
:
: Spannung
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Sie hatte so große Augen, wie er sie noch nie bei einer Frau gesehen hatte. Aber nicht nur die Augen, alles war groß an ihr. Sie war nur einen halben Kopf kleiner als er und hatte für eine Frau sehr breite Schultern. Die Wölbungen unter ihrer weißen Rüschenbluse waren beachtlich und schienen den Stoff sprengen zu wollen, als sie den linken Arm hob und sich mit den Fingern über die streng nach hinten gekämmten, goldblonden Haare strich. Der große Mann erkannte die ungezügelte Neugier in ihren großen blauen Augen und wusste, dass er ihr offensichtliches Interesse nicht erwidern durfte, wollte er ihre Neugier auch weiterhin wach halten. Also sah er sich in dem großen Office um, in dem sie beide alleine waren.

Er hätte es ihr gern gesagt, aber er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, obwohl ihr Blick ihm sagte, dass sie dafür durchaus bereit war.

»Ist Mister Chaff da?«, fragte er.

»Was wollen Sie von ihm?«

Er grinste schmal.Typische Frauenantwort, dachte er.

»Ist Mister Chaff da?«, wiederholte er. »Das ist eine einfache Frage, die mit einem Ja oder Nein beantwortet werden kann.«

Ihre Augen schienen noch größer zu werden. Er hatte erwartet, dass Zorn darin aufblitzen würde, doch sie errötete nur und sagte: »Entschuldigen Sie, Mister Lassiter, Mister Chaff musste kurzfristig zum Richter.«

»Sie kennen mich?«

Die Röte in ihrem etwas pausbäckigen Gesicht wurde stärker. »Ich führe Mister Chaffs Terminkalender. Ich weiß, dass er heute Nachmittag mit Ihnen verabredet war.«

»Okay, Miss …«

»Daniele«, sagte sie schnell. »Meine Freunde nennen mich Danny.«

»Wir haben uns zwar erst eben kennengelernt«, erwiderte er mit einem schmalen Lächeln, »aber es würde mich freuen, wenn ich Sie auch Danny nennen dürfte.«

Sie nickte. »Wollen Sie hier warten, Mister Lassiter? Es kann allerdings länger dauern, hat Mister Chaff gesagt.«

»Lassen Sie das ›Mister‹ ruhig weg, Danny«, sagte er. »Ich habe eine lange Eisenbahnfahrt hinter mir und würde mich gern etwas ausruhen. Ich bin im Gila Hotel abgestiegen. Geben Sie mir bitte Bescheid, wenn Mister Chaff Zeit für mich hat.«

Sie sieht mich an, als würde sie etwas Besonderes an mir suchen, was es bei anderen Männern nicht gibt, dachte er. Dann nickte er ihr noch einmal zu, wandte sich ab und verließ das Office des Obersten Anklägers des Staates Arizona, der im Nebenjob den Mittelsmann der Brigade Sieben spielte.

Tucson war zu einer brodelnden Stadt geworden, seit Gokhlayeh, den die Weißen Geronimo nannten, wieder einmal aus der San-Carlos-Reservation ausgebrochen war und sich mit seinen Chiricahuas nach Mexiko in die Sierra Madre zurückgezogen hatte. Dadurch beschränkte sich die Gefahr von Überfällen auf das Grenzgebiet zu Sonora.

Er war vom Bahnhof mit einem Kutschwagen in die Stadt gekommen. Da er nicht wusste, wie sein neuer Auftrag der Brigade Sieben lauten würde, wollte er damit noch warten, sich ein Pferd und die passende Ausrüstung zu besorgen, und sich erst einmal um sich selbst kümmern. Müde war er nicht, wie er der jungen Lady in Chaffs Office gesagt hatte, denn er hatte fast die ganze Zugfahrt von Lordsburg nach Tucson trotz der ewigen Rüttelei schlafend verbracht. Seine Reisetasche befand sich bereits in seinem Zimmer im Gila