Informationsstress und Medienterror
Weniger ist meistens mehr
»Das Wissen hat seinen Ort zwischen zwei Ohren und nicht zwischen zwei Modems.«
Fredmund Malik
Irrwege im Labyrinth der Informationen
In rasantem Tempo haben sich moderne Informations- und Kommunikationsmedien verbreitet. Netbook, Smartphone oder Blackberry, Tablet-PC und iPod sind nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Mit ihnen erledigen wir tagtäglich unsere Arbeit und gestalten unser Privatleben.Über Social Networks pflegen wir Kontakte und Freundschaften. Gesuchte Informationen finden wir dank Google und Wikipedia schnell im Internet. Wichtige Daten aktualisieren, korrigieren und speichern wir papierfrei auf dem Computer. Zur räumlichen Orientierung nutzen wir Navigationssysteme. Die ganze Welt lässt sich bis in den letzten Winkel via Google Earth erkunden. Nichts bleibt uns verborgen, keine Frage bleibt unbeantwortet. Auf alles und jeden können wir die Welt aufmerksam machen. Gleichzeitig sind wir selber im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wir unterhalten und amüsieren uns online. Wir hören, verwalten und teilen Musik, Filme und Videos per Smartphone und Computer. Was wir gerade erleben, halten wir mit der Handy-Kamera fest, verschicken es an Freunde und lassen sie unmittelbar an unserem Leben teilhaben. Wir klicken, chatten, bloggen, googeln und mailen nahezu rund um die Uhr. Internet,E-Mail-Programme, Chat-Tools und Blogs sind die Basis für den größten Teil unserer täglichen Kommunikation, egal, ob privat oder beruflich. Kaum jemand kann sich noch vorstellen, wie es ohne Internet und moderne Kommunikationsmedien war. Auf die zahlreichen Vorteile, Erleichterungen und auf die Erweiterung unserer Möglichkeiten, die sie uns bieten, wollen wir nicht mehr verzichten. Es ist gut, dass sich durch die Medien unser Horizont erweitert hat und wir Spaß an deren Nutzung haben.
Es gibt aber auch Schattenseiten– insbesondere in der Arbeitswelt– die wir nichtübersehen sollten. Da jagt eine Video-Konferenz die nächste. Schlecht vorbereitete Telefonkonferenzen zu beinahe jeder Tageszeit und exzessive Kommunikation perE-Mail, SMS und Instant Messages sind ganz normaler Teil des täglichen Berufsalltags. Andauernd werden wir in unserem Tun unterbrochen und abgelenkt. Es fällt schwer, inmitten einer Fülleäußerer Reize einen klaren Gedanken zu fassen. Hier kommt eine neue SMS, da blinkt eine neue Chat-Nachricht, gleichzeitig klingelt das Telefon, die 100. E-Mail erreicht uns, ein Kollege platzt einfach dazwischen und unser Kalender erinnert uns an das nächste Meeting. Studien zeigen, dass wir uns durchschnittlich elf Minuten am Stück auf eine Aufgabe konzentrieren können, bevor wir durch eineE-Mail, eine Chat-Nachricht oder einen Kollegen gestört werden.1
Kaum, dass wir den Eingang einer neuen Nachricht bemerken, unterbrechen wir umgehend das, was wir gerade tun– fast so, als ob es um einen Notfall ginge. Es kostet Zeit, danach wieder zur vorherigen Aufgabe zurückzukehren. Manchmal sogar viel Zeit, denn schon lenkt uns die nächste Unterbrechung ab. Die Untersuchung einer amerikanischen Unternehmensberatung belegt, dass fast ein Drittel der täglichen Arbeitszeit in den USA dadurch verloren geht. Das sind 28 Milliarden verlorene Stunden pro Jahr.2 Insgesamt vertun wir auf diese Weise jedes Jahr sinnlos und unproduktiv einige Wochen unserer Lebenszeit.
Extreme Auswüchse zeigen sich am Ende eines Urlaubs. Da kann es passieren, dass sich im Postfach HunderteE-Mails angesammelt haben. Manchmal dauert es mehrere Tage, bis wir sie bearbeitet haben. Durch große Verteilerlisten wird jeder in nahezu jedes Thema involviert, ganz egal, ob es tatsächlich wichtig für ihn ist oder nicht. Antworten an alle lassen ein endloses und völlig unsinnigesE-Mail-Pingpong entstehen. Zu viele und zum Teil für uns bedeutungslose Nachrichten stören uns bei unseren eigentlich wichtigen Aufgaben. Das Mailen unterbricht nicht mehr die Arbeit, sondern die Arbeit