: Eckhard Roediger
: Was ist Schematherapie? Eine Einführung in Grundlagen, Modell und Anwendung
: Junfermann
: 9783873878563
: 1
: CHF 13.50
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 104
: DRM/kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Die Schematherapie stellt eine Erweiterung der kognitiven Verhaltenstherapie zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen dar. Sie integriert dabei Theorien und Techniken verschiedener Therapiemethoden in ein einheitliches, neurobiologisch fundiertes Konzept, z.B. die Bindungsforschung, die Förderung von Selbstreflexion (sog. Mentalisierung), die Konfliktbearbeitung in der Therapiebeziehung sowie den Expositions- und Trainingsansatz der Verhaltenstherapie. Das vorliegende Buch stellt die theoretischen Grundlagen der Schematherapie fundiert, aber allgemeinverständlich dar. Damit leistet dieses Buch eine kompakte Einführung für alle, die sich grundlegend über die Besonderheiten der Schematherapie informieren wollen. Es unterstützt zudem Patienten bei der Mitarbeit in der Therapie. 'Ich möchte dieses Buch allen Lesern wärmstens empfehlen, die verstehen wollen, wie Schematherapie geht.' - Jeffrey E. Young

Dr. med. Eckhard Roediger, geb. 1959, Neurologe, Psychiater und Arzt für psychotherapeutische Medizin, Ausbildungen in tiefenpsychologischer und Verhaltenstherapie. Dozent und Supervisor für Verhaltenstherapie und Schematherapie, Leiter des Instituts für Schematherapie Frankfurt, Sekretär der Internationalen Gesellschaft für Schematherapie (ISST).

1. Einführung


1.1 Wie ist die Schematherapie entstanden?


Die Grundlagen der in diesem Buch dargestellten Schematherapie wurden von Jeffrey Young in den USA gelegt. Er wurde zunächst von Joseph Wolpe, einem Pionier der Verhaltenstherapie, ausgebildet. Danach wechselte er an das Institut von Aaron Beck, dem Begründer der kognitiven Therapie, und gestaltete dort die Trainings- und Forschungsprogramme maßgeblich mit. Dabei bemerkte er, dass eine bestimmte Gruppe von Patienten nicht gut von der grundsätzlich erfolgreichen kognitiven Verhaltenstherapie profitierte. Es stellte sich heraus, dass das gerade jene Patienten waren, bei denen neben einer Depression Veränderungen der Persönlichkeitsstruktur bzw. eine Persönlichkeitsstörung vorlagen. Diese Veränderungen bewirkten, dass die Patienten schlechter bei den kognitiven Therapiemaßnahmen mitarbeiten und die für die Therapie notwendigen Hausaufgaben weniger zuverlässig erledigen konnten. Jeffrey Young erkannte, dass dies nicht an einer mangelnden Motivation lag, sondern daran, dass in der therapeutischen Beziehung Emotionen aktiviert wurden, die die therapeutische Beziehung störten und die Mitarbeit erschwerten. Er sah, dass die zielorientierte Arbeitsbeziehung der Verhaltenstherapie bei diesen Patienten nicht ausreicht, eine tragfähige Beziehung aufzubauen, da bereits die Beziehungsaufnahme selbst durch Misstrauen oder andere störende Emotionen beeinträchtigt wurde. Eine wesentliche Erweiterung der Schematherapie gegenüber der kognitiven Verhaltenstherapie stellt daher die besondere Art der Beziehungsgestaltung dar, wie sie im Kapitel 5 beschrieben wird.

Die Interaktion zwischen Patient und Therapeut wird dadurch belastet, dass innerhalb der therapeutischen Beziehung frühere Beziehungserfahrungen der Patienten aktualisiert werden. Dies bedeutet, dass die Patienten unbewusst auch in der Therapie Entwertung, Im-Stich-gelassen-Werden, Beschämung oder Überforderung erwarten, „weil es früher immer so war“, und sich in Vorwegnahme dieser Enttäuschung entsprechend skeptisch und misstrauisch verhalten. Eine Therapie kann diese unbewussten Befürchtungen nicht umgehen, sondern muss sie in der Therapie gezielt bearbeiten, damit sie verändert werden können. In ihrer „Control-mastery-Theorie“ bezeichnen Sampson und Weiss dies als „Beziehungstests“, die der Therapeut bestehen müsse(1). Solche Verhaltensweisen der Patienten sind also nicht als Störungen der Arbeitsbeziehung zu verstehen, die möglichst vermieden werden sollen, sondern sie sollten zum Gegenstand der Therapie gemacht werden. Durch Kontakte mit der Gestalttherapie lernte Jeffrey Young Techniken kennen, die die emotionalen Aspekte dieser negativen Beziehungserfahrungen in der Therapie aktualisieren, klären und verändern können, und integrierte diese in die Verhaltenstherapie. Erst wenn die Patienten in einer sog. korrigierenden emotionalen Erfahrung erleben, dass sich in der therapeutischen Beziehung nicht die negativen früheren Erfahrungen wiederholen, sinkt ihre innere Anspannung und sie sind imstande, die kognitiven und verhaltensbezogenen Therapiemaßnahmen optimal zu verstehen und umzusetzen.

Die neurobiologische Forschung zeigt, dass das Beziehungsverhalten von Menschen wesentlich durch frühe Erfahrungen und weitgehend unbewusst gesteuert wird. Auf diese unbewussten Prozesse wird durch die erlebnisaktivierenden Verfahren (z.B. Imaginationsübungen) Einfluss genommen, indem die unbewusste Verhaltenssteuerung ins Bewusstsein gehoben wird. Dadurch werden sie dem bewussten Denken (den sogenannten Kognitionen) zugänglich gemacht. Im zweiten Schritt wird dann durch bewusste Denkprozesse auf die emotionalen Aktivierungen korrigierend Einfluss genommen. Bildlich gesprochen: Die emotionale Verhaltenssteuerung wird kognitiv „übersteuert“. Da die Prozesse der bewussten Verhaltenssteuerung ihren Sitz in den frontalen kortikalen Regionen des Gehirns haben, spricht man im Englischen von einem sogenannten cortical override. Durch die emotionsaktivierenden Techniken, insbesondere die Imaginationsverfahren (siehe Abschnitt 6.2.1), können die Patienten intensiv erleben, wie sich in der Vergangenheit angelegte Erlebensmuster regelrecht in die Gegenwart „hineinschieben“. Unbemerkt beeinflusst damit dauernd die Vergangenheit das Verhalten in der Gegenwart und verstellt dadurch die Zukunft (siehe Abschnitt 2.1). Wenn Patienten diese Zusammenhänge durchschauen, sind sie eher bereit, sich von ihren spontanen, automatisierten Verhaltensimpulsen zu lösen und neue Verhaltensmuster unter kognitiver Steuerung aufzubauen. Die Schematherapie bietet dazu ein klar strukturiertes Konzept mit einer Folge von aufeinanderfolgenden Therapieschritten an.

Bisher gab es in der Verhaltenstherapie als spezifische Methode zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen nur die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) von Marsha Linehan(2), die allerdings vor allem auf das selbstschädigende und therapiegefährdende Verhalten von Patienten mit Borderline-Störungen abzielt. Die Schematherapie stellt nun eine zweite Therapiemethode dar, die individuell auf die Persönlichkeitsstruktur der einzelnen Patienten zugeschnitten werden kann und ebenfalls weitgehend manualisiert (d.h. im Ablauf vorstrukturiert) ist. Damit ist die Schematherapie nicht nur für Menschen mit Borderline-, sondern mit allen Persönlichkeitsstörungen bzw. -zügen geeignet und damit breiter anwendbar. Die guten Ergebnisse der ersten kontrollierten Therapiestudien (siehe Kap. 8) geben Anlass zu der Hoffnung, dass die Schematherapie in Zukunft zu einem Standardverfahren in der Verhaltenstherapie zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen oder Persönlichkeitsakzentuierungen werden kann. Dies führt zur folgenden Frage:

1.2 Für wen ist die Schematherapie geeignet?


Bei der Behandlung psychischer Störungen wird unterschieden zwischen Methoden, die sich primär an die vordergründige Symptomatik richten, und solchen, die versuchen, die dahinterliegende Persönlichkeitsstruktur zu beeinflussen. In dem Klassifikationssystem der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft, dem DSM-IV, werden auf der Achse-I die Störungen nach ihren Symptomen beschrieben (z.B. Depression, Ängste, abhängiges Verhalten, Somatisierungsstörungen etc.) und auf der Achse-II die sogenannten Persönlichkeitsstörungen (z.B. narzisstische, Borderline, histrionische, abhängige, unsicher-vermeidende, antisoziale etc.). Erfüllt eine belastete Persönlichkeitsstruktur (noch) nicht die Diagnosekriterien des DSM, kann man von einer Persönlichkeitsakzentuierung sprechen. Die kognitive Verhaltensth

Cover1
Inhalt6
Vorwort von Jeffrey E. Young8
Vorwort9
1. Einfu?hrung12
1.1 Wie ist die Schematherapie entstanden?12
1.2 Fu?r wen ist die Schematherapie geeignet?14
1.3 Was ist das Besondere an der Schematherapie?16
2. Theoretische Grundlagen18
2.1 Grundlagen des Lernens18
2.2 Die Konsistenztheorie24
2.3 Die Grundbedu?rfnisse26
3. Das Schemamodell30
3.1 Schemaentstehung30
3.2 Die Beschreibung der Schemata34
3.3 Schemabewältigung37
4. Das Modus-Modell44
4.1 Entstehung des Modus-Modells und die einzelnen Modi44
4.2 Wechselwirkungen zwischen den Modi53
4.3 Die Arbeit mit dem Modus-Modell56
5. Die therapeutische Beziehung60
5.1 Die therapeutische Beziehung als Labor zur Nachreifung60
5.2 Die Balance zwischen Nachbeelterung und empathischer Konfrontation63
5.3 Therapiearbeit in der therapeutischen Beziehung66
6. Die Elemente der Schematherapie68
6.1 Fragebögen und Fallkonzeption68
6.2 Erlebnisaktivierende Elemente71
6.2.1 Imaginationsu?bungen71
6.2.2 Dialoge auf Stu?hlen77
6.3 Kognitive Elemente84
6.3.1 Schema-Memo84
6.3.2 Selbstinstruktionen (BEATE-Schritte)85
6.4 Verhaltensverändernde Elemente87
6.4.1 Rollenspiele87
6.4.2 Hausaufgaben87
6.4.3 Tagebuch88
7. Der Therapieprozess92
8. Forschungsergebnisse96
9. Neue Entwicklungen in der Schematherapie98
Anhang100
Hinweise auf weiterfu?hrende Literatur100
Kontakte101
Fortbildungen in Schematherapie101
Literatur102
Personen- und Stichwortverzeichnis103