: Antoine F. Goetschel
: Tiere klagen an
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104010724
: 1
: CHF 9.00
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Tiere müssen die unterschiedlichsten Funktionen in unserer Gesellschaft erfüllen: Sie ersetzen Familienmitglieder, landen auf unserem Speiseplan oder werden für Laborversuche verwendet. Der weltweit führende Tieranwalt Antoine F. Goetschel kämpft seit 30 Jahren für diejenigen, die keine eigene Stimme haben. Wie kein anderer kennt er die interessantesten und auch grausamsten Fälle und deren juristische Fallstricke. Sein Buch ist ein unverzichtbarer Beitrag zu einer neuen Sicht auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier.

Dr.Antoine F. Goetschel hat sich neben seiner Anwaltstätigkeit in Zürich seit 1985 dem Tier in Recht, Ethik und Gesellschaft gewidmet und zahlreiche Bücher und Aufsätze darüber veröffentlicht. Er hat die>Stiftung für das Tier im Recht< mitbegründet und war maßgeblich daran beteiligt, dass die Schweiz, als einziges Land der Welt, die Würde des Tieres in der Bundesverfassung verankert hat. Drei Jahre hat er das weltweit einzigartige Amt des Rechtsanwalts für Tierschutz in Strafsachen des Kantons Zürich (Tieranwalt) ausgeübt. Darüber hinaus ist er Präsident des Global Animal Law Projects und als Lehrbeauftragter an der Zürcher Universität tätig.

Kurzer Blick auf die Grundpfeiler: Tierethik und Tierschutzrecht


Ich erlaube mir an dieser Stelle einen Blick auf die beiden Grundpfeiler jeder Überlegungen zum Schutz des Tiers: die Tierethik und das Tierschutzrecht. An sich ist das Verhältnis zwischen diesen beiden Ansätzen klar: Das eine ist die notwendige Grundlage, das andere die Anwendung. Eine stimmige, konsistente Gesetzgebung zum Schutz des Tieres ist auf ethische Grundlagen angewiesen. Diese Grundlagen kann sie aber nicht selbst entwickeln, das müssen Theologen und Philosophen leisten. Wenn die Denker wiederum zu wenig auf die Anwendbarkeit ihrer Erkenntnisse achten, befinden sie sich in einem Elfenbeinturm, was keinem nützt.

 

Also ist eigentlich alles klar und die Arbeitsteilung optimal, oder? Theoretisch schon, in der Realität sieht die Sache anders aus. Wenn es um einen wirksamen Tierschutz geht, liegen die Positionen der Ethiker und der Praktiker oft meilenweit auseinander. Und das, obwohl ja eigentlich alle dasselbe wollen. Die Vertreter der Tierethik mit ihrem hochentwickelten Differenzierungsvermögen erheben gegenüber den Kollegen von der Seite des Tierschutzes gern den Vorwurf, sie seien zu wenig fundiert und zu gefühlsbetont. Die wiederum werfen den Ethikern gern vor, dass sie den Kontakt mit der Praxis scheuen und man auf diese Art niemals zu einer Veränderung, geschweige denn einer Verbesserung der Situation der Tiere im Hier und Jetzt komme.

 

Wie das Fazit eines bekannten jüdischen Witzes über zwei Streithansel lautet: Jeder hat recht. Ich meine, man kommt nur zueinander, wenn man ein drittes Element einführt, nämlich das der Freundschaft. Ich habe lange im Familienrecht praktiziert (ein häufig emotional aufgeladenes und daher schwieriges Gebiet) und daraus gleichsam den Begriff der Freundschaft im öffentlichen Raum entwickelt. Ich verstehe darunter ein Verhältnis von zwei Parteien, die wissen, dass sie unbedingt zusammengehören. Beide erkennen einander an und schätzen sich wechselseitig für ihre Eigenschaften und Fähigkeiten, sie wissen, was sie verbindet und wo sie getrennte Wege gehen. Beiden ist klar, dass es ohne den jeweils anderen nicht geht.

So sehe ich auch die Unterschiede zwischen der Ethik und dem Tierschutz. Das eine geht nicht ohne das andere. Ich selbst habe begonnen, mich mit