: Henrik Ibsen
: Hedda Gabler Schauspiel in vier Akten
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104018331
: Fischer Klassik Plus
: 1
: CHF 2,00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 115
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Henrik Ibsen war seiner Zeit weit voraus. Bis heute sind die starken Frauen seiner Stücke begehrte Schauspielrollen. Eine dieser Frauenfiguren ist Hedda Gabler, die sich in ihrem biederen Heim erschießt, damit »eine freiwillige Tat des Muts in dieser Welt geschehen kann«. Ibsens Dramen, zu ihrer Zeit große Skandale auf den Bühnen der Welt, haben auch nach hundert Jahren nichts von ihrer Schlagkraft eingebüßt: Was sie an Frauenschicksalen exemplarisch gestalten, ist die menschliche Suche nach Selbstbestimmung und die Sehnsucht nach Einzigartigkeit.

Erster Akt


Ein geräumiges, fein und geschmackvoll eingerichtetes Gesellschaftszimmer, in dunkeln Farben gehalten. An der Rückwand eine breite Türöffnung mit zurückgeschlagenen Portieren, durch die man in ein kleineres Zimmer, das im gleichen Stil gehalten ist wie das Gesellschaftszimmer, gelangt. An der rechten Wand des Gesellschaftszimmers eine Flügeltür, durch die man ins Vorzimmer kommt. Gegenüber, zur Linken, eine Glastür, gleichfalls mit zurückgeschlagenem Vorhang. Durch die Scheiben sieht man einen Teil der draußen liegenden, gedeckten Veranda und herbstlich gefärbte Laubbäume. Im Vordergrund steht ein ovaler Tisch mit Decke, der von Stühlen umgeben ist. Vor der rechten Wand ein breiter, dunkler Kachelofen, ein Lehnstuhl mit hohem Rücken, ein Fußschemel mit Kissen und zwei Hocker. Hinten im Winkel rechts ein Ecksofa und ein kleiner runder Tisch. Vorn links, etwas von der Wand entfernt, ein Sofa. An der Glastür ein Klavier. Zu beiden Seiten der Türöffnung im Hintergrund stehen Etageren mit Terrakotta- und Majolika-Gegenständen. – An der Rückwand des dahinterliegenden Zimmers sieht man ein Sofa, einen Tisch und ein paar Stühle. Über diesem Sofa hängt das Porträt eines schönen älteren Mannes in Generalsuniform. Über dem Tisch eine Hängelampe mit einer Glocke aus Milchglas. – Im Gesellschaftszimmer viele Blumensträuße in Vasen und Gläsern, weitere liegen auf dem Tisch. Beide Zimmer sind mit dicken Teppichen belegt. – Vormittag. Die Sonne scheint durch die Glastür.

Juliane Tesman, mit Hut und Sonnenschirm, kommt durch das Vorzimmer; Berte, die ein mit Papier umwickeltes Bukett trägt, folgt ihr. Fräulein Tesman ist eine Dame von angenehmem und gutmütigem Aussehen; sie ist ungefähr fünfundsechzig Jahre. Einfach, doch sorgfältig gekleidet; graues Straßenkostüm. Berte ist ein älteres Dienstmädchen von schlichtem, etwas ländlichem Äußeren.

FRÄULEIN TESMANbleibt in der Tür stehen, horcht und sagt mit gedämpfter Stimme

Aber nein –! Ich glaube wirklich, sie sind noch nicht auf den Beinen!

BERTEgleichfalls mit gedämpfter Stimme

Das hab ich doch gesagt, Fräulein. Denken Sie doch bloß, wie spät in der Nacht das Dampfschiff angekommen ist! Und dann nachher! Herrje, – was die junge Frau nicht alles noch auszupacken hatte, bis sie zu Bett kam!

FRÄULEIN TESMAN

Ja, ja – mögen sie sich nur recht ausschlafen! Aber frische Morgenluft, die sollen sie doch hier im Zimmer haben, wenn sie kommen.Sie geht zur Glastür und macht sie weit auf.

BERTEam Tisch, ratlos, das Bukett in der Hand

Du lieber Gott ja, – ob hier wohl noch ein anständiger Platz ist! – Ich meine, ich setz es da hin, Fräulein!Stellt das Bukett aufs Klavier.<