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Matthew Hartnell hatte ein Büro in einem tristen Gebäude auf der Harrington Street, einen Block vom Castle of Good Hope entfernt. Ein Viertel der Stadt, in dem nie viel passierte, weder tagsüber noch nachts. Nur einen Sprung von einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Kapstadts entfernt, verliefen sich selten Touristen hierher, diese Vogelscheuchen mit Kameras vor den Bäuchen. Stattdessen wankten Obdachlose und Kartonsammler durch die Straße, während Angolaner den Parkplatz bewachten. Maces kleiner roter Alfa Spider rief einige Aufregung hervor. Er ließ das Dach nach hinten geklappt, eineCD-Tasche im Handschuhfach, die Becker-Radioanlage eine funkelnde Einladung für jeden mit einem Schraubenzieher.
Ein Parkplatzwächter kam lächelnd auf ihn zugeschlendert.
»Hi, Cuito«, sagte Mace.»Den Arbeitsplatz gewechselt?« Das letzte Mal, als er den Angolaner gesehen hatte, war dieser noch Parkplatzwächter eines Einkaufszentrums in einem grünen Vorort gewesen. Hatte Mace den Gefallen getan, einen reichen Klienten im Auge zu behalten.
Cuito schenkte ihm ein breites, weiß strahlendes Grinsen.»Manchmal gefällt den ansässigen Xhosa unsere Arbeit nicht, Mr. Mace. Sie machen uns Probleme. Dann ist es das Beste, woandershin zu gehen.«
»Tut mir leid.«
Cuito zeigte auf den Spider.»Der ist hier sicher.« Nahm den angebotenen Zehner entgegen.
»Obrigado«, sagte Mace.
Die Eingangshalle von Harrington Street Nummer 23 war kalt und düster und stank nach Urin. Den Lift hatte man mit Brettern vernagelt, den Treppen alles Linoleum entrissen, das sie je bedeckt hatte. Mace stieg zu Matthew Hartnells Geschäftsräumen im ersten Stock hinauf. Sie lagen am Ende eines Korridors, in dem jede der Türen mehrfach gesichert war. Früher einmal hatte es hier vermutlich Milchglasscheiben gegeben, und die Leute hatten ihre Namen in dekorativen Schnörkelschriften eingravieren lassen. Obromowitz& Söhne, Juweliere. Jackman& Jackman, Schiffsausrüster. Jetzt hatte man keine Ahnung mehr, was hinter den geschlossenen Türen vor sich ging. Oder auch warum der Nachtclubbesitzer Matt diesen Ort für eine gute Adresse hielt. Mace klopfte. Matthew machte die Tür auf.
»Yo, der Wa-Waffenhändler«, begrüßte er ihn.
Mace schob sich an ihm vorbei ins Zimmer.»Komm mir nicht auf die Tour, Matt, okay? Ich tu deinem Dad einen Gefallen. Und kein Gras, bevor du jemanden treffen sollst.«
Ließ Matthew schmollen.»Ich br-br-brauche Sie nicht. Ich hab mei-meine ei-eigenen Jungs. Um mich k-k-kümmert man sich besser als um den Präsidenten. Ich k-kann das selbst erledigen.«
Mace dachte: Ich, ich, ich, Scheiße. Er musterte den dürren jungen Kerl mit seiner Beanie, den Baggy Pants und einer Bomberjacke, die mal trendy gewesen war, als Neil Young nochHeart of Gold gesungen hatte.
»Matt«, sagte er.»Matt, wir sprechen hier von›People Against Gangsters and Drugs‹. Du hast die Bilder gesehen. Die sind ernsthaft bewaffnet. Wie viele Bomben waren das? Wie viele Tote? Fünfzehn? Zwanzig? Ich weiß es nicht. Aber das sind die Leute, die dir gleich einen Besuch abstatten.«
Matthew klopfte mit dem Handy gegen seine Vorderzähne.»Ich ka-kann das allein.«
Mace warf einen Blick aus dem Fenster. Das nächste Gebäude war nur eine Armlänge entfernt. Er musterte flüchtig die vier Plastikgartenstühle, den heruntergekommenen Schreibtisch und den grau-grünen Aktenschrank, die als Büroeinrichtung dienten. Zog einen Stuhl neben den Tisch und setzte sich.
»Klar kannst du das. Wie lange müssen wir warten?«
Matthew ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder.
»Da s-sind sie«, sagte er. Auf der Betontreppe war der Widerhall von hochhackigen Schuhen zu hören.
Sie traten ein: zuerst eine Frau, dann ein dicker Mann, schließlich ein Schlägertyp, der so viel trainiert hatte, dass Hals und Kopf eine Einheit bildeten. Die Frau wirkte ausgesprochen gepflegt: seidener Hosenanzug, Fingernägel wie perfekte Blutstropfen an der rechten Hand, die linke in einem schwarzen Handschuh, pflaumenfarbener Lippenstift. Augen eisig blau, ein Seidenschalüber den Haaren, der für Mace eine bloßeÄußerlichkeit war. In der behandschuhten Hand hatte sie einen Lederaktenkoffer, Anwaltsstil.
Sie hieß Sheemina February, war Seniorpartnerin in der Firma Fortune, Dadoo& Moosa, Anwälte der Anti-Drogen-Bürgerwehr. Soweit Mace wusste, hatte sie Matthew angerufen und ein Treffen vorgeschlagen, das sicherlich auch in seinem Interesse sei, wie sie meinte.
Der Fette war ein Markennamentyp, alles an ihm sah nach Labels aus. Goldene Armbanduhr. Goldene Manschettenknöpfe. Offenes Hemd unter einem Lederjackett. Sehr kurze Haare, so dass sein Schädel nur noch mit einem schwarzen Flaum bedeckt war. Seine Wangen von Akne gezeichnet, seine Vorderzähne spitz zugefeilt. Mace erkannte das Gesicht: Abdul Abdul, wegen zweifachen Mordes angeklagt, gegen Kaution frei. Seine Spezialität Kugeln in den Hinterkopf.
Der Muskelprotz trug falsche Schlangenlederschuhe und einen schwarzen Anzug. Mace beobachtete, wie er sich neben der Tür positionierte, so wie es die Typen immer in den Film