: Walter Krämer, Roland Kaehlbrandt
: Walter Krämer
: Lexikon der schönen Wörter Von anschmiegen bis zeitvergessen
: Piper Verlag
: 9783492954174
: 1
: CHF 12.40
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: Sprache: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die deutsche Sprache birgt viele funkelnde Edelsteine. Erst durch sie bekommen unsere Gefühle und Gedanken den richtigen Schliff: Wörter wie »feinsinnig« und »filigran«, »schlemmen« und »schlummern « zählen genauso zu diesem Schatz wie die »Anmut«, das »Augenmerk« und der »Ausbund«. Walter Krämer und Roland Kaehlbrandt haben die schönsten und kostbarsten Wörter unserer Sprache in einem Lexikon versammelt. Eine wunderbare Fundgrube für alle, die sich mit grauem Spracheinerlei nicht zufriedengeben wollen.

Walter Krämer, geboren 1948, ist Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der Universität Dortmund. Er ist Autor vieler Bestseller, darunter das »Lexikon der populären Irrtümer«, und Vorsitzender des »Vereins Deutsche Sprache e.V.«. Krämer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zuletzt erschien von ihm »Wir können alles, sogar besser. Wo Deutschland wirklich gut ist«.

Abbild

Die Forscher fanden dort außerdem eine Maske von Marcus Antonius und 22 Münzen mit einem Abbild Kleopatras.

»Süddeutsche Zeitung«

Ein Abbild wünschen wir von einem Menschen, den wir schätzen oder lieben, es ist sein Sendbote, sein Stellvertreter:»Also wandelst du, Geliebte, / Still und sicher, und es zittert / Nur dein Abbild mir im Herzen, / Weil mein eignes Herz erschüttert« (Heinrich Heine,»Wie des Mondes Abbild zittert«). Würde man auch dann von einem Abbild sprechen, wäre auf der Münze, von der die»Süddeutsche Zeitung« berichtet, Nero statt Kleopatra zu sehen?

Abbitte, abbitten

Er soll dir abbitten, fuhr Frau von G... fort.

Heinrich von Kleist:»Die Marquise von O…«

Die Abbitte zeigt, wie die deutsche Sprache durch das Anfügen kleinster Bausteine feinste Nuancen hervorbringen kann. Mag der so erzeugte Abstand zur Bitte auch nicht allzu groß sein, so ist er doch wesentlich, weil die Abbitte eine besondere Bitte ist, die ein Anerkenntnis von Schuld einschließt; bis ins 19. Jahrhundert zählte sie zu den sogenannten Ehrenstrafen. Es war eine feierliche, in Gegenwart von Zeugen abzustattende Entschuldigung. Und noch heute findet man abbitten in ebendiesem Sinn:»Uli Hoeneß erwartet gar eine Abbitte der Medien, weil sie Sosa, der im Sommer 2007 für zehn Millionen Euro nach München kam, in der Vergangenheit so verkannt hätten« (»Die Welt«).

Abendstille

Gewaltig bist du dunkler Mund
Im Innern, aus Herbstgewölk
Geformte Gestalt,
Goldner Abendstille.

Georg Trakl:»Die Schwermut«

Die Abendstille erinnert an die Zeiten vor der sogenannten Erlebnisgesellschaft. Eine schöne Erinnerung, die man heute nur mit Mühe wiederbeleben kann– aber sollte. Das Wort lädt uns dazu ein.

abgelten

Also hatte König Hulderich mit seinen Allobrogern ihren Tod für ein Glücke zu halten; nicht nur / weil von ihnen diß / was sie dem Vaterlande und der Natur schuldig waren / abgegolten / sondern auch weder der Untergang ihres Reiches / noch die Schmach der Dienstbarkeit erlebet ward.

Daniel Casper von Lohenstein:»Großmütiger Feldherr Arminius«

Abgelten hat etwas Feierlich-Endgültiges an sich:»Zwanzig Jahre nach der Wende behauptet die Kanzlerin, die Milliarden-Kosten für die Wiedervereinigung seien abgegolten« (»Die Welt«). Abgelten duldet kein Nachkarten, keine versteckten Vorwürfe, keine Missgunst, keine Schuldgefühle.

Abglanz

Berühmte Männer, welche ihren Ruhm nötig haben, wie zum Beispiel alle Politiker, wählen ihre Verbündeten und Freunde nie mehr ohne Hintergedanken: von diesem wollen sie ein Stück Glanz und Abglanz seiner Tugend, von jenem das Furchteinflößende gewisser bedenklicher Eigenschaften, die jedermann an ihm kennt, einem andern stehlen sie den Ruf seines Müßigganges, seines In-der-Sonne-liegens, weil es ihren eignen Zwecken frommt, zeitweilig für unachtsam und träge zu gelten.

Friedrich Nietzsche:»Die fröhliche Wissenschaft«

Das sprachliche Kunstwerk zeigt sich hier in der feinen Abtönung des Glanzes durch die Zugabe der Silbe»ab«. Der Abglanz ist der Widerschein oder der abnehmende oder auch vergangene Glanz.»Ich genieße recht glückliche Stunden in dem Abglanz Ihrer Werke« (Johann Wolfgang von Goethe an Carl Friedrich Zelter, 1810).»Das byzantinische Bauwerk der Aussegnungshalle gegenüber lag schweigend im Abglanz des scheidenden Tages« (Thomas Mann:»Der Tod in Venedig«).

Abgott

Inzwischen zur Theaterwissenschaftübergewechselt, las er zum ersten Mal das Büchner-Werk– während er mit der Straßenbahn zu seinem frisch entdeckten literarischen Abgott Heiner Müller fuhr.

»Die Welt«über den Theaterregisseur Dimiter Gotscheff

Ein Abgott ist heute ein besonders einflussreiches Vorbild, auch eine aus anderen Gründen verehrte oder zu verehrende Person:»Sechs Fuß hoch aufgeschossen / Ein Kriegsgott anzuschaun / Der Liebling der Genossen / Der Abgott schöner Fraun« (Theodor Fontane:»Prinz Louis Ferdinand«). Der ursprüngliche Abgott dagegen war ein zu Unrecht als Gott verehrtes Wesen und wie der Abgott Moloch in der Bibel eher abzulehnen.

Abgrund

O Schelm Judas, was thust? fürchtest dann nicht, daß der Erdboden dich lebendig verschlucke? sorgst dann nit, dast dich tausend Donnerkeul in den Abgrund erschlagen?

Abraham a Sancta Clara:»Judas der Erzschelm«

Der Abgrund als ein»rhetorischer Grundbestandteil beschwörend warnender Rede« (»Frankfurter Allgemeine Zeitung«) löst Furcht aus. Er lässt uns zittern, aber auch innehalten. Imübertragenen Sinne bietet er uns eine letzte Möglichkeit, die Folgen unseres geplanten Tuns zuüberdenken. Wie viele andere Hochwertwörter ist auch der Abgrund durch inflationären Gebrauch entwertet.»Die Eigentümer und die Geschäftsleitung haben mit ihrer Hochr