Kapitel 4
Frieda reiste nach Hamburg ab, und danach schien es keinen Juden mehr lange im Adlon zu halten. Max Prenn, der Empfangschef des Hotels und ein Cousin von Daniel Prenn, dem besten deutschen Tennisspieler jener Tage, kündigte an, dass er seinem Verwandten ins Ausland zu folgen gedachte, nachdem Daniel aus der deutschen Rasentennisvereinigung ausgeschlossen worden war. Er wollte zukünftig in England leben. Als Nächstes verabschiedete sich ein Isaac Sowieso, einer der Musiker des Hotelorchesters, um zukünftig im Ritz in Paris zu arbeiten. Und schließlich ging auch Ilse Szrajbman, eine Stenotypistin, die Sekretariatsarbeiten für die Hotelgäste erledigt hatte. Sie kehrte in ihre Heimatstadt Danzig zurück, die entweder in Polen lag oder eine freie Stadt im alten Preußen war, je nachdem, von welcher Seite man die Sache sah.
Ich zog es vor, keine Meinung dazu zu haben – so, wie ich mich im Herbst 1934 bemühte, über viele andere Dinge auch nicht weiter nachzudenken. Danzig war nichts weiter als ein zusätzlicher Streitpunkt des Versailler Vertrags, wie das Rheinland und das Saarland und Elsass-Lothringen und unsere afrikanischen Kolonien und die Größe unserer militärischen Streitkräfte. Zumindest in dieser Hinsicht war ich viel weniger deutsch als die drei Viertel in mir, die im neuen Deutschland geduldet waren.
Der Geschäftsführer des Hotels, Georg Behlert, machte seiner Berufsbezeichnung alle Ehre. Er nahm Geschäftsleute und ihre Bemühungen, im Adlon Geschäfte zu machen, äußerst ernst, und die Tatsache, dass einer der wichtigsten und lukrativsten Gäste des Hotels, ein Amerikaner namens Max Reles in Suite 114, sich gern der Dienste von Ilse Szrajbman bedient hatte, hatte zur Folge, dass Ilses Abreise aus dem Hotel Behlert am meisten bekümmerte.
«Die Zufriedenheit und der Komfort der Gäste des Adlon stehen an oberster Stelle», sagte er in einem Tonfall zu mir, als wäre dies eine wichtige Nachricht.
Ich war in seinem Büro, mit Blick auf den botanischen Garten des Hotels, aus dem Behlert früher an jedem Tag im Sommer eine Ansteckblume zu pflücken pflegte. So lange, bis der Gärtner ihn informiert hatte, dass – zumindest in Berlin – rote Nelken das traditionelle Zeichen der Kommunisten waren und aus diesem Grund illegal. Armer Behlert. Er war genauso wenig Kommunist, wie er Nazi war – seine einzige Überzeugung war die, dass das Adlon besser war als alle anderen Berliner Hotels, und er trug nie wieder eine Boutonniere.
«Ein Empfangschef, ein Violinist, ja, selbst ein Hausdetektiv helfen, den Hotelbetrieb am Laufen zu halten. Trotzdem sind sie relativ anonym, und es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass ein Gast Unannehmlichkeiten erleidet, wenn einer von ihnen kündigt. Aber Fräulein Szrajbman hat jeden Tag für Herrn Reles gearbeitet. Er hat ihr vertraut. Es wird nicht einfach, einen Ersatz für sie zu finden, der so gut stenographiert und Maschine schreibt und so zuverlässig ist wie sie.»
Behlert war kein Schnösel – er sah nur so aus und redete so daher. Er war ein paar Jahre jünger als ich – zu jung, um im Ersten Weltkrieg gekämpft zu haben – und trug einen Frack, einen Kragen, der so steif war wie das Lächeln auf seinem Gesicht, Gamaschen und einen schmalen Schnurrbart, der aussah, als hätte Ronald Colman ihn eigens für Behlert gezüchtet.
«Ich denke, wir müssen eine Stellenanzeige aufgeben», sagte er. «Vielleicht in de