Er sei der beste lebende Architekt, soll Frank Lloyd Wright vor Gericht auf die Frage geantwortet haben, welchen Beruf er ausübe. Auf Nachfrage ergänzte er, dass ihm eben nichts anderes übrig bliebe, als gerade einem Richter die Wahrheit zu sagen. Diese Anekdote passt wunderbar in das Klischee über den Architekten: Selbstverwirklichung, Selbstverliebtheit, Hybris, wenn nicht sogar Größenwahn. Überhaupt wird der Begriff Größenwahn mit der Architektur dann direkt in Verbindung gebracht, um alles Maßlose, Anmaßende, Unangemessene zu beschreiben. Kontrolle ist in seiner Bedeutung auch nicht besser: Zwanghaft, misstrauisch, prüfend sind per se keine positiv konnotierten Eigenschaften. Ganz im Gegenteil kann Kontrolle pathologische Züge annehmen und damit selbst eine Form von Größenwahn werden.
Größenwahn und Kontrolle, auf ihre Art negative und zumindest ambivalente Begriffe, verschmelzen hier zu einem neuen, zunächst vielleicht befremdlich anmutenden Konglomerat. Das Rationale steht hier nicht kontraproduktiv dem Unvernünftigen gegenüber. Stattdessen erwächst aus der Gleichzeitigkeit von Kontrolle und Größenwahn der Mut, frei und anders zu denken als bisher, weil die Reflexion als Hinterfragung des eigenen Handelns mit einbezogen ist. »Kontrollierter Größenwahn« deutet den Prozess des architektonischen Entwurfs als eine radikale Denkweise, dessen vorpreschende, hochfahrende Ideen durch die Reflexion eines kontrollierten Geistes und das Korsett des Bestehenden zum eigenwilligen, sensiblen Handeln aufrufen. Die Kontrolle ist so eigentlich ein Instrument von Selbstdisziplin und Reflexion, von Selbstbeschränkung und Rücksichtnahme.
Im kreativen Prozess sind Kenntnis und Einschätzung des Vorhandenen genauso wichtig wie der Anspruch, alles neu erfinden zu können. Bewahren und Erneuern bedingen sich gegenseitig, um nicht im Stillstand zu verharren oder im Chaos zu versinken. »Wer Visionen habe, solle den Psychiater aufsuchen anstatt Architektur zu machen« — damit, in Anlehnung an einen bekannten Spruch von Helmut Schmidt, brachte Oswald Mathias Ungers seinen Unwillen gegenüber überbordender Individualität zum Ausdruck. Die architektonischen Konzepte basieren auf eigenen Thesen, die sich aus der Ratio ableiten ließen, so könnte man Ungers Ansatz interpretieren. Auch die Texte von Aldo Rossi zeugen von einer Suche nach rationaler Vernunft und historischer Kontinuität. Immerhin hat er die autobiografische Sicht im eigenen Werk betont, die Ungers zwar theoretisch abstritt, aber letztendlich in seinen Konzepten umsetzte. Nur deswegen ist seine Architektur auch authentisch. Die Regeln, die zu einer rationalen Begründung dem eigenen Schaffen voranschreiten, dienen dazu, die Fantasieproduktion anzuregen und gleichzeitig zu bändigen, oder manchmal auch dazu, das eigene Schaffen einzuordnen. Die Balance von Rationalität und individuellem Ausbruch durchzieht die Geschichte der Architektur und vielleicht sogar die aller Künste.
Gerne wird zitiert, dass sich der Mensch von allen Künsten abwenden und dem Betrachten entziehen kann, nur eben von der gebauten Umwelt nicht. Gerade weil eine so große Verantwortung auf dem Schaffen von Architektur ruht, werden hier beide Aspekte, die radikale Kreativität und die prüfende Verantwortung, hervorgehoben. Letztere meint Zügelung, Bremsung, Beschränkung und Lenkung durch Selbstreflexion. Nicht umsonst verweist die Ermahnung »Zügele dich!« auf Reiter und Pferd als eine Einheit von wildem Davon-Stürmen und lenkender Beherrschung, vere