: Haruki Murakami
: Nach dem Beben Erzählungen
: DuMont Buchverlag
: 9783832186098
: 1
: CHF 7.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Sehr beiläufig, sehr melancholisch, sehr eindringlich.« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG>Nach dem Beben<, sechs Erzählungen, die Haruki Murakami schrieb, als die japanische Insel bebte und ein Giftgasanschlag die Gesellschaft erschütterte. Beide Ereignisse - das Erdbeben von Kobe mit Tausenden von Toten und die Terrorakte in der U-Bahn von Tokyo - bewogen ihn 1995, aus dem>Exil< zurückzukehren, um, wie er sagte, seinem Land beizustehen.>Nach dem Beben<: Fünf Tage und Nächte verbringt die Frau eines Verkäufers für HiFi-Geräte vor dem Fernsehen mit den Katastrophenbildern vom Erdbeben - dann verlässt sie ihren Mann, der sich mit einem mysteriösen Päckchen auf eine Reise begibt. Eine Wahrsagerin sieht tief in die hasserfüllte Seele einer Ärztin, die einem Mann aus Kobe, der ihre Hoffnungen zerstört hat, den Tod wünscht. Die vierzehnjährige Sara begegnet in ihren Alpträumen dem Erdbebenmann, der sie in eine Kiste sperren will. Und der Bankangestellte Katagiri hat in seiner Wohnung Besuch von einem Riesenfrosch, der Tokyo vor der Zerstörung durch einen Wurm retten will. Aber der zwingendste Charakter von allen ist das Erdbeben selbst: Der sichtbare Schaden ist weniger schmerzlich als der untröstliche in der Seele der Menschen. Dieser Band enthält die folgenden Erzählungen:>Ufo in Kushiro<>Stilleben mit Bügeleisen<>Alle Kinder Gottes tanzen<>Thailand<>Frosch rettet Tokyo<>Honigkuchen<

HARUKI MURAKAMI, 1949 in Kyoto geboren, lebte längere Zeit in den USA und in Europa und ist der gefeierte und mit höchsten Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen. Sein Werk erscheint in deutscher Übersetzung bei DuMont. Zuletzt erschienen die Romane>Die Ermordung des Commendatore< in zwei Bänden (2018), in einer Neuübersetzung>Die Chroniken des Aufziehvogels< (2020), der Erzählband>Erste Person Singular< (2021),>Murakami T< (2022) und>Honigkuchen< (2023).
FROSCH RETTET TOKYO (S. 69-70)

Als Katagiri in seine Wohnung kam, wartete dort ein riesenhafter Frosch auf ihn. Auf seinen Hinterbeinen stehend, war erüber zwei Meter groß und dazu stattlich gebaut. Katagiri, selbst nur ein Meter sechzig groß und eher schmächtig, warüberwältigt von der imposanten Erscheinung des Froschs.»Nennen Sie mich bitte einfach Frosch«, sagte der Frosch mit kräftiger, sonorer Stimme. Katagiri fehlten die Worte. Mit offenem Mund blieb er wie angewurzelt in der Eingangstür stehen.

»Erschrecken Sie doch nicht so. Ich will Ihnen ja nichts tun. Kommen Sie bitte herein, und schließen Sie die Tür«, sagte Frosch. Die Aktentasche in der rechten Hand und eine Papiertüte mit Gemüse und Dosenlachs aus dem Supermarkt in der linken, tat Katagiri keinen Schritt.»Rasch, Herr Katagiri, machen Sie die Tür zu, und ziehen Sie die Schuhe aus.« Als Katagiri seinen Namen hörte, löste sich seine Erstarrung. Gehorsam schloss er die Tür, stellte die Tüte auf den Boden und zog sich, die Aktenmappe unter dem Arm, die Schuhe aus. Sodann führte der Frosch ihn in die Küche, wo sie sich an den Tisch setzten.

»Also, Herr Katagiri«, begann Frosch.»Entschuldigen Sie, dass ich während Ihrer Abwesenheit einfach hier eingedrungen bin. Ganz sicher ist das ein Schock für Sie, aber mir blieb nichts anderesübrig. Wie wär’s mit einer Tasse Tee? Ich vermutete, dass Sie bald nach Hause kommen würden, und habe vorsorglich schon mal Wasser aufgesetzt.« Katagiri hielt noch immer seine Aktenmappe umklammert. Da spielt mir doch jemand einen Streich, dachte er.

Jemand hat sich verkleidet, um mich auf den Arm zu nehmen. Doch die Bewegungen, mit denen der Frosch das heiße Wasser in die Teekanne goss– er summte dabei ein Liedchen– ließen keinen Zweifel daran zu, dass es sich um einen echten Frosch handelte. Frosch stellte eine Tasse für Katagiri und eine für sich selbst auf den Tisch.»Haben Sie sich ein bisschen beruhigt?«, fragte Frosch, während er seinen Tee schlürfte. Katagiri war noch immer sprachlos.»Natürlich hätte ich meinen Besuch ankündigen sollen«, sagte Frosch.»Ich weiß, Herr Katagiri. Jeder würde erschrecken, wenn in seiner Wohnung plötzlich ein großer Frosch auf ihn wartet. Aber es handelt sich um eine wichtige,