: Leena Lehtolainen
: Die Todesspirale Maria Kallios vierter Fall | Ein Finnland-Krimi
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644448315
: Die Maria Kallio-Reihe
: 1
: CHF 10.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mord eiskalt Aufregung in Helsinki: Eine bekannte Eiskunstläuferin wird tot aufgefunden - man hat sie mit ihren eigenen Schlittschuhen brutal erschlagen. Bei der Untersuchung des Falls gerät Kommissarin Maria Kallio unversehens in die Dopingszene und die politischen Machtspiele rund um den Leistungssport. Im Morddezernat ist es für sie unterdes auch nicht eben leicht, da einer ihrer Kollegen sie rücksichtslos schikaniert. Und das ausgerechnet jetzt, wo Maria ein Baby erwartet ... «Unverwechselbar skandinavisch.» (Hamburger Abendblatt)

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.

Prolog


Die Waffe war direkt auf das Herz gerichtet. Aus weit aufgerissenen Augen sah das Mädchen den Jäger an, der ihrem flehenden Blick nicht lange standhielt. Sobald er das Gewehr sinken ließ, floh das Mädchen, die Schlittschuhe trugen sie an den Waldrand, und die Lichtung füllte sich mit fröhlich tanzenden Tieren.

Doch die Leidensgeschichte des Mädchens war noch nicht zu Ende. Es wurde von Raubtieren angegriffen, und die Zwerge, in deren Haus es sich rettete, nahmen es nur zögernd bei sich auf. Dann kam die böse Stiefmutter, als alte Frau verkleidet, und reichte ihm einen vergifteten Apfel.

Wer auch immer für die Maske zuständig war, er verstand sein Geschäft. Es war ihm gelungen, Silja Taskinen in ein runzliges altes Weib und Noora Nieminen, die das Schneewittchen darstellte, in eine strahlende Schönheit zu verwandeln. Aber auch die beiden Mädchen selbst trugen das Ihre zur perfekten Illusion bei, sie spielten ihre Rollen fabelhaft.

Mich hat Eiskunstlauf schon immer fasziniert, weil er so geschickt auf der Grenze zwischen Melodram und Kitsch balanciert und mit tausendfach gehörten Melodien intensive Emotionen weckt. Trotz der strengen Regeln werden immer wieder neue, originelle Bewegungsabläufe erfunden, und viele Läufer zeigen bei ihren Darbietungen höchste schauspielerische Qualität.

Als Schneewittchen ihren Prinzen endlich bekam, konnte ich meine Rührung kaum verbergen. Dass ich nah am Wasser gebaut hatte, mochte man zwar meiner Schwangerschaft zuschreiben, trotzdem wollte ich nicht, dass mein Chef Jyrki Taskinen, der mit seiner Frau Terttu neben mir saß, meine Tränen sah. Erwachsene weinen nun mal nicht bei Märchen. Der sonst so zurückhaltende Jyrki johlte begeistert, als sich Silja nach der Aufführung verbeugte. Auch ich applaudierte und trampelte mit den Füßen, vor allem, als Noora Nieminen vortrat.

Eigentlich wäre Silja für die Rolle des Schneewittchens wie geschaffen gewesen. Sie war schön, während Noora mit ihren breiten Hüften und ihrem unauffälligen Gesicht nach traditionellen Vorstellungen diejenige hätte sein müssen, die anderen ihr Aussehen neidet. Dennoch hatte Noora in der Frühlingsshow des Eislaufvereins Espoo die Titelrolle erhalten, denn sie hatte im Paarlauf internationales Niveau erreicht und war bei den letzten Wettkämpfen der Saison im Kurzprogramm ebenfalls als Schneewittchen aufgetreten. Janne Kivi, ihr Partner, war für die Rolle des Prinzen bestens geeignet. Er sah geradezu unverschämt gut aus: Er war gut gebaut, fast zu groß für einen Eiskunstläufer, hatte weißblondes, knapp schulterlanges Haar und leuchtend grüne, katzenartige Augen. Wie immer drängten sich auch an diesem Abend im Eisstadion in Matinkylä junge Mädchen, die auf ein Autogramm und eine Berührung ihres Idols hofften. Auch ich seufzte jedes Mal, wenn bei Fernsehübertragungen seine hohen Wangenknochen und sein voller Mund zu sehen waren. Schöne Männer zu betrachten zählte zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

Noora und Janne kamen noch einmal aufs Eis und belohnten das begeistert klatschende Publikum mit einem dreifachen Salchow und der Todesspirale. Das Baby in meinem Bauch strampelte.

Plötzlich hörte ich Taskinen laut Luft holen. Am Rand der Eisfläche war ein Mann aufgetaucht, mit blonden Strähnen im dunklen Haar und einem schwarzen Schnurrbart. Er warf Noora einen Strauß blutrote Rosen zu. Sie ließ die Blumen achtlos liegen, bald waren sie von den Kufen der