2. Kapitel
Nach dem abendlichen Festessen, einem Feuerwerk und einer großartigen Aufführung über Leben und Tod der Heiligen Barbara – ein befremdlicher Stoff für eine Hochzeitsnacht, wenn man ihr grausiges Schicksal bedenkt, aber natürlich mir zu Ehren gewählt – zogen meine Damen und ich uns in die Gemächer des Herzogs zurück, um mich zu entkleiden. Bei Fackelschein durchquerten wir eine Reihe kleiner, aneinander grenzender Zimmer, die allesamt prächtig eingerichtet und dekoriert waren. Anschließend gelangten wir in einen überdachten Gang, den die ferraresischen Damen die Via Coperta nannten. Durch Fenster sah ich flüchtig herrliche Kunstgegenstände, Gemälde und Skulpturen. Im flackernden Licht der Fackeln schienen die Gestalten zum Leben erwacht. Dieser Gang führte zum Palazzo della Corte, einem weiteren prächtigen Palast der Este, wo der Herzog uns neue Gemächer eingerichtet hatte. So konnte man zwischen dem Castello und dem Palazzo hin und her gehen, ohne wirklich ins Freie zu treten. Schließlich erreichten wir eine Tür, die mit kunstvollen Intarsien verziert war. Zwei der ferraresischen Zofen öffneten sie, und wir traten ein.
«Sicher erinnert Ihr Euch nicht mehr an unsere Namen,Serenissima», sagte eine hübsche, dunkeläugige Frau, die etwa so alt war wie ich. «Ich bin –»
«Domenica Guarini», ergänzte ich. Ich erinnerte mich an sie, weil sie eine der wenigen Damen am Hof von Ferrara war, die nicht versuchten, ihr Haar zu bleichen und zu färben. «Du bist – lass mich nachdenken – eine Cousine des Dichters Guarini, ist es nicht so?»
Sie lachte, und ich begann sie zu mögen. «Ihr schmeichelt mir,Serenissima», erwiderte sie. «Ja, das Dichten liegt uns Guarinis im Blut – vielleicht gestattet Ihr, dass ich einmal ein Madrigal zu Euren Ehren verfasse. Bitte, geht durch ins Schlafzimmer. Dort ist es wärmer, im Kamin brennt ein Feuer.»
Ich folgte der Aufforderung. Die Zofen scharten sich um mich und brachten in einem Mischmasch aus Deutsch, Französisch und Italienisch ihre Begeisterung über mein prächtiges Kleid und meinen Schmuck zum Ausdruck. Mein Kopf schmerzte, und ich hatte kalte Hände. Mein Hochzeitskleid, steif von Juwelen und Goldlitzen, hatte mich zu einer anderen gemacht:la Duchessa, wie eine Schauspielerin in einem Theaterstück. Jetzt musste ich mir das Kleid von meinen Damen Stück für Stück abnehmen lassen, um wieder ich selbst zu werden.
Sybille begann sofort, die Perlenschnüre aus meinem Haar zu lösen – sie liebte Tätigkeiten, bei denen sie mich berühren konnte oder mir nahe war. Meine heitere Lautenistin mit der schönen Stimme, Christine von Hessen, rieb meine eisigen Hände und summte dabei dieVogelhochzeit, ein Lied, das wir als Kinder gemeinsam gesungen hatten. Meine Kleiderzofe und engste Freundin, Katharina Zähringen, begann sich an meinen Ärmeln zu schaffen zu machen.
Der größte Teil meines österreichischen Gefolges würde nach einem oder zwei Monaten wieder heimgeschickt werden, aber für diese drei war ich bereit zu kämpfen –Wir