: Richard Price
: Clockers Roman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104017006
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 800
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Clockers - Ein spannungsgeladener Großstadtroman über das harte Leben im Slum und den erbitterten Kampf gegen die Drogenkriminalität. Richard Price hat mit seinem grandiosen Meisterwerk Clockers ein eindringliches Porträt des Lebens im Slum geschaffen. Im Mittelpunkt stehen die sogenannten Clockers - schwarze Dealer, die ihre weiße Kundschaft rund um die Uhr mit Drogen versorgen. In einer Welt, in der Gewalt und Kriminalität an der Tagesordnung sind, steht die Polizei den Dealern aggressiv gegenüber, während die Stadt resigniert daneben steht - bis sich die angestaute Spannung schließlich in einer explosiven Eskalation entlädt. Mit seinem packenden Erzählstil und einer Fülle unvergesslicher Charaktere gelingt es Price, den Leser tief in die raue Realität der Straße eintauchen zu lassen. Clockers ist ein handlungsgetriebener und vor Spannung berstender Roman, der nicht nur von Spike Lee mit Harvey Keitel kongenial verfilmt wurde, sondern auch den Grundriss für die gefeierte Fernsehserie 'The Wire' lieferte. Tauchen Sie ein in die schonungslose Welt der Drogenkriminalität und erleben Sie hautnah den erbitterten Kampf zwischen Gesetz und Verbrechen in Richard Prices Meisterwerk des modernen Kriminalromans.

Richard Price wurde 1949 in der Bronx geboren. Sein Roman »Cash« war »SPIEGEL«-Bestseller und auf Platz 1 der KrimiWelt-Bestenliste. Für seinen Roman »Die Unantastbaren« wurde er mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet. Price verfasste zahlreiche Drehbücher für Filme von und mit Martin Scorsese, Al Pacino und Paul Newman. 2007 gewann Price den Edgar Award für seine Arbeit an der hoch gelobten TV-Serie »The Wire«, für die er monatelang bei der Polizei recherchierte. Er lebt in Harlem, New York.

Ein Tod im Land der Zwei-Minuten-Uhr


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Strike bemerkte sie: Babyspeck, Babygesicht, Shanelle oder Shanette, vielleicht vierzehn Jahre alt, stand da mit diesem gequälten Lächeln und versuchte, ihren ganzen Mut aufzubringen. Er sah weg, stellte sie sich in zwei Monaten vor, ohne Babyspeck, widerlich, noch ein Junkie mehr. Ihre unverhohlene Gier drehte ihm den Magen um, aber es war sowieso ein schlechter Tag für seinen Magen, angefangen von dem Traum letzte Nacht, wie seine Mutter am Fenster stand und ihn ansah, die Jalousien abwechselnd hochzog und runterließ und ihm damit irgendwas anzudeuten versuchte, dann weiter heute Morgen, als man ihn eine Stunde in der Stadtverwaltung warten ließ, bevor sich irgendjemand die Mühe machte, ihm zu sagen, dass sein Bewährungshelfer krank sei, dann Peanut diesen Nachmittag, der sich nicht an die Happy Hour hielt, und jetzt noch dieser dürre weiße Typ, der auf The Word zukommt und zwei Ampullen kaufen will, The Word, der zu Strike hinüberschaut, als wolle er sagen, ›was soll ich machen‹, Strike, der wegschaut und denkt, ›du ziehst dein Ding allein durch, ich hab’s dir gesagt‹, und sein Magen glüht wie ein Stück Kohle, dass er sich am liebsten zusammenkauern würde, um den brennenden Schmerz zu lindern.

Strike saß auf der Rückenlehne seiner Bank, seinem Stammplatz, thronte drohend über einem Schwarm schreiender Kinder, schwangerer Frauen und zu vieler Mädchen, trank Yoo-Hoo mit Vanillegeschmack, um seinen Magen zu beruhigen, und beobachtete The Word, der sich auf die Schnelle was auszudenken versuchte. Der Weiße, ein hagerer Rotschopf, der einen mörtelverschmierten Arbeitsanzug und ein schwarzes Anthrax-T-Shirt trug, sah zu verkrampft und verängstigt aus, um Cop zu sein, aber man konnte nie wissen. Polizisten, die die Jungs von der Straße kassieren wollten, waren normalerweise Farbige oder zumindest Italiener, die auf Puerto-Ricaner machten, keine hinterwäldlerischen Weißen, und normalerweise gaben sie sich cool oder gemein, nicht nervös. Der Typ war wahrscheinlich wirklich ein Kunde, aber das war Sache von The Word – praktische Berufsausbildung.

Der Typ zog einen Zwanziger raus, für zwei Ampullen. Strike sah zu, wie The Word überlegte und überlegte und schließlich sagte: »Geh, mach ihn klein.« Strike schüttelte den Kopf: markierte Scheine, Himmelherrgott, die werden sich doch nicht die Mühe machen und markierte Scheine nehmen, um aus dem Kauf von zwei Ampullen von einem Fünfzehnjährigen einen Fall zu basteln. Ein Kind, das sie deswegen hopsnehmen, würde wahrscheinlich vom Jugendgericht zurückgeschickt werden und wäre wieder am Ball, bevor die Vorabendflaute vorbei war, gerade rechtzeitig für den Stoßverkehr, wenn richtig Not am Mann war.

Der weiße Typ nickte und trottete davon, suchte nach einem Lebensmittelladen, und die Zwanzig-Dollar-Note ragte aus seiner Faust wie eine Blume. Niemand würde sie ihm wegnehmen, solange Strike hier auf der Bank saß und die Yoo-Hoo-Flasche zwischen seinen Handflächen rollte, aber Strike wusste, wenn er mal pinkeln ging, würde der Typ mit frisch gezogenem Scheitel im Gras liegen. Rodney sagte immer: Die meisten Nigger hier draußen wollen das ganze Geld auf der Stelle. Sie schlachten die goldene Gans, den Dauerkunden, weil sie nicht in der Lage sind, über die nächsten zwei Minuten hinauszudenken. Ein Haufen Sneakerdealer: kriegen zehn Dollar, rennen los und kaufen sich dafür einen Zehn-Dollar-Ring.

So wie Peanut vorhin; versuchte, ein paar Mäuse extra zu machen, als er während der Happy Hour nur eine Ampulle für zehn verkaufte statt zwei. Bei jedem Zehnerpack machte er hundert statt fünfzig, dann gab er vierzig weiter und sackte sechzig ein, bis so ein Junkie zu Strike kam und sagte: »Ich dachte, es ist Happy Hour.« Jetzt sah Strike zu Peanut hinüber, der, zum Schmierestehen degradiert, an der Ecke schmollte und nach dem Fury Ausschau hielt, ein lahmer Zwanzig-Dollar-Job, keine Ampullen und keine Provision. Als er Peanut sah, der die wunde Stelle auf seinem Wangenknochen bef