1. KAPITEL
Gemma White liebte es, morgens Liebe zu machen, wenn die Laken noch warm waren vom Schlaf, wenn man entspannt war und der Tag noch voller Möglichkeiten. Aber Sex am Morgen war für wenige Glückliche reserviert – frisch Verliebte, die sich nicht mitten in der Nacht davonstahlen, glückliche Paare, die es noch genossen, miteinander aufzuwachen, und Verheiratete, die aus Erfahrung die Zeit nutzten, in der ihre Körper bereit waren für die Leidenschaft.
Gemma drehte sich lächelnd auf die Seite und streckte die Hand zärtlich nach Jasons Hälfte des Bettes aus. Doch als ihre Finger ins Leere griffen, wurde sie abrupt in die Wirklichkeit zurückgestoßen.
Jason war fort.
Sofort machte das Verlangen der Trauer Platz. Der Schmerz über die erlittene Demütigung und der Schock hatten auch nach Wochen noch nicht nachgelassen, sondern sich im Gegenteil in ihrem Herzen hartnäckig festgesetzt.
Würde sich ein Morgen jemals wieder richtig anfühlen?
Das Klingeln des Telefons zerriss die Stille, und Gemma verfluchte den Anrufer, der sie in ihrem Kummer störte. Nach dem vierten schrillen Klingeln hörte es auf … um gleich darauf wieder anzufangen. Resigniert schwang sie die Beine aus dem Bett und griff nach dem Hörer.
„Hallo?“, meldete sie sich mit verschlafener Stimme.
„Bist du schon auf?“, fragte ihre beste Freundin Sue.
„Ja.“
„So richtig aus dem Bett aufgestanden?“
Gemma stand automatisch auf. „Jawohl.“
„Und was steht heute auf dem Programm?“
„Hm …“ Sie machte das Licht an und betrachtete das Durcheinander in ihrem Zimmer. Überall lag schmutzige Wäsche herum, und der Fußboden war voller zusammengeknüllter Papiertaschentücher. „Aufräumen, glaube ich.“
„Gut. Es soll ja schließlich alles hübsch aussehen – nur für den Fall, dass du Besuch bekommst.“
„Kommst du nach Tampa?“, fragte Gemma erschrocken. Für ihren Geschmack war es dafür noch viel zu früh. Ihre Freundin würde von Tallahassee heruntergerauscht kommen und ihr einen aufmunternden Vortrag nach dem anderen halten. Aber Gemma war noch viel zu verletzt, um bei Kaffee und Shopping ihre gescheiterte Ehe zu erörtern. Sie brauchte Zeit, um sich neu zu orientieren.
„Ich kann momentan nicht von der Arbeit weg“, erklärte Sue. „Ich meinte eher für den Fall, dass Jason auftaucht.“
Gemma umklammerte den Hörer fester. „Hast du ihn gesehen? Kommt er her?“
„Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Aber wenn er vorbeikommt, müsst ihr, du und dein Haus, euch von eurer besten Seite zeigen. Wissen denn deine Eltern inzwischen Bescheid?“
„Die Scheidung ist ja noch gar nicht rechtskräftig.“
„Gemma, du schindest Zeit.“
„Es wird ihnen das Herz brechen – Jason ist für sie wie ein Sohn.“
„In Anbetracht seiner Position wird es bald in allen Zeitungen stehen. Ist es dir lieber, wenn sie es auf diese Weise erfahren?“
„Nein.“ Aber ebensowenig wollte sie, dass ihre Mutter ihr mit ihrer Fürsorge auf die Nerven fiel. „Ich werde es ihnen sagen. Bald.“
„Has