1. KAPITEL
Fassungslos blickte Isobel Alex an. Bestimmt hatte sie sich verhört. Für gewöhnlich bat Alex sie nur, auf ihrem Sofa übernachten zu dürfen. Und zwar dann, wenn er zwischen zwei Ausgrabungen zu einem kurzen Besuch in London war und sein eigenes Apartment vermietet hatte. Das war eigentlich immer der Fall. Aber diese Frage …
Sie schüttelte irritiert den Kopf. „Kannst du das bitte noch mal sagen?“
„Willst du mich heiraten?“, wiederholte Alex wie selbstverständlich.
Also doch, sie hatte richtig gehört. Sollte das ein Scherz sein?
Aber er sah sie sehr ernst und eindringlich an. Außerdem machte Alex niemals Scherze dieser Art.
Isobel krauste die Stirn. „Keine Ahnung, wovon du redest. Bist du im Moment mental nicht ganz auf der Höhe?“
Er lächelte gewinnend. „Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten. Ich muss heiraten. Und ich halte dich für die perfekte Ehefrau.“
Nun, da irrte er sich gewaltig. Ihr Versuch mit Gary war auf geradezu spektakuläre Weise fehlgeschlagen. „Die Frauen stehen Schlange, um deine Bekanntschaft zu machen. Du kannst heiraten, wen du willst.“
Jetzt lachte er. „Das ist nicht wahr. Niemand steht Schlange. Dieses bösartige Gerücht hat Saskia in die Welt gesetzt.“
Saskia war seine kleine Schwester und seit Kindertagen eng mit Isobel befreundet. Aus eigener Erfahrung hegte sie begründete Zweifel, dass Saskias Kommentar tatsächlich nur ein Streich unter Geschwistern war. „Komm schon, Alex. Das ist eine Tatsache. Andere Männer träumen nur davon, so umschwärmt zu werden wie du.“
„Frauen wollen mich kennenlernen, weil sie verrückte Fantasien über den ‚Jäger‘ haben. Sie meinen nicht mich.“
„In ihren Augen bist du der ‚Jäger‘.“ Auch Isobel fiel es manchmal schwer, zwischen dem realen Mann und der Figur aus dem Fernsehen zu unterscheiden.
Alex Richardson hatte bereits in drei Staffeln einer populären Fernsehserie über Archäologie mitgewirkt. Die Serie basierte auf einer Artikelreihe, die er für eine führende Sonntagszeitung geschrieben hatte. Isobel versäumte keine einzige Folge. Sie fand, dass Alex auf dem Bildschirm genauso rüberkam, wie er im realen Leben war: klug, gebildet, draufgängerisch und mit unerhörtem Charme ausgestattet. Seitdem er zum Star geworden war, konnte er sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen, ohne dass ihm mindestens ein Dutzend Menschen folgte. Natürlich vor allem Frauen.
Der „Jäger“ war ein verwegener Forscher, der an geschichtlich bedeutenden Orten herumstöberte, aufregende Abenteuer bestand und kostbare Schätze eroberte.
„Du musst deine Freunde von der Zeitung nur wissen lassen, dass du Heiratspläne schmiedest. Innerhalb kürzester Zeit steht es in den Klatschspalten, und du kannst dich vor Angeboten nicht mehr retten“, sagte Isobel.
Alex schüttelte den Kopf. „Klatschreporter sind niemandes Freunde. Und keine der Frauen wäre wie du. Sensibel und bodenständig.“
Ihre Augen blitzten. „Du bist gerade dabei, dir dein eigenes Grab zu schaufeln, Alex.“
Er wollte sie nur deshalb heiraten, weil er sie für sensibel und bodenständig hielt? Nicht gerade der beste Grund, um ein solches Wagnis einzugehen. Allerdings hatte ihre Ehe mit Gary, die auf anfänglicher Verliebtheit basierte, die letzte große Krise auch nicht überstanden.
„Warum musst du denn eigentlich heiraten?“ Isobel sah Alex forschend an.
„Es gibt da einen Job, den ich unbedingt haben will.“
Sie schüttelte unwillig den Kopf. „Allmählich bekomme ich das Gefühl, im falschen Film zu sein. Je mehr Mühe ich mir gebe, dich zu ve