1. KAPITEL
Sie konnte es sich beim besten Willen nicht leisten. Seufzend warf Rose ihren Kugelschreiber hin. Wie sie es auch drehte und wendete, es reichte einfach hinten und vorne nicht. Sie saß in der Klemme.
„Was soll ich bloß mit dir machen?“, fragte sie ihren kleinen Sohn.
Jack gab keine Antwort, aber Rose hatte auch keine erwartet. Mit zwanzig Monaten reichte sein Vokabular für eine praktische Lösung ihres Problems noch nicht aus, aber beim Klang ihrer Stimme sah er zu ihr auf und schenkte ihr ein so hinreißendes Lächeln, dass Roses Herz sich vor Rührung zusammenschnürte. Auch wenn er keine Lösung für ihr momentanes Kinderbetreuungsproblem hatte – sein Lächeln gab ihr die Zuversicht, dass sie es schon irgendwie schaffen würde.
Rose ließ die deprimierenden Kontoauszüge auf dem Küchentisch liegen und setzte sich neben ihren Sohn auf den Fußboden. Jack wandte seine Aufmerksamkeit wieder den bunten Bauklötzchen zu, die um ihn herum verstreut lagen. Geistesabwesend legte Rose drei aufeinander, um Jack zu zeigen, wie man einen Turm baute.
„Ich brauche diesen Auftrag, aber ich kann dich unmöglich mit ins Studio nehmen“, sagte sie, als Jack den Turm umwarf. „Peter und Peters Haus ist einfach zu durchgestylt für Kleinkinder. Zu viele scharfe Kanten und Antiquitäten, und außerdem kann ich mich nicht auf meine Arbeit konzentrieren, wenn du dabei bist.“
Rose sprach ziemlich häufig mit Jack, auch wenn er sie noch nicht verstehen konnte. Er lauschte offensichtlich gern ihrer Stimme, und sie selbst fühlte sich weniger allein, wenn sie jemandem ihre Probleme mitteilen konnte, auch wenn der Dialog zwangsläufig etwas einseitig blieb.
Verdrossen blickte Jack auf den kaputten Turm. Rose baute rasch einen neuen und höheren. Sein Gesicht hellte sich sofort auf. Klasse, noch etwas zum Kaputtmachen!
„Vielleicht hätte ich den Heiratsantrag deines Vaters doch annehmen sollen“, fuhr Rose schuldbewusst fort.
Aber bei dieser Vorstellung war ihr immer etwas unbehaglich zumute. Natürlich wäre es das Vernünftigste gewesen, und normalerweise hatte sie auch kein Problem damit, vernünftig zu sein, aber jemanden zu heiraten, den man nicht wirklich liebte, war ein gewagter Schritt, ganz egal, wie praktisch es schien. Roses einziges Zugeständnis war bislang nur, darüber nachdenken zu wollen.
„Allerdings hätte das dein jetziges Betreuungsproblem auch nicht gelöst“, fügte sie rasch hinzu und legte vorsichtig einen blauen Bauklotz auf die Spitze des Turms. „Dein Dad hätte trotzdem beruflich nach Bristol gehen müssen, und ich würde immer noch hier sitzen, ohne zu wissen, wie ich deine Betreuung bezahlen soll. Das ist nämlich unmöglich, solange ich den Auftrag nicht habe, aber ich kann auch nicht arbeiten, wenn niemand auf dich aufpasst.“
Rose setzte sich auf die Fersen und sah lächelnd zu, wie Jack den zweiten Turm mit einem Triumphschrei zerstörte. „Das ist ein echtes Problem, oder?“
„Da!“, schrie Jack entzückt.
„Klingt wie ein Ja für mich.“ Seufzend warf Rose einen Blick auf die Uhr und erhob sich mühsam. Es wurde Zeit für Jacks Abendessen. Vielleicht fiel ihr ja wie durch ein Wunder noch eine Lösung ein, wenn er im Bett lag und sie etwas Ruhe zum Nachdenken hatte.
Rose überließ Jack seinen eigenen Turmbaukünsten und ging in die Küche. Sie liebte diesen Raum. Von der schmalen Eingangsdiele mit der Treppe zum ersten Stock abgesehen, waren sämtliche Wände im Erdgeschoss des viktorianischen Reihenhauses entfernt worden, um einen großen Raum zu schaffen. Das Ergebnis war ein heller offener Wohnbereich mit bequemen Sofas nach vorne raus und auf der Rückseite eine großzügige Küchen- und Esszone mit Zugang zu ihrem Garten.
Streng genommen war es zwar gar nicht ihr Garten, sondern Drews, doch er wohnte schließlich nicht hier und hätte auch nichts mit dem Garten anfangen können. Jedes Mal, wenn Rose an die lächerlich geringe Miete dachte, die sie ihm zahlte, wurde ihr fast schwindlig vor Erleichterung und Dankbarkeit. Ohne Drews Großzügigkeit wäre sie nach Jacks Geburt nicht zurechtgekommen. Aber so war er schon immer gewesen.
Verantwortungs- und rastlos, geradezu lächerlich bindungsscheu, aber unbestreitbar großzügig.
Ihr Blick fiel auf ein altes Foto, das mit einem Snoopy-Magneten an der Kühlschranktür befestigt war. Rose blinzelte darauf in die Sonne, während Drew den Arm um sie legte. Sie sahen ung