: Beate M. Weingardt
: Du bist gut genug! Wie Sie Ihre inneren Antreiber erkennen und gelassener werden können
: SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
: 9783417219463
: 1
: CHF 8.80
:
: Religion/Theologie
: German
: 192
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Wir alle lassen uns in unserem Handeln und in unserer Lebensgestaltung von Zielen, Werten und Wünschen leiten. Doch kaum jemand nimmt diese 'inneren Antreiber' genauer in den Blick: Woher stammen sie eigentlich? Wer hat sie uns vermittelt oder eingepflanzt? Sind sie wirklich das, was wir wollen? Denn diese Leitsätze und Wertvorstellungen ('Sei perfekt!'; 'Sei bei allen beliebt!'; Sei in jeder Lage stark!') können uns nicht nur beflügeln, sondern auch einengen, blockieren und belasten. Dann werden sie zu einem großen Stressfaktor, der uns die Lebensfreude abschnürt. Beate Weingardt zeigt in ihrem neuen Buch, wie wir diesen 'inneren Einpeitschern' auf die Schliche kommen und sie in die Schranken weisen können. Es ist sogar möglich, sie ganz aus unserem Leben zu verbannen und durch positive Lebensbotschaften zu ersetzen. Auf diese Weise finden wir nicht nur zu größerer Gelassenheit, sondern werden auch als Christen glaubwürdiger. Denn die gute Nachricht des Evangeliums besteht gerade darin, dass wir nicht länger Getriebene sein müssen. Gott bietet uns an, uns mit seiner Liebe zu tragen, damit unser Leben gelingt.

Beate M. Weingardt, Jahrgang 1960, hat Psychologie und Ev. Theologie studiert und 1999 über den 'Prozess des Vergebens in Theorie und Empirie' promoviert. Beate M. Weingardt ist mit vielen Themen in der Erwachsenenbildung tätig und berät Menschen mit seelischen Verletzungen.

1. Menschsein heißt Bedürfnisse haben

Wir sind einander nah durch die Natur, aber sehr entfernt durch die Bildung.

KONFUZIUS

Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow

Welche Bedürfnisse haben wir als Menschen? Sind sie bei allen gleich? Vordergründig gesehen natürlich nicht – da sind wir Menschen ungeheuer verschieden. Deshalb ist es ja auch oft so schwer, einander zu verstehen und miteinander auszukommen. Aber letztlich verhält es sich wie bei den Pflanzen: So unterschiedlich sie aussehen, so verschieden die Wachstumsbedingungen oder die Früchte sein mögen – sie alle brauchen Wurzeln, Wasser, Licht und Luft, um zu gedeihen. Ähnlich ist es bei uns Menschen: Je mehr es ums »Grundsätzliche« geht, desto ähnlicher sind die Bedürfnisse.

Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow veröffentlichte vor einigen Jahrzehnten ein Modell der »menschlichen Grundbedürfnisse«, das ich Ihnen im Folgenden kurz vorstellen möchte. Die Besonderheit dieses Modells liegt in der stufenförmigen Aufeinanderfolge der von ihm aufgelisteten Bedürfnisse. Stellen Sie sich also eine Pyramide vor. Welche Bedürfnisse würden Sie an der Basis ansiedeln? Maslow verankert hier den

•  Wunsch nach Befriedigung grundlegender körperlicher Bedürfnisse: Nahrung, Wärme, Schlaf, Schmerzfreiheit.

Solange wir hungern, können wir an (fast) nichts anderes denken als daran, wie wir Nahrung bekommen. Das Gleiche gilt für Durst, der uns noch viel früher quält als der Hunger. Wer todmüde ist, ist für nichts mehr in seiner Umwelt wirklich aufnahmefähig – all sein Sinnen und Trachten ist nur noch darauf gerichtet, schlafen zu können. Auch starke Schmerzen bewirken, dass wir für nichts anderes mehr offen sind: Wer Schmerzen hat, derist in gewisser Weise Schmerz. Das ganze Menschsein, all unser Denken, Fühlen und Erleben, ist auf diesen einen Punkt reduziert: den Schmerzpunkt.

Anders gesagt: Ohne ein gewisses Maß an Pflege und Rücksicht, die wir unserem Körper zukommen lassen, kann er – und damit auch unser ganzer Mensch – weder existieren noch funktionieren.

Auf der nächsten Stufe der Pyramide folgt der

•  Wunsch nach Sicherheit.

Kinder schlafen oft leichter auf dem Arm der Mutter oder sonst einer Bezugsperson ein, obwohl es im Bettchen sicher genauso warm und bequem wäre. Doch der Arm der Mutter verleiht ihnen das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit: »Er hat den Knaben wohl in dem Arm, er fasst ihn sicher, er hält ihn warm« heißt es im Gedicht »Der Erlkönig« von Johann Wolfgang von Goethe. Auch wir Erwachsenen sind Menschen, die eigentlich schnell in Angst zu versetzen sind – selbst wenn wir gelernt haben, nach außen Ruhe zu bewahren. Manchmal ist die Angst sehr hilfreich, weil sie uns in Bewegung setzt und uns vor Gefahren schützt, doch manchmal kann Angst auch geradezu gegenteilig wirken, indem sie uns lähmt.

Ich habe gelesen, dass in der Bibel nichts so häufig zum Menschen gesagt wie: »Fürchte dich nicht!«, und: »Habt keine Angst!« Das zeigt, wie anfällig wir Menschen für die Angst sind – weil wir bedürftige Wesen sind! Man kann im Grunde vor allem und um alles Angst haben – doch die elementarste Angst ist die Angst um sich selbst, sozusagen um Leib und Leben, und die Angst um Menschen, die man liebt.

Viele inzwischen alt gewordene Menschen erinnern sich noch lebhaft an ihre Ängste im Krieg, sei es im Luftschutzkeller, sei es auf der Flucht, sei es angesichts fremder Soldaten oder in sonst einer lebensbedrohlichen Situation. Die Angst, dieses elementare Gefühl der Unsicherheit, des Bedrohtseins oder der Schutzlosigkeit, hat sich in ihrem Gedächtnis unauslöschlich eingegraben, hat sie oft bis in ihre Träume verfolgt und auch zu viel späterem Leiden geführt. Wie viele in der Kriegszeit und zu Kriegsende noch nicht erwachsene Kinder und Jugendliche haben Entsetzliches miterlebt, das ihr Vertrauen ins Leben oder in fremde Menschen zutiefst erschüttert und für immer beeinträchtigt hat!

Ich denke an eine Frau, die zur Beratung zu mir kam und erzählte, wie schwer sie sich damit tue, auf Menschen vertrauensvoll zuzugehen. Sie sei einfach ein »sehr misstrauischer, ängstlicher Mensch«, meinte sie als Erklärung dafür, dass sie so wenig enge Freunde und Freundinnen hatte. Bald schon kamen wir im Gespräch auf ihre Kindheit zu sprechen, die in die Zeit des Kriegsendes und der Nachkriegswirren fiel. Viele Situationen von Angst und Unsicherheit waren ihr noch gegenwärtig – außerdem hatte sie eine Mutter, die ihr eigenes misstrauisch-distanziertes Denken und Fühlen ungeprüft an die Tochter weitergab. (»Verlass dich auf niemanden, nur auf dich selbst!« war einer ihrer mütterlichen Lehrsätze.) Das hat diese Frau geprägt.

Wie aber soll man vertrauensvoll und

Cover1
Vorwort8
Einführung10
1. Menschsein heißt Bedürfnisse haben14
2. Lebensqualität ist Beziehungsqualität28
3. Liebe ist mehr als ein Gefühl36
4. Innere Antreiber – wie entstehen sie überhaupt?43
5. Die Dynamik unserer inneren Antreiber – warum sie so mächtig sind62
6. Neun häufige innere Antreiber75
6.1. »Sei perfekt und mach keine Fehler, denn Fehlermachen ist schlimm!«75
6.2. »Du bist so viel wert, wie du leistest«82
6.3. »Ich muss mindestens so gut sein wie ...«89
6.4. »Ich will von niemandem abhängig sein«92
6.5. »Vermeide Konflikte und Auseinandersetzungen!«96
6.6. »Sei immer tapfer und stark!«105
6.7. »Wenn du scheiterst, bist du selbst schuld!«112
6.8. »Mach es möglichst allen recht!«121
6.9. »Erlaube dir keine Zweifel oder Glaubenskrisen!«128
7. Glaube und innere Antreiber – getrieben oder getragen?135
8. Der dreifache Weg147
8.1. Unser Umgang mit Gott147
8.2. Unser Umgang mit uns selbst159
8.3. Unser Umgang mit dem Nächsten172
9. Verwandlung durch Beziehung178
10. »Du meine Güte, das schaffe ich nie ...!« – Anregungen für die Praxis184
Literaturverzeichnis191