1. KAPITEL
Drei Tage waren vergangen, seit die Flüsse Walnut und Whitewater durch den heftigen Regen über die Ufer getreten waren. Allmählich ging das Hochwasser zurück, aber die Überschwemmung hatte an Hunderten von Häusern viel Schaden angerichtet. Auch in Isabels Haus stand einen Meter hoch der Schlamm.
Gestern hatte ein Trupp von freiwilligen Helfern die durchnässten Möbel hinausgetragen und zum Sperrmüll gebracht. Der üble Geruch und die Feuchtigkeit würden sich jedoch so schnell nicht verflüchtigen, sodass Isabel längere Zeit nicht in ihrem Haus wohnen könnte. Bis die feuchten Wände getrocknet waren, würde es eine Weile dauern, und danach müsste alles renoviert werden.
Sie konnte jede Hilfe gebrauchen. Callie war überzeugt, dass es richtig gewesen war, herzukommen. Seit einer Stunde saß sie im Gemeindezentrum der Hilltop Church, das als Notunterkunft eingerichtet worden war. Sie hatte für ihre Schwester einen Antrag auf Schadensersatz ausgefüllt und wartete zusammen mit anderen darauf, zu einem der städtischen Angestellten vorgelassen zu werden.
Luke hatte sie im Spielzimmer abgegeben, in dem die Kinder betreut wurden. Während sie wartete, fragte sie sich abwechselnd, ob es ihm gut ginge und ob womöglich Jack gleich zur Tür hereinkommen würde.
Wenn er jetzt käme, wäre es in Ordnung, weil er sie nicht zusammen mit Luke sehen würde. Sie müsste dann nur den Schock des Wiedersehens überwinden. Aber warum sollte Jack hierherkommen? Außerdem bestand keine große Gefahr, dass ihm jemand von ihr und Luke erzählte: Obwohl Jack am Anfang ihrer Beziehung oft von Wichita nach Augusta gefahren war, kannte er nicht viele Leute hier.
Als ihre Nummer aufgerufen wurde, stand Callie auf und ging zu dem Tisch hinüber, der vorübergehend als Schalter diente. Sie reichte dem Beamten den ausgefüllten Antrag.
„Lassen Sie mal sehen, Miss Blume.“ Der Mann schien sie von früher zu kennen, und er kam ihr ebenfalls bekannt vor. Mittlerweile hieß sie zwar nicht mehr Blume, aber das spielte im Augenblick keine Rolle. Ohnehin betrachtete sie sich seit zwei Jahren nicht mehr als verheiratete Frau. Seit dem Tag, an dem Jack sie verlassen hatte.
Mit gerunzelten Brauen überflog der Beamte den Antrag, und Callie beugte sich vor, um nachzusehen, ob sie vielleicht etwas vergessen hatte. Seufzend legte der Mann das Blatt einfach auf den Stapel von Anträgen neben sich und sagte keinen Ton. Callie wartete, aber er seufzte nur ein weiteres Mal und blickte über ihren Kopf hinweg zu den Wartenden.
Als Callie keine Anstalten machte, aufzustehen, klopfte er ungeduldig mit seinem Kugelschreiber auf den Tisch. „Kann sechs Wochen dauern“, sagte er knapp und rief die nächste Nummer auf.
Callie merkte, wie sie sich anspannte. Schon lange war sie nicht mehr so unhöflich behandelt worden. Allerdings kannte sie Ähnliches von früher, und einige dieser Situationen schossen ihr unwillkürlich durch den Kopf. Wie ihre Mutter manchmal mit einer Schrotflinte Leute vom Grundstück vertrieben hatte. Wie die Leute hinter vorgehaltener Han