2. KAPITEL
„Das ist mein Boss“, erklärte Kate. „Ich habe mir einige Zeit freigenommen, und er wollte noch ein paar Details eines speziellen Projektes mit mir durchgehen. Michael Hawkins, Tom und Betty Adams“, machte sie alle miteinander bekannt. „Tja, das war’s“, fügte sie heiter hinzu. „Jetzt kannst du fahren.“
„Oh, unseretwegen besteht kein Grund zur Eile“, versicherte ihre Mutter. „Kate hat uns einen Zeitungsartikel über Ihre Firma geschickt. Sehr beeindruckend. Sie spricht immer mit größter Bewunderung von Ihnen.“
„Vielen Dank“, sagte Michael und warf Kate einen nachdenklichen Blick zu. „Kate war unbezahlbar. Unersetzlich.“
Unersetzlich als seine Sekretärin, dachte sie.
„So ist unsere Katie“, erklärte ihr Vater und strahlte stolz. „Sie war immer etwas Besonderes für uns.“
Kates Magen verkrampfte sich bei der Vorstellung, wie rasch der Stolz und die Freude ihres Vaters sich verflüchtigen würden, wenn er die Wahrheit erfuhr. Sie mochte zwar eine erwachsene Frau sein, aber die Aussicht, ihren Eltern wehzutun, machte sie ganz krank. Sie merkte, wie ihr schwindelig wurde, und blinzelte. „Kommt rein und macht es euch bequem. Ich bin gleich wieder da“, sagte sie und lief ins Badezimmer.
Sie setzte sich auf den Messinghocker neben dem Säulenwaschbecken, um ihre Fassung wiederzugewinnen. Dann spritzte sie sich Wasser ins Gesicht und atmete mehrmals tief durch. Gewöhnlich neigte sie nicht zu Angstattacken, aber eine nervenaufreibendere Situation als diese konnte sie sich nicht vorstellen. Michael Hawkins drängte sie zur Ehe, obwohl er sie nicht liebte, und jetzt saß er mit ihren Eltern im Wohnzimmer. Sie unterdrückte ein Aufstöhnen und sank wieder auf den Hocker.
Die Tür ging auf, und Michael kam herein.
„Was machst du hier?“, flüsterte sie. „Du solltest längst weg sein.“
Er trat vor sie und brachte sie mit seinem intensiven Blick wieder völlig aus dem Konzept. „Passiert dir das oft?“, wollte er wissen und kniete sich neben sie.
„Was?“
„Dass du ohnmächtig wirst.“
„Ich werde nicht ohnmächtig“, widersprach sie, gereizt von seiner Nähe und ihrer anhaltenden Übelkeit. „Mir war schrecklich flau im Magen, und deshalb bin ich ins Bad gegangen. Sobald du weg bist, fühle ich mich bestimmt gleich besser. Wir müssen aus dem Bad heraus, oder meine Eltern …“
„Deine Mutter ahnt bereits etwas“, unterbrach Michael sie. „Sie meinte, du siehst blass aus.“
Kate rieb sich die Stirn. „Oh nein. Ich wusste, dass das passieren würde“, jammerte sie und senkte ihre Stimme.„Ich kann nichts vor ihnen verbergen. Sie durchschauen mich sofort. Aber ich kann es ihnen nicht sagen. Es wird ihnen schrecklich wehtun.“
„Irgendwann wirst du es ihnen erzählen müssen“, gab er mit einem Schulterzucken zu bedenken, das andeutete, dass er nicht ganz nachvollziehen konnte, wie ihr zumute war.
„Irgendwann muss nicht jetzt sein.“
„Und wenn du verheiratet wärst?“
„Fang nicht schon wieder damit an.“ Ihre Mutter hatte schon vor Kates Geburt damit begonnen, die Hochzeit ihrer Tochter zu planen. Wenn es nach Betty Adams gegangen wäre, hätte sie eine Ehe arrangiert zwischen Kate und dem Jungen aus ihrer Straße, der später Zahnarzt wurde. Dann hätte sie dafür gesorgt, dass sie nach nebenan zogen und möglichst bald Kinder in die Welt setzten. Kopfschüttelnd stand Kate auf. „Ich will mein schlechtes Urteilsvermögen nicht noch mehr unter Beweis stellen, indem ich eine weitere falsche Entsc