1. KAPITEL
Als das Vogelgezwitscher an ihr Ohr drang, schlug Zoe Kozlowski lächelnd die Augen auf. Es war früh am Morgen, und die ungewohnten Klänge machten ihr endgültig klar, dass sie sich nicht mehr in Manhattan befand.
Jahrelang hatte sie mitten in New York gelebt und sich irgendwann an eine Geräuschkulisse aus Reifenquietschen, Gehupe und heulenden Sirenen gewöhnt. Einen sechs Stockwerke unter ihrem offenen Fenster ratternden Presslufthammer hätte sie wohl ignoriert, aber bei dem sanften Zwitschern der Spatzen war sie sofort hellwach.
Als sie mit einer Tasse grünem Tee auf die hölzerne Veranda hinaustrat, hörte sie auch das sanfte Rauschen der Blätter und in der Ferne das Bellen eines Hundes.
Sie stieg über ein morsches Brett hinweg und kauerte sich auf die oberste Treppenstufe, um ihre Umgebung zu bewundern. Die morgendlichen Farben waren so klar und leuchtend, dass die Helligkeit fast in den Augen wehtat. Nur ein paar weiße Schäfchenwolken bevölkerten den strahlend blauen Himmel.
Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie sich die Baumkronen im Herbst golden, orange, braun und rot färbten. Aber jetzt, in den ersten Frühsommertagen, war alles grün und blühend und auf eine ganz andere Weise wunderschön.
Ihr war klar, dass sie in das Grundstück noch genauso viel Arbeit stecken musste wie in die alte Villa, in der sie gerade ihre erste Nacht verbracht hatte.
Aber der Blick in die Runde erfüllte Zoe mit einem tiefen Gefühl des Friedens und der herrlichen Gewissheit, dass das alles ihr gehörte.
Spontan beschloss sie, eine Hollywoodschaukel für die Veranda zu kaufen. Hier wollte sie jeden Morgen sitzen und ihre erste Tasse Tee genießen. Hier wollte sie Wurzeln schlagen und diesen wunderbaren Ort zu ihrem Zuhause machen.
Seltsam, fast zehn Jahre lang hatte sie in New York gelebt und niemals das Bedürfnis nach einem Leben auf dem Land verspürt. Sie hatte Manhattan geliebt – es war einfachdie Traumstadt für eine junge Fotografin! Gleich nach ihrer Hochzeit war sie damals mit Scott in die aufregende Metropole gezogen.
Nie wäre sie auf die Idee gekommen, von dort wieder wegzugehen. Bis eine vermeintliche Routine-Untersuchung bei ihrer Frauenärztin alles verändert hatte.
In den zwei Jahren, die seitdem vergangen waren, hatte ihr Leben etliche unerwartete Wendungen genommen. Die letzte hatte sie hierher, in die Kleinstadt Pinehurst, gebracht, wo sie ihre Freundin Claire besuchen wollte und …
Ufffff!
Mitten in ihren Gedanken wurde sie plötzlich von einem aus dem Nichts aufgetauchten, zottigen Untier angesprungen. Unter der Wucht des Ansturms landete sie auf dem Rücken, der Becher flog ihr aus der Hand, und sie rang na