: Roger Scruton
: Ich trinke, also bin ich Eine philosophische Verführung zum Wein
: Diederichs Verlag
: 9783641050443
: 1
: CHF 7.90
:
: Philosophie
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jeder kennt das Sprichwort 'in vino veritas' (Im Wein liegt Wahrheit). Aber welche Wahrheit ist damit gemeint? Der renommierte Philosophieprofessor Roger Scruton ist dieser Frage in seinem neuen Buch nachgegangen. Wein - in der richtigen Stimmung und Dosis zelebriert - ist nicht nur eine Wohltat für die Seele, sondern auch ein Stimulans für freies Denken. Die alten Griechen wussten nur zu gut um diesen Zusammenhang. Guter Wein ist ein Elixier für gute Gespräche. Kein Geringerer als Platon hat es eindrucksvoll beschrieben: Wein versetzt den Menschen in einen Zustand der Offenheit und Selbstgewissheit, den ihm nüchtern wohl nie zuteil würde.

Ein Lobpreis des Rebsaftes und obendrein die Geschichte jener ewigen Liaison zwischen Denkern und Flaschen - von den dionysischen Hellenen bis zum badischen Tiefgeist Martin Heidegger.

Roger Scruton, Jahrgang 1944, ist Publizist und Philosoph mit Lehraufträgen an der Blackfriars Hall in Oxford, dem American Enterprise Institute in Washington D.C. sowie der Universität St. Andrews. Bei Diederichs erschienen bereitsIch trinke, also bin ich - Eine philosophische Verführung zum WeinsowieSchönheit - Eine Ästhetik. Mit seiner Familie lebt Scruton im ländlichen Wiltshire.

"ICH TRINKE... (S. 14-15)

Mein Fall

Für mich als Kind waren Weintrauben eine Rarität, von Wein ganz zu schweigen. Was man bei uns zu Hause Wein nannte, war etwas anderes. Im Herbst stellte meine Mutter riesige Gläser mit gezuckertem Holundersaft vor unseren braunen Emailofen. Dann wartete man, bis sich das Blubbern in den Gläsern legte und die dunkelrote Flüssigkeitüber einen Filter in Flaschen umgefüllt werden konnte. Drei Wochen lang hing der Geruch von Gärung und Hefe in unserer Küche.

Über den Gläsern schwirrten die Fruchtfliegen und die eine oder andere Wespe labte sich an dem Saft, der beim Abfüllen auf dem Küchenboden verschüttet worden war. Holunder wächst bei uns als Hecke und treibt im Sommer jene duftenden Blüten hervor, die in den warmen Nächten die Sinne betören - der Duft spielt eine Rolle im zweiten Akt von Wagners Meistersingern,wo Hans Sachs vor seiner Hütte sitzt undüber ein Problem räsoniert: wie lässt sich Eros in Agape verwandeln, wie stellt man das eigene Begehren hintan für das Glück der Begehrten.

Die Holunderbeere hingegen, eingelegt in Wasser mit Zitronensäure und Zucker, beschert uns einen brauchbaren Kräuterlikör für den Sommer. Die dunklen, roten Beeren enthalten selbst kaum Zucker, dafür jede Menge Tannin und Pectin. Wenn man sie kocht, den Saft abgießt, Zucker hinzufügt und das Ganze reduziert, erhält man ein rotes Gelee, dasüber Jahre hinweg haltbar ist und einen Lammbraten farblich wie geschmacklich aufwertet."