: Jane Austen
: Michael Adrian
: Austen zum Genießen Fischer Klassik PLUS
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104011936
: Fischer Klassik Plus
: 1
: CHF 6.50
:
: Anthologien
: German
: 228
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. »Wozu leben wir, wenn nicht um unseren Nachbarn Anlass zum Lachen zu geben und dafür umgekehrt über sie zu lachen.« - Mit hemmungsloser Ironie entlarvt Jane Austen soziale Konventionen und entdeckt menschliche Schwächen nicht allein bei unserem Gegenüber. Ihre gedankliche Schärfe und erzählerische Raffinesse machen sie zu einer der ersten Autorinnen der Moderne, die nur scheinbar den vorgegebenen gesellschaftlichen Regeln folgt: »Das Vergnügliche einer Beschäftigung garantiert nicht unbedingt deren Schicklichkeit.« - Der vorliegende, komplett neu übersetzte Band unternimmt einen genussvollen Rundgang durch das Gesamtwerk Jane Austens und entdeckt diese beliebte Autorin neu.

Jane Austen wurde 1775 in Steventon (Hampshire) geboren. Mit sieben Geschwistern wuchs sie im Pfarrhaus von Steventon auf, zu Hause unterrichtet von ihrem Vater, der ihre literarischen Neigungen förderte. Sie blieb unverheiratet und teilte ihr zurückgezogenes Leben mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Cassandra bis zu ihrem frühen Tod im Jahre 1817 in Winchester. Mit Romanen wie ?Stolz und Vorurteil? oder ?Verstand und Gefühl?, die feine Gesellschaftssatire mit der Geschichte vom romantischen Schicksal unverwechselbarer Heldinnen paaren, zählt sie heute zu den einflussreichsten und meist gelesenen Autorinnen der englischen Literaturgeschichte.

Die lieben Verwandten


Mrs. John Dashwood billigte ganz und gar nicht, was ihr Mann für seine Schwestern zu tun beabsichtigte. Das Vermögen ihres lieben kleinen Jungen um dreitausend Pfund zu schmälern, hieße, ihn in erschreckendem Ausmaß ärmer zu machen. Sie bat ihn, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken. Wie konnte er es vor sich selbst verantworten, sein Kind, und zwar sein einziges Kind, einer so großen Summe zu berauben? Und welchen denkbaren Anspruch konnten die Miss Dashwood, die doch nur halbbürtig mit ihm verwandt waren, was in ihren Augen verwandtschaftlich eigentlich gar nicht zählte, auf eine Großzügigkeit dieses Ausmaßes haben. Es war doch allgemein bekannt, dass man zwischen den Kindern eines Mannes aus verschiedenen Ehen keinerlei Anhänglichkeiten unterstellen konnte; und warum wollte er sich und ihren armen kleinen Harry ruinieren, indem er sein ganzes Geld seinen Stiefschwestern vermachte?

»Es war der letzte Wunsch meines Vaters«, erwiderte ihr Gatte, »dass ich seine Witwe und Töchter unterstützen sollte.«

»Er wusste bestimmt nicht, was er sagte; zehn zu eins, dass er zu diesem Zeitpunkt etwas wirr im Kopf war. Wäre er bei Sinnen gewesen, hätte er nicht im Traum daran gedacht, dich zu bitten, die Hälfte deines Vermögens deinem eigenen Kind vorzuenthalten.«

»Er hat sich keine bestimmte Summe ausbedungen, liebe Fanny; er bat mich nur ganz allgemein, sie zu unterstützen und ihnen ihre Lage angenehmer zu gestalten, als es in seiner Macht stand. Es wäre vielleicht auf das Gleiche hinausgelaufen, wenn er es ganz mir überlassen hätte. Er konnte ja schwerlich davon ausgehen, dass ich sie vernachlässigen würde. Aber da er mir das Versprechen abnahm, musste ich es ihm wohl geben: Zumindest dachte ich das in der Situation. Das Versprechen wurde folglich gegeben und muss eingelöst werden. Etwas muss für sie getan werden, wenn sie Norland einmal verlassen und sich ein neues Zuhause suchen.«

»Also gut, essoll ja auch etwas für sie getan werden, aber dieses Etwas müssen nicht dreitausend Pfund sein. Bedenke«, fügte sie hinzu, »dass das Geld, wenn man sich einmal von ihm getrennt hat, nie wieder zurückkehrt. Deine Schwestern werden heiraten, und es wird für immer verloren sein. Wenn es unserem armen kleinen Jungen allerdings irgendwann einmal zurückerstattet werden könnte –«

»Aber gewiss«, sagte ihr Mann sehr ernst, »das wäre ein bedeutender Unterschied. Die Zeit könnte kommen, wo Harry es bedauert, dass wir auf eine so stattliche Summe verzichtet haben. Sollte er zum Beispiel einmal eine große Familie haben, dann wäre sie eine höchst willkommene Ergänzung.«

»Allerdings wäre sie das.«

»Vielleicht wäre es dann für alle Beteiligten besser, wenn der Betrag halbiert würde. Fünfhundert Pfund für jede von ihnen würden eine gewaltige Vergrößerung ihres Vermögens bedeuten.«

»Oh, das wäre zweifellos eine Großtat! Wo ist der Bruder, der auch nur halb so viel für seine Schwestern täte, selbst wenn siewirklich seine Schwestern wären! Dabei sind sie ja nur Stiefschwestern! Aber du bist eben von Natur aus großzügig!«

»Ich möchte mir auf keinen Fall vorwerfen lassen, geizig zu sein«, erwiderte er. »In diesen Dingen tut man lieber zu viel als zu wenig. Wenigstens kann niemand behaupten, ich hätte nicht genug für sie getan: Nicht einmal sie selbst dürften sich mehr aus