: Wolfgang Hohlbein
: Die Schatten des Bösen Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838706139
: 1
: CHF 6.40
:
: Fantasy
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Eigentlich soll die magisch begabte Vivian nur eine 'harmlose' Geschäftsreise nach New York antreten. Doch die Reise wird zum Horror-Trip: Ein dubioser Politiker will ihre Kräfte nutzen, um die Stadt zu beherrschen. Der wahre Herr indes ist Ulthar, Meister der Spiegelschatten und Verbindungsglied zu einer Welt des Grauens jenseits unserer Realität ...

14. KAPITEL  (S. 153-154)

Gefolgt von einer Gestalt, deren Gesicht unter der hochgeschlossenen Kapuze eines Umhanges nicht zu sehen war, betrat Mark Taylor die schattige, nur von einigen matt leuchtenden Wandlampen und einer trüben Leselampe an der Rezeption erleuchtete Eingangshalle des SHERIDAN-Hotels und eilte auf den Nachtportier zu. Der Mann sah erschrocken auf. Sein Gesicht zeigte einen verwirrten Ausdruck; er schien geschlafen zu haben.

»Guten Morgen, Mister Taylor«, sagte er. Mark blieb vor ihm stehen und schaute ihn herablassend an.»Ist meine Frau bereits hier?«, erkundigte er sich. Der Portier schüttelte den Kopf.»Nein, bis jetzt nicht.«»Sind Sie ganz sicher?«»Ich habe bereits den ganzen Abend Dienst. Es wäre mir bestimmt aufgefallen, wenn Ihre Frau hereingekommen wäre. Außerdem hängen die Schlüssel noch hier.«»Dann geben Sie sie mir!« Der Portier beeilte sich, die Schlüssel abzunehmen und Taylor zu geben. Seine Finger zitterten unmerklich, als er sieüber den Tresen schob. Er hatte Mark Taylor als freundlichen, umgänglichen Menschen kennengelernt, der stets zu einem Scherz aufgelegt war. Um so mehr bestürzte ihn dessen barscher, abweisender Befehlston.»Kann ich ... sonst noch etwas für Sie tun?«, fragte er.

Taylor nickte.»Ja. Sollte meine Frau hier auftauchen, sagen Sie ihr nicht, dass ich da bin. Ich möchte sieüberraschen. Geben Sie ihr einfach den Zweitschlüssel.« Er schob eine zusammengefaltete Hundert-Dollar-Noteüber den Tisch und sah den Portier durchdringend an.»Ich hoffe, wir verstehen uns.« Der Portier griff zögernd nach dem Geld, drehte den Schein einen Augenblick in den Fingern und ließ ihn schließlich in der Rocktasche verschwinden.»Ich glaube schon, Sir.«

Taylor lächelte unfreundlich, drehte sich dann abrupt um und ging mit schnellen Schritten auf den Lift zu. Seine Begleiterin folgte ihm. Da sie einen Rock und hochhackige Pumps trug, konnte es sich nur um eine Frau handeln, auch wenn ihr Gesicht unter dem Umhang verborgen war. William Crown arbeitete bereits seit mehr als zwanzig Jahren im SHERIDAN. Er hatte gelernt, sich auf die verschiedensten Gäste einzustellen, ihre besonderen Eigenheiten zu akzeptieren und sich nach Möglichkeit niemals anmerken zu lassen, was er dachte.

Jetzt aber verzog er missbilligend das Gesicht, als die Aufzugtüren hinter Taylor und ihr zugeglitten waren. Sicher, Amerika war ein liberales Land, und es war ganz gewiss nicht seine Aufgabe, den Sittenwächter zu spielen, aber so, wie er von Mark Taylor bislang eine sehr positive Meinung gehabt hatte, hatte er auch Missis Taylor als eine sympathische junge Frau kennengelernt, und der Gedanke, dass er sie wegen ein paar Dollar und eines dahergelaufenen Flittchens belügen sollte, war ihm zuwider.