: Christian Schulz
: Fraud in der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung. Möglichkeiten und Grenzen der Aufdeckung
: Grin Verlag
: 9783640189113
: 1
: CHF 33.50
:
: Betriebswirtschaft
: German
: 119
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,3, Fachhochschule Kiel (Institut für Rechnungswesen und Revision), Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Befragung zwischen Frühjahr 2005 und Frühjahr 2007 unter 1.166 deutschen Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Knapp die Hälfte (49%) der befragten Gesellschaften wurde im Erhebungszeitraum Opfer von Korruption, Unterschlagung, Bilanzdelikten oder anderen Formen von Wirtschaftskriminalität. Der Gesamtschaden wird auf gut sechs Milliarden Euro geschätzt, was die Verluste von Privatpersonen noch nicht mit einbezieht. Aufgrund verschiedener, teilweise spektakulärer Betrugsfälle sind Verstöße verstärkt Gegenstand öffentlicher Diskussionen geworden. Als Beispiele für Deutschland seien hier nur Fälle wie Balsam/Procedo, Flowtex und Comroad genannt. In den USA wurden mit Enron und WorldCom Betrugsfälle von historischem Ausmaß bekannt, die nicht nur Auswirkungen für die unmittelbar geschädigten Aktionäre und Gläubiger, sondern auch für den gesamten Berufsstand der Wirtschaftsprüfer hatten. Auch wenn diese Beispiele nur Einzelfälle darstellen, die aufgrund der Schadenshöhe und der Vielzahl der Geschädigten außerhalb der Unternehmen eine entsprechend große Öffentlichkeitswirkung entfalten, muss darauf hingewiesen werden, dass die Zahl der von Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen nicht nur hierzulande, sondern weltweit stetig ansteigt.

3 Was ist Fraud?


 

Für die folgenden Betrachtungen ist es erforderlich, die für diese Arbeit wesentlichen Begrifflichkeiten zu erläutern und voneinander abzugrenzen. Im Zusammenhang mit Untersuchungen zum Thema Wirtschaftskriminalität werden häufig die BegriffeUnrichtigkeiten, Fehler, (Gesetzes-) Verstöße, dolose Handlungen oder auchBilanzdelikte– teilweiseähnlich, teilweise synonym– verwendet. Diese Aufzählung ist bei Weitem noch unvollständig und belegt die Notwendigkeit einer exakten Begriffsabgrenzung. Mangels einer Legaldefinition[23] und einer einheitlichen Terminologie in der einschlägigen Literatur, soll an dieser Stelle ein für den weiteren Verlauf dieser Arbeit gültiges Begriffsverständnis entwickelt werden.

 

3.1 Unrichtigkeiten und Verstöße– Definition und Abgrenzung


 

Analysiert man die Strukturierungsansätze der verschiedenen Autoren und Institutionen, so erscheinen drei Abgrenzungskriterien im Kontext dieser Arbeit als besonders maßgebend und zielführend:

 

Erstens, die Unterscheidung von Gesetzesverstößen, die direkt gegen Bilanzrecht verstoßen und denen, die gegen Gesetze verstoßen, die das Bilanzrecht nicht betreffen.[24]

 

Als zweites Klassifizierungskriterium dient häufig die Frage nach dem Vorsatz des Täters. Wurde ein bestimmter Gesetzesverstoß begangen, weil sich der Täter persönlich bereichern wollte oder tat er es„für das Wohl des Unternehmens“? Wurden die Konsequenzen für die gesetzwidrigen Handlungen vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in Kauf genommen?[25]

 

Des Weiteren kann zwischen fraudulenten Handlungen von Mitarbeitern der oberen Führungsebene, dem sog. (Top-) Management-Fraud, und Verstößen derübrigen Mitarbeiter eines Unternehmens– Employee Fraud– unterschieden werden. Die Auswirkungen von Mitarbeiterdelikten sind in der Regel vergleichsweise gering, wenn man sie Verstößen auf Managementebene gegenüberstellt.[26] Aufgrund ihrer Machtposition und der damit verbundenen Verfügungsgewalt im Unternehmen, können Mitglieder der oberen Hierarchiestufen erheblich größere Schäden, z.B. durch Bilanzmanipulationen oder Falschinformation der Jahresabschlussadressaten, verursachen.[27]

 

In dieses Klassifizierungsmuster gilt es nun die geläufigsten Termini einzuordnen.

 

3.1.1 Unrichtigkeiten– Error

 

Das Institut der Wirtschaftsprüfer bezeichnet unbeabsichtigt falsche Angaben in Abschluss und Lagebericht als Unrichtigkeiten.[28] Beispielhaft werden hier Schreib- und Rechenfehler, unbewusst falsch angewendete Rechnungslegungsvorschriften und unabsichtlich fehlerhafte Einschätzungen genannt.[29]

 

Derartige Fehler im Rechnungswesen haben– unabhängig von ihren Ursachen– die Konsequenz, dass sowohl Abschluss als auch Lagebericht kein den Tatsachen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wiedergeben, sofern sie für die Gesamtaussage wesentlich sind.[30] Das IDW vertritt damit das gängige Begriffsverständnis.[31] Maßgebend für die Zuordnung einer Handlung zu den Unrichtigkeiten oder Fehlern ist der fehlende Vorsatz des Täters.

 

Eine der Hauptursachen für unbewusst fehlerhafte Rechnungslegung liegt in der Komplexität der Regelwerke selbst. Wachsende Unternehmen erfordern beispielsweise einmitwachsendes Rechnungswesen und nicht immer kann die personelle und fachliche Entwicklung mit der Expansion des Unternehmens Schritt halten.[32] Werden die erhöhten Anforderungen an das Rechnungswesen nicht erfüllt, so resultieren daraus möglicherweise Informationsdefizite und Fehlentscheidungen, die wiederum auch ein redliches Management in Bedrängnis bringen können.[33]

 

3.1.2 Verstöße– Fraud

 

Den unbewussten Fehlern stehen die bewussten Gesetzesverstöße gegenüber. Auch hierfür