: Jutta Allmendinger
: Verschenkte Potenziale? Lebensverläufe nicht erwerbstätiger Frauen
: Campus Verlag
: 9783593409566
: 1
: CHF 12.70
:
: Arbeits-, Wirtschafts- und Industriesoziologie
: German
: 198
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Die Erwerbsquote von Frauen liegt in Deutschland weiterhin deutlich unter der von Männern. Jutta Allmendinger untersucht, welche Lebensumstände dazu führen, dass Frauen sich vom Arbeitsmarkt zurückziehen. Sie zeigt, dass neben Familienstand und Kindern der zuletzt ausgeübte Beruf wesentlich die Dauer der Nichterwerbstätigkeit beeinflusst. Was aber tun die Frauen während dieser Zeit neben unbezahlter Haus- und Pflegetätigkeit? Welche Rolle spielen Ehrenämter, Umschulungen und Weiterbildung? Welche Frauen treten schließlich wieder in den Arbeitsmarkt ein? Das Buch veranschaulicht die Vielfalt an Lebenswegen, persönlichen Wünschen und Schwierigkeiten, die zur Nichterwerbstätigkeit führen. In persönlichen Porträts geben nichterwerbstätige Frauen zusätzlich Auskunft. Ein abschließender Blick auf die Rahmenbedingungen in anderen europäischen Ländern macht deutlich: Der Staat täte gut daran, typische Hindernisse auf dem Weg zurück ins Berufsleben zu beseitigen und den Frauen aktive Hilfe für den Wiedereinstieg anzubieten. Denn sie werden als qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht.

Jutta Allmendinger, geboren 1956, ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung und Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Bildungssoziologie, Soziologie des Arbeitsmarktes, soziale Ungleichheit und deren Auswirkungen auf die Lebensverläufe von Frauen. Sie ist Autorin und Herausgeberin zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien von ihr 'Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen heute leben wollen' (2009).
Kapitel 3 Schattenfrauen: Nicht erwerbstätige Frauen in Deutschland(S. 45-46)

Die Zahl ist hoch: 5,6 Millionen Frauen zwischen 25 und 59 Jahren sind in Deutschland nicht erwerbstätig.1 Dies entspricht einem Anteil von 28 Prozent aller Frauen in diesem Alter. Manch eine von ihnen wäre gerne berufstätig, kann aber keine Erwerbsarbeit aufnehmen, da sie im eigenen Haushalt unabkömmlich ist. Andere Frauen würden ebenfalls gerne arbeiten gehen, haben aberüber Jahre hinweg keinen passenden Job gefunden und sich mittlerweile frustriert zurückgezogen.

Da viele dieser Frauen keine staatlichen Leistungen erhalten, sind sie meistens nicht arbeitslos gemeldet. Julia gehört dazu. Wieder andere Frauen sind auf eine Erwerbstätigkeit dringend angewiesen. So auch Sabine, Julias Freundin aus Rostock. Sie hat sich vor kurzem von ihrem Mann scheiden lassen und sorgt seitdem allein für sich und ihren 13-jährigen Sohn, da der Exmann ihr den Unterhalt verweigert. Doch zurzeit ist sie arbeitslos und bezieht staatliche Leistungen. Es gibt weitere Fälle.

Einige Frauen wären gerne erwerbstätig, ihre Gesundheit lässt dies aber nicht (mehr) zu. So konnte die 55-jährige Monika nach einem Bandscheibenvorfall nicht mehr in ihrem Beruf als Altenpflegerin weiterarbeiten. Andere Frauen sind finanziell abgesichert, leben von ihrem Vermögen oder dem Einkommen des Ehemannes und wollen ganz einfach nicht erwerbstätig sein. Wir sehen, das Spektrum ist groß. All diese Frauen haben unterschiedliche Voraussetzungen, Erwartungen und Perspektiven. In diesem Kapitel berichten wir darüber. Ziel ist eine erste Bestandsaufnahme, bevor wir uns anschließend den Lebensverläufen dieser Frauen zuwenden.

Nicht erwerbstätige Frauen zwischen Staat, Markt und Familie


Welches Sozialprofil haben diese Frauen? Wir nutzen die Daten des Mikrozensus 2005 und orientieren uns an der Klassifikation des Statistischen Bundes amtes (StBa). Das StBa unterscheidet neben erwerbstätigen Frauen zwischen arbeitsuchenden Nichterwerbstätigen und reinen Nichterwerbspersonen. 2 Zu den erwerbstätigen Frauen gehören alle, die mindestens 15 Jahre alt und wenigstens eine Stunde in der Woche bezahlt beschäftigt sind. Arbeitsuchende sind nicht erwerbstätig, bemühen sich aber um eine Erwerbsarbeit. Sabine ist eine solche arbeitsuchende Frau.

Kathrin dagegen hat lange erfolglos versucht, wieder Arbeit als Tierarzthelferin zu finden. Dann gab sie es auf. Sie zählt zu den Nichterwerbspersonen. Von der Gesamtzahl nicht erwerbstätiger Frauen lassen sich 1,8 Millionen den arbeitsuchenden Nichterwerbstätigen zuordnen und 3,8 Millionen den Nichterwerbspersonen. Von allen nicht erwerbstätigen Frauen war knapp eine Million noch nie erwerbstätig. Unter den arbeitsuchenden Frauen finden sich 6 Prozent, die noch nie erwerbstätig waren, und bei den Nichterwerbspersonen 22 Prozent.
Inhalt6
Zur Entstehung des Buches8
Kapitel 1 Unentschieden: Frauen zwischen Beruf und Familie10
»Rückenwind für den Wiedereinstieg!«Pressemitteilung zum Start des Aktionsprogramms »Perspektive Wiedereinstieg«1423
Kapitel 2 Jenseits des Tellerrands:Ein europäischer Vergleich28
Kapitel 3 Schattenfrauen: Nicht erwerbstätige Frauen in Deutschland46
Kapitel 4 Spurensuche: Lebensverläufe nicht erwerbstätiger Frauen56
»So langsam ernte ich die Früchte« (Silke, 41)65
Kapitel 5 Brücken in die Zukunft: Der Beruf ist entscheidend68
»Man darf nur nicht resignieren« (Christine, 55)76
Kapitel 6 Arbeit ohne Lohn: Hausarbeit, Weiterbildung und freiwilliges Engagement80
»Ich baute dann meine Flötengruppen auf« (Elisabeth, 56)89
Kapitel 7 Pflaster auf der Wunde: Die Bundesagentur für Arbeit und die Perspektive Wiedereinstieg96
»Ich möchte nicht nur Familienobjekt sein« (Anne, 38)119
Kapitel 8 Geschafft: Der Wiedereinstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt124
»Mir fehlt nur noch eine Oma« (Nina, 36)136
Kapitel 9 Verschenkte Potenziale? Lebensverläufe nicht erwerbstätiger Frauen140
Anmerkungen150
Anhang164
Steckbriefe: Europäische Länder im Vergleich166
Nützliche Web-Adressen zum Thema Wiedereinstieg186
Weiterführende Literatur190
Dank198