Spiel am Werk Eine psychoanalytisch-begriffskritische Untersuchung künstlerischer Arbeitsprozesse
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Timo Storck
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Spiel am Werk Eine psychoanalytisch-begriffskritische Untersuchung künstlerischer Arbeitsprozesse
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Vandenhoeck& Ruprecht Unipress
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9783862341047
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1
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CHF 70.80
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Psychoanalyse
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German
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369
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Wodurch wird ein Künstler zum Künstler und ein Kunstwerk zum Kunstwerk? Künstlerische Prozesse können als spezifische Beziehungs- und Interaktionskonstellationen aufgefasst werden, in denen künstlerisch Tätige und künstlerische Objekte einander erst zu dem machen, was sie sind - eine Figur, die man psychoanalytisch als Subjektivierung auffassen kann. Dieses Buch blickt aus methodologischer, konzeptueller und methodisch-empirischer Sicht auf die Dynamik künstlerischer Bearbeitungsprozesse. Dazu sichtet der Autor zentrale Konzepte wie Fantasieren, Sublimierung, Übergangsobjekt, Identifizierung und Projektion und bezieht sie auf die Annahme einer künstlerischen Quasi-Subjektivierung des Materials. Die so explizierten Konzeptzusammenhänge hinterfragt er, indem er Gruppendiskussionen unter Künstlern multimethodal auswertet. Ergebnis ist, dass man künstlerisches Arbeiten verstehen kann als die material reflektierte Auseinandersetzung mit Fantasien über eine sich der umstandslosen Begegnung und Beziehung entziehende Subjektivität des Kunstwerks. Perspektivisch können also epistemologische und methodologische Konvergenzen künstlerischen und psychoanalytischen Arbeitens diskutiert werden. Ausgezeichnet mit dem Förderpreis der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung.
Dr. Timo Storck ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel und Stationspsychologe in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Klinikums Kassel.
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5. Empirie I: Methodisches Vorgehen, Erhebung und Strukturierung des Materials
(S. 153-154)
In künstlerischen Prozessen ist ein Spiel amWerk. Als Spiel weist künstlerische Tätigkeit Aspekte des Als-Ob, der Mehrdeutigkeit und Realitäts-Entrücktheit auf. Als Arbeit bedeutet sie Aspekte von Körperlichkeit, dadurch ermöglichte Lust, die interaktionsbedürftige Materialität des Beziehungsgegenübers, die Notwendigkeit von Fertigkeiten. Insofern beide Elemente aufeinander bezogen sind und einander bedingen, kann sich das Spezifikum künstlerischer Betätigung realisieren: Die material getragene Repräsentation von Beziehung im Kunstwerk, das somit als Quasi-Subjekt erlebt werden kann. Auf diese Weise wird konkretisiert, dass es gerade die reale und bearbeitete Materialität (und seine formale Beschaffenheit) des unbelebten Kunst-Objekts ist, welche es möglich macht, dieses als etwas zu erleben, was es nicht ist, nämlich Subjekt. Dadurch wird es zum Kunstwerk.
Folgt man den im zweiten Kapitel herausgearbeiteten Wegmarken psychoanalytischer Methodologie im Allgemeinen und der psychoanalytischen Konzeptforschung im Besonderen, so ist für die im Folgenden zu unternehmende Hinwendung zur Empirie zu konstatieren, dass gemäß psychoanalytischen Methoden- und Gegenstandsverständnis die empirischen Daten sich in ihrem Verhältnis der Kritik zum theoretischen Konzeptzusammenhang realisieren können müssen (vgl. Adorno 1966, X).
Der Stellenwert der Empirie kann daher weder der einer Illustration des theoretisch Erarbeiteten noch der einer diesbezüglichen Beweisführung sein. Vielmehr kann es einzig darum gehen, mittels psychoanalytischerMethode (und weiterenMethoden; s.u.) einen verstehenden Zugang zu den Beziehungsszenen zu gewinnen, die das Material anbietet und thematisiert, und diese im Rahmen des konzeptuellen Zusammenhangs als verständliche Realisierungen abstrakt-konzeptueller Möglichkeiten erklärbar werden zu lassen. Nicht unberücksichtigt bleiben darf dabei, dass sich psychoanalytische Konzepte im Sinne einer begrifflichen Identifizierung dynamisch unbewusster Zusammenhänge verdächtig machen, wenn es mit dem Verstehen allzu›reibungslos‹ läuft.
Ich möchte kurz skizzieren, wie im empirischen Teil multi-methodal und methodisch explorativ vorgegangen wurde, bevor ich eine eingehendere Beschreibung der verwendeten Methoden folgen lasse. 5.1 Darlegung des methodischen Vorgehens Als Datengrundlage der vorliegenden Untersuchung dienen Transkripte sogenannter›Werkstattgespräche‹ unter bildenden Künstlern und Kunstinteressierten in einer Hamburger Kunstgalerie. Das empirische Datenmaterial lag in großen Teilen bereits vor Beginn der Untersuchung vor. Hierbei handelt es sich umTonbandaufzeichnungen der seit ca. 1984 in einerHäufigkeit von etwa 4–6x/ Jahr durchgeführten Gruppendiskussionen.
Diese finden bis heute in der Regel vier Tage nach den in der gleichen Frequenz stattfindenden Ausstellungseröffnungen statt und ihre Dauer istüblicherweise auf 90 Minuten begrenzt. Zu deröffentlichen Abendveranstaltung im Ausstellungsraum der Galerie finden sich etwa acht bis 15 Besucher ein, darunter die drei Kuratoren der Galerie und der ausstellende Künstler. Um den Umfang des Materials zu begrenzen, habe ich mich (mit einer Ausnahme) in der Auswahl der Tonbandaufzeichnungen auf den Zeitraum 2004–2008 beschränkt. Die zeitliche Begrenzung der Materialauswahl gewährleistet eine genügende Homogenität der Diskutierenden-Gruppe. Zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 habe ich an Werkstattgesprächen selbst teilgenommen1."
Inhalt
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Hinweise zur Zitation
9
1. Einleitung
11
2. Zur Begründung der Psychoanalyse als Wissenschaft
23
2.1 Zum psychoanalytischen Gegenstands- und Methodenverständnis
25
2.2 Zum methodologischen Verhältnis konzeptueller und empirischer Forschung in der Psychoanalyse
43
3. Fantasie und Fantasieren in der Psychoanalyse
55
3.1 Einige Bemerkungen zu den Konzepten der unbewussten Fantasie und der psychischen Realität
64
3.2 Freuds Der Dichter und das Phantasieren: Entwicklung der Problemlage
70
4. Spiel und Arbeit: Der künstlerische Prozess als Objektbeziehung
87
4.1 Möglichkeitsraum und Übergangsobjekt
88
4.2 Der psychoanalytische Sublimierungsbegriff
99
4.3 Künstlerische Wiederholungsarbeit als Grundlage von Originalität
112
4.4 Künstlerisches Arbeiten als Subjektivierung
120
4.5 Zur Bedeutung der entwicklungspsychologischen Konzepte Identifizierung und Projektion für ein psychoanalytisches Verständnis künstlerischer Arbeitsprozesse
123
4.6 Die Opus-Fantasie als Repräsentanz der künstlerischen Beziehung
139
4.7 Zum Verhältnis von künstlerischer Arbeit und dynamisch Unbewusstem
147
4.8 Zusammenfassung: Spiel am Werk im künstlerischen Prozess
151
5. Empirie I: Methodisches Vorgehen, Erhebung und Strukturierung des Materials
155
5.1 Darlegung des methodischen Vorgehens
156
5.2 Empirisches Setting
175
5.3 Entwickelte Kategorien
177
6. Empirie II: Auswertung
189
6.1 Horizontale Auswertung
189
6.2 Vertikale Auswertung
287
7. Zur Skizze einer negativen Hermeneutik und eines Missverstehens des Leibes in der Psychoanalyse
335
Literatur
351