Kapitel 1
»Das ist interessant.« Nicholas griff zugleich nach der Brandykaraffe und goss einen großzügigen Schluck in das Glas, das neben seinem Ellbogen stand. Er stellte die Flasche ab und überflog erneut den Pergamentbogen in seiner Hand. Die Rückkehr nach London nach diesem anspruchsvollen, aber durchaus erfolgreichen Tag mit dem Sport der Könige hatte ihn in gute Laune versetzt. Diese wurde durch den Sieg und die sich daraus ergebende Feierlichkeit noch besser. Ein Rückzug in sein Refugium schien ihm jetzt aber angebracht. Dieser Raum war in vielerlei Hinsicht sein Rückzugsort, auch wenn er übermäßig viel Zeit damit zubrachte, hier zu arbeiten.
Das Zimmer erinnerte ihn an seinen Vater. Dies war wohl eine sentimentale Seite an ihm, die er nie jemandem offenbaren würde, aber er hatte nichts darin verändern lassen. Derselbe Teppich bedeckte den polierten Boden und war an der Stelle ausgeblichen, an der die Sonne schon seit vielen Jahren durch das zweiflügelige Fenster fiel. Der Schreibtisch war ebenso unordentlich und übervoll. Bücher standen in den Eichenholzregalen neben der Feuerstelle und verbreiteten den vertrauten Duft von langsam vermoderndem Leder und vergilbendem Papier.
»Was ist interessant? Hat es mit den Rennen zu tun?« Ihm gegenüber hob Derek Drake, der Earl of Manderville, eine dunkelblonde Braue und rutschte tiefer in seinen Sessel. Wie immer war Derek nach der neuesten Mode gekleidet. Die maßgeschneiderte Kleidung saß perfekt an seinem schlanken Körper. Die glänzenden Reitstiefel gekreuzt, lehnte er sich im Sessel zurück und schien sichtlich entspannt. Sein schmales Gesicht zeigte nur leise Neugier. »Nick, deine Pferde haben sich heute selbst übertroffen. Bestimmt ist das für dich keine schreckliche Überraschung. Nicht, dass ich etwas dagegen habe. Ich habe eine hübsche Summe auf das letzte Rennen gesetzt, weil du mir dein Wort gegeben hast, dass Satan in ausgezeichneter Form ist. Danke für den Hinweis.«
»Immer wieder gern. Aber das ist es nicht, was mich überrascht.« Nicholas verhielt sich nicht so abwertend, weil ihm die Galopprennen nichts ausmachten – seine Rennpferde waren seine Leidenschaft, und er liebte den Wettkampf so sehr, dass es fast schon eine persönliche Schwäche war. Aber die enge Schrift auf dem Papier in seiner Hand fesselte ihn mehr. Er blickte auf und hielt das Schreiben mit zwei Fingern weit von sich. »Schau dir das an, Derek.«
Sein Freund nahm das gefaltete Stück Papier, und sein Interesse wuchs sichtlich, während er die Worte studierte. Wie auch Nicholas zuvor, las Derek den in akkurater Handschrift verfassten Brief zweimal, ehe er aufblickte. »Nun, das klingt vielversprechend, nicht wahr?«
»Es ist nicht unser erstes Angebot.« Nicholas nahm einen Schluck von dem französischen Brandy, der sich in seinem Mund wie warme Seide anfühlte. Da der Brandy eingeschmuggelt werden musste, hatte Nicholas ein kleines Vermögen dafür bezahlt, doch er war das Geld durchaus wert. »Aber ich muss gestehen, mir gefällt die direkte Art der Lady.«
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