: Marian Adolf, Dirk Baecker, Alexander Brink, Ulrich Bröckling, Tanja Dückers, Wolfgang Fach, Jürgen
: Ludger Heidbrink, Peter Seele
: Unternehmertum Vom Nutzen und Nachteil einer riskanten Lebensform
: Campus Verlag
: 9783593408422
: 1
: CHF 17.70
:
: Arbeits-, Wirtschafts- und Industriesoziologie
: German
: 248
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
In der aktuellen Wirtschaftskrise stehen Manager und Aufsichtsräte wegen ihrer vermeintlichen Profitgier am Pranger. Gleichzeitig breitet sich eine neue Kultur des Entrepreneurships aus, in der jeder Einzelne Verantwortung übernehmen soll. So hat das Leitbild des Unternehmertums in viele Lebensbereiche Einzug gehalten. In der Verwaltung spricht man vom New Public Management, an Universitäten und in Krankenhäusern werden Leistungs- und Qualitätskriterien angelegt. Die Autorinnen und Autoren des Bandes setzen sich anhand dieser und anderer Beispiele mit den Erfolgen unternehmerischen Handelns ebenso auseinander wie mit dessen Entgleisungen. Sie machen deutlich, wo die Chancen einer Gesellschaft liegen, die auf das Prinzip unternehmerischer Verantwortung setzt - und wo diesem Grenzen gesetzt werden müssen. Mit Beiträgen von Dirk Baecker, Alexander Brink, Ulrich Bröckling, Tanja Dückers, Wolfgang Fach, Jürgen Kaube, Georg Kohler, Anton Landgraf, Sven Murmann, Werner Plumpe, Birger P. Priddat, Thomas E. Schmidt, Nico Stehr und Dieter Thomä

Peter Seele ist Assistenzprofessor am Zentrum für Religion, Wirtschaft, Politik (ZRWP) der Universität Basel.

Über die Verantwortung der Unternehmen (S. 153-154)

Dirk Baecker

I.

Worin besteht die Verantwortung der Unternehmen? Adam Smith (1978: 406f.) wäre bereits von der Fragestellungüberrascht gewesen. Wie kann man die Verantwortung von Unternehmen in Frage stellen, die Produkte zu Preisen anbieten, die von Kunden bezahlt werden, die Arbeitsplätze zu Löhnen anbieten, die von Arbeitnehmern akzeptiert werden, die auf Produktionsverfahren zurückgreifen, die den Sicherheitsanforderungen genügen, die von Behörden aufgestellt worden sind, und die ihren Verträgen eine Rechtsform geben, die vor Gericht jederzeitüberprüft werden kann?

Allenfalls hätte er die Frage zurückgegeben und die Gesellschaft und ihre kritischeÖffentlichkeit an ihre Verantwortung dafür erinnert, sich von den das unternehmerische Handeln begleitenden»eigennützigen Sophistereien der Kaufleute und Unternehmer« nicht den»gesunden Menschenverstand« verwirren zu lassen. Solche Sophistereien waren für ihn vor allem dann zu beobachten, wenn Unternehmen zur Sicherung ihrer eigenen Absatzmärkte für die Einschränkung des Wettbewerbs im Allgemeinen und des Freihandels im Besonderen plädieren.

Damit ist unternehmerisches Handeln doppelt thematisiert. Zum einen handeln Unternehmen gegenüber Kunden, Arbeitnehmern, Geldgebern und Aufsichtsorganen zwangsläufig verantwortlich, weil andernfalls ihr Erfolg gefährdet wäre. In diese Verantwortung gegenüber den so genannten stakeholdern ist bereits sehr viel von dem eingebettet, was man dann auch gesellschaftliche Verantwortung nennen könnte. Denn wer soll diese Gesellschaft sein, wenn nicht die der Kunden, Arbeitnehmer, Geldgeber und Aufsichtsorgane? Und auch die Instrumente, mit denen dafür gesorgt wird, dass diese Verantwortung ernst genommen wird, sind denkbar scharf.

Die Kunden können wegbleiben oder nicht mehr bereit sein, die hohen Preise zu zahlen. Die Arbeitnehmer können höhere Lohnforderungen stellen und streiken. Die Geldgeber können ihr Kapital zurückziehen oder höhere Zinsen fordern. Und die Aufsichtsorgane haben die Durchsetzungsmacht des Staates auf ihrer Seite. 

Inhalt6
Einleitung: Vom Nutzen und Nachteil des Unternehmertums – Ludger Heidbrink und Peter Seele8
Zur Genealogie des Unternehmertums26
Händler, Unternehmer, Kapitalist und Manager – Zur Typologie des Wirtschaftsmenschen – Georg Kohler28
Funktionen der Unternehmerschaft – Fiktionen, Fakten, Realitäten – Werner Plumpe44
Über die vergangene Zukunft des Unternehmerischen – Walther Rathenau und die wirtschaftliche Gegenwart – Sven Murmann62
Unternehmertum zwischen Rebellion und Innovation76
Was unternimmt ein Unternehmer? Jérome Kerviel – Steve Jobs – Joseph Ryder – Adolf Merckle – Wolfgang Fach78
Enthusiasten, Ironiker, Melancholiker – Vom Umgang mit der unternehmerischen Anrufung – Ulrich Bröckling89
Künstlerunternehmer: Von der Kulturindustrie zur Kreativwirtschaft – Tanja Dückers und Anton Landgraf98
Unternehmer als Cultural Entrepreneurs – Birger P. Priddat116
Markt, Risiko und Moral128
Das riskante Unternehmer-Netzwerk – Alexander Brink130
Über die Verantwortung der Unternehmen – Dirk Baecker154
Unternehmen, Markt und Moral: Zu einer neuen politischen Ökonomie – Nico Stehr und Marian Adolf179
Zukunftsperspektiven des Unternehmertums198
Auf der Suche nach der Moral des Kapitalisten – Dieter Thomä200
Die Universität als Unternehmen – Zur Ökonomisierung der Hochschulen – Jürgen Kaube227
Was kommt nach der Krise? Abschied oder Wiederkehr der Deutschland AG – Thomas E. Schmidt233
Autorinnen und Autoren246