: Gernot Gricksch
: Freilaufende Männer
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426555040
: 1
: CHF 7.00
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: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Ich bin kein Das-Glas-ist-halb-voll-Typ, auch kein Das-Glas-ist-halb-leer-Mensch Das wäre zu simpel. Ich bin eher ein Das-Glas-ist-zwar-hübsch-aber ein-bisschen-dreckig- und-das-Zeug-darin-schmeckt-i gendwie-seltsam-Mann.« Thomas hat keine Ahnung, was er mit seinem Leben anfangen soll - dafür aber als leidenschaftlicher Hypochonder einen eingebildeten Herzinfarkt pro Woche. Seinen besten Freunden Jens und Malte geht es nicht viel besser. Darum wollen die drei Midlife-Crisis-Opfer an einem nordschwedischen See gemeinsam ausspannen, grillen, angeln, die Seele baumeln lassen. Ein Männerurlaub eben, ganz ohne Stress und Komplikationen. Doch dann taucht eine Frau auf. Kurz darauf noch eine. Und schon haben drei freilaufende Männer ein gewaltiges Problem ... Freilaufende Männer von Gernot Gricksch: als eBook erhältlich!

Gernot Gricksch, geboren 1964, ist Kolumnist, Kinokritiker und Autor von Romanen, Sachbüchern und Drehbüchern. Er ist einer der meistverfilmten deutschen Autoren und lebt mit seiner Familie in Hamburg. Gernot Gricksch versteht es wie kaum ein anderer deutscher Unterhaltungsautor, sein Publikum zum Lachen zu bringen, zu Tränen zu rühren und dabei so einiges über das Innenleben von Männern zu verraten, was »echte Kerle« nur zu gerne für sich behalten und viele Frauen gerade deswegen hochspannend finden. Zu Gernot Grickschs größten Erfolgen gehören »Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande« und »Freilaufende Männer«. Sein Roman »Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe« wurde 2006 mit dem Literaturpreis DeLiA als bester Liebesroman des Jahres ausgezeichnet, die eigene Drehbuchadaption mit dem Norddeutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis. Nach »Freilaufende Männer« wurde 2012 der Roman »Das Leben ist nichts für Feiglinge« mit Wotan Wilke Möhring verfilmt.

1. Kapitel


Einen Monat bevor mein Körper mich in einer Hamburger Kneipe so schmählich im Stich lassen wird, schien die Welt noch halbwegs in Ordnung. Keiner von uns dreien ahnte, was das Leben für uns in der nahen Zukunft an heimtückischen Überraschungen bereithalten sollte.

Exakt achtundzwanzig Tage vorher, vier Samstage vor meinem Kneipenkollaps, spielten Jens, Malte, mein unzuverlässiger Körper und ich sogar Squash. Wir sind kein eingeschworenes Sportlertrio oder so etwas. Es war eine spontane Idee. Malte hatte den Court in seinem Stamm-Squashclub einfach mal für eineinhalb Stunden gebucht, damit wir drei Männer uns ohne Zeitdruck und im steten Wechsel die Bälle um die Ohren schlagen konnten.

Ich hatte schon seit Jahren nicht mehr gesquasht. Ich erzähle zwar oft, wie gern ich mich mal richtig auspowere, mache es dann aber tatsächlich so gut wie nie. Bereits wenn ich fünfzehn Minuten auf dem Trainingsfahrrad strample, sehe ich so rot aus wie eine Tomate und halte Jan Ullrich für den bewundernswertesten Menschen der Welt. Ich stelle den Schwierigkeitsregler meines Trainingsfahrrads ja nicht mal aufBergauf. Ich bin eineFlachland-Lusche.

Jens ist schon ein wenig fitter. Er hat bis vor fünf Jahren regelmäßig Racketball gespielt. Doch dann musste er sein Hobby aufgeben: Er hat eine eigene Fahrschule, eine Frau und drei Kinder. Was er deshalb nicht hat, ist Zeit. Jedenfalls nicht für Sport.

»Okay, Mädels!«, lachte der fast schon obszön sportliche Malte und klopfte mit dem Schläger auf die Seitenwand des Courts. »Wer will zuerst von mir abgebügelt werden?« Er trug sündhaft teure Nike-Sportschuhe, eine perfekt sitzende Sporthose, ein enges, seinen im Fitnessstudio gestählten Oberkörper betonendes Marken-T-Shirt und ein Stirnband, das sein schwarzes, gegeltes Haar im Zaum hielt. Sein Schläger sah ebenfalls ziemlich teuer aus. Natürlich tat er das.

Ich dagegen trug eine 19,95-Euro-Jogginghose, meine schon ziemlich abgeschabten Adidas-Laufschuhe und ein T-Shirt derPowerpuff Girls. DiePowerpuff Girls sind eine Zeichentrickserie für Kinder. Es ist keineswegs so, dass ich morgens um 7 Uhr 40 Super-RTL einschalte, um mir die drei Mangamädels anzuschauen. Tatsächlich habe ich die Sendung noch nie in meinem Leben gesehen. Ich fand nur das Wort so lustig, dass ich das T-Shirt einfach kaufen musste.Powerpuff! Wie ein Bordell, in dem man sich anstrengen muss.

Ich drehte den Schläger, den ich am Tag zuvor nach einigem Wühlen im Keller wiedergefunden hatte, in der Hand und sah Jens an: »Mach du mal zuerst. Ich guck euch zu und versuche, mich dabei an die Regeln zu erinnern.«

»Du willst ja bloß, dass ich außer Atem bin, wenn du ins Spiel kommst«, lachte Malte. »Aber das wird dir auch nichts bringen! Dich würde ich auch noch besiegen, wenn ich schon am Tropf hänge!«

Jens seufzte. Manchmal nervte ihn Maltes Großmäuligkeit. Er holte seinen Racketballschläger aus der Hülle.

»Was willst du denn damit?«, fragte Malte erstaunt.

»Damit kann man auch Squash spielen«, entgegnete Jens. »Kein Grund, sich für teures Geld einen Squashschläger zu leihen oder zu kaufen.« Jens ist ein sparsamer Mensch. Muss man wohl auch sein, wenn man eine Fahrschule hat. Und eine Frau. Und drei Kinder.

»Na, wenn du meinst … aber jetzt mal los, los«, trieb Malte ihn an. »Können wir endlich mal loslegen?«

Jens seufzte noch einmal. Als er sein schlichtes blaues T-Shirt in den Hosenbund der Shorts steckte, zeichnete sich sein Bauchansatz ab. Wir wurden eben alle nicht jünger.

Mit Jens war ich befreundet, seit ich denken kann. Wir waren schon zusammen auf der Schule. Malte dagegen kannte ich erst seit gut zwei Jahren. Er war Geschäftsführer derTV-ProduktionsfirmaPunchline Entertainment, für die ich als freier Autor arbeitete. Ich versorgte ihn mit launigen Sketchen und Blödelmonologen für eine von ihm produzierte Comedyshow. Streng genommen war mein Kumpel also gleichzeitig mein Boss. Jens und Malte hatten sich erst vor vier Monate kennen gelernt. Wegen Schweden.