: Daniel Hope
: Wann darf ich klatschen? Ein Wegweiser für Konzertgänger
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644004719
: 1
: CHF 10.00
:
: Klassik, Oper, Operette, Musical
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Klassische Musik mögen viele. Aber gerade dort, wo man sie in ihrer ganzen Schönheit «live» und authentisch erleben kann, im Konzertsaal, fühlen sich manche fremd und unbehaglich. Das liegt nicht zuletzt an überkommenen Traditionen und Ritualen, die sich dem Laien nur schwer erschließen. Der Stargeiger Daniel Hope begegnet bei seinen Konzerten immer wieder vielen Fragen: Warum werden die Instrumente nach dem Oboen-Ton gestimmt? Wieso gibt der Dirigent zu Beginn nur dem Konzertmeister die Hand? Weshalb wird mal mit, mal ohne Noten gespielt? Woher kommt der Frack als Dienstkleidung der Orchester? Was macht der Geiger, wenn ihm eine Saite reißt? Und wer hat eigentlich bestimmt, dass man zwischen den Sätzen einer Sinfonie nicht klatschen darf? Dies sind nur einige der Fragen, auf die das Buch Antworten gibt. Daniel Hope lädt ein zu einem vergnüglichen und lehrreichen Ausflug hinter die Kulissen des Konzertbetriebs.

Der Geigenvirtuose Daniel Hope wurde 1974 in Durban/Südafrika geboren und ist in London aufgewachsen. Er nahm Unterricht unter anderem bei Yehudi Menuhin. Von 2002 bis 2008 war er Mitglied des Beaux Arts Trios. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, darunter mehrfach mit dem Klassik-Echo.

RICH PEOPLE’S MUSIC?


«Musik zu hören ist zweifellos eine der

extravagantesten Arten, sein Geld auszugeben.»

Mauricio Kagel, Komponist

Vor einiger Zeit war ich zu einem kurzen Gastspiel in San Francisco, und der Terminplan war sehr eng. Ein paar Stunden nach der Ankunft die ersten Proben, zwei Tage später das Konzert und am Morgen danach schon wieder die Abreise. Als ich aus dem Hotel kam, war mein Gepäck bereits im Taxi verstaut. Bis auf die Geige. Sie trug ich wie immer über meiner Schulter. Seit ich sie mitsamt Geigenkasten vor Jahren mal in einem Restaurant vergessen und vor Schreck fast einen Herzinfarkt erlitten hatte, lasse ich sie keine Sekunde mehr aus den Augen. Nicht auszudenken, wenn ich sie damals nicht wiedergefunden hätte! Eine Januarius-Gagliano-Violine von 1769. Fünfzehn Jahre habe ich daran abbezahlt.

Dem Taxifahrer, etwa in meinem Alter, fiel sie sofort auf. Nachdem ich eingestiegen und er losgefahren war, rief er, um die Popmusik aus dem Radio zu übertönen, nach hinten: «In welcher Band spielen Sie?» Anscheinend hielt er mich für einen Pop-Musiker. Erst wollte ich so tun, als hätte ich die Frage nicht gehört. Ich war hundemüde, hatte kaum geschlafen, weil es nach dem Konzert einen Empfang und anschließend noch eine wilde Party gab, und hatte nicht die geringste Lust, mich zu unterhalten.

Aber ich wollte nicht unfreundlich wirken. «In keiner Band», klärte ich ihn auf, «ich spiele klassische Musik.» Er verdrehte die Augen und schaltete sofort das Radio aus. Dabei beobachtete ich ihn im Rückspiegel und sah, dass sein Ausdruck etwas ironisch wurde: «Aha, I see. Rich People’s Music!»

Ich weiß nicht, wieso, aber die Bemerkung ärgerte mich. Wieder eines dieser üblichen Vorurteile. Wahrscheinlich sagt er gleich auch noch, dass Klassik unmodern und muffig ist, dachte ich. Sollte ich eine Diskussion anfangen? Eigentlich nicht. Aber da fiel mir die Idee mit dem Buch ein, für das ich immer noch Stoff sammelte. Vielleicht würde sich ja etwas Brauchbares ergeben. Also gab ich mir einen Ruck, beugte mich nach vorn, und schon waren wir mitten im Gespräch.

Larry, so hieß der Taxifahrer, hatte seine festgefügten Ansichten, über die Kirche, die Wall Street und über Obama, aber auch über Musik, und er vertrat sie wortreich und ziemlich intelligent. Er hatte ursprünglich Anwalt werden wollen, sein Studium aber an den Nagel gehängt, als sein Vater starb und er als Ältester für die Familie sorgen musste. Als Kind, erzählte er stolz, hatte er für kurze Zeit Klavierstunden, konnte sogar mit einiger Mühe das Albumblatt «Für Elise» spielen. Aber dann reichte das Geld nicht mehr für den Unterricht, und seitdem hatte er mit Beethoven und Klassik nicht mehr viel im Sinn, höchstens dass er gelegentlich im Auto den örtlichen Klassiksender einschaltete oder zu Hause eine von den alten Opernplatten auflegte, die ihm sein Dad hinterlassen hatte. In Konzerte ging er nie, viel zu teuer, nicht seine Gehaltsklasse. Die Musik der Reichen eben.

Wenn ich an die gesalzenen Preise dachte, die man in Amerika und auch anderswo für Konzert- und Opernkarten bezahlen muss, konnte ich kaum widersprechen. Zumindest wenn die großen Stars auftreten, sind Tickets für Normalverdiener kaum noch erschwinglich.

ES GIBT DOCH ALLES AUF CD

Aber Larry fand das nicht weiter schlimm. Arm und Reich gab es ja immer, in Amerika sowieso. Wenn man unbedingt Mozart oder Beethoven oder sonst wen hören will, meinte er, legt man einfach eine CD auf oder lädt sich Aufnahmen aus dem Netz herunter. Man spart nicht nur einen Haufen Geld, sond