: Christian Papsdorf
: Wie Surfen zu Arbeit wird Crowdsourcing im Web 2.0
: Campus Verlag
: 9783593407500
: 1
: CHF 17.70
:
: Arbeits-, Wirtschafts- und Industriesoziologie
: German
: 201
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Wer heutzutage im Internet surft, wird immer häufiger zum »Mitmachen« aufgefordert. User können hier eine Bewertung abgeben, dort eine Idee posten, an einem Designwettbewerb teilnehmen oder ein Logo erstellen. In der Summe vollbringen diese arbeitenden User, oft ohne es zu wissen, wertschöpfende Tätigkeiten von hoher ökonomischer Bedeutung. Dieses als »Crowdsourcing« umschriebene Phänomen ist in seiner Dynamik und Bedeutung gegenwärtig noch nicht abschätzbar. Gleichwohl bietet das vorliegende Buch einen beispielreichen Überblick über verschiedene Arten von Crowdsourcing sowie eine Analyse der Entstehung, Eigenschaften und Wirkung des jungen Phänomens.

Christian Papsdorf ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Technischen Universität Chemnitz.
Ansatzpunkte für die 'Entdeckung' des neuen Phänomens Die folgende Studie verfolgt im Wesentlichen zwei Fragestellungen: Zum einen gilt es, ein umfassendes Verständnis des jungen Phänomens zu erarbeiten, und zum anderen werden spezifische Aspekte, wie die Frage nach der Motivation der Crowdsourcees, einer theoretischen Betrachtung unterzogen. Es wird also im ersten Teil des Buches danach gefragt, was Crowdsourcing im Detail ausmacht. Ausgehend davon, dass bisher nur einzelne und nur bedingt konsistente Definitionen des Gegenstandes vorliegen, ist zunächst die Vielzahl an Fällen von Crowdsourcing zu kategorisieren und zu strukturieren. Daraus wird eine Gegenstandsbeschreibung mit Kernmerkmalen des Phänomens und eine Abgrenzung zu ähnlichen Phänomenen entwickelt. Als zweiter Aspekt folgt eine theoretische Verortung von Crowdsourcing im Sinne eines analytischen Zugangs. Die Diskussion grundlegender Arbeiten zur nachindustriellen Informationsgesellschaft ermöglicht dabei als ersten Schritt eine gesellschaftstheoretische Einbettung. Daraufhin wird Crowdsourcing aus Unternehmens- und aus Userperspektive untersucht. Ziel ist es, Entwicklungen aufzuzeigen, die zur Entstehung von Crowdsourcing-Phänomenen geführt haben und diese damit zumindest partiell zu erklären. Den Gegenstand des zweiten Teils der Arbeit bildet die Frage nach den Gründen, warum Individuen an - aus rationalen Gesichtspunkten mit einer ungünstigen Kosten-Nutzen-Bilanz versehenen - Crowdsourcing-Projekten teilnehmen. Die bisher im Kontext von FLOSS-Projekten, der Mitarbeit in kommerziellen Unternehmen (Bateson 1985; Michel 2000; Voswinkel 2000) und auch von Selbstbedienungstechnologien (Dabholkar 1996; Dabholkar u.a. 2003; Meuter u.a. 2000) untersuchten Aspekte bilden hierzu erste Ansatzpunkte. Dieser Schritt stellt den Versuch dar, einen den Einzelaspekten übergeordneten theoretischen Zugang zur Frage der Partizipation zu schaffen. Hierzu wird angenommen, dass es spezifische kulturelle Faktoren sind, die Subjekte zur Teilnahme bewegen. Die These eines kulturellen Leitmotivs, das die Partizipation sichert, wird in der Folge in zwei Stränge differenziert. Zunächst ist auf das Konzept des 'Neuen Geist des Kapitalismus' von Luc Boltanski und Eve Chiapello (2003) zurückzugreifen. Die Autoren beschreiben dabei den Kapitalismus als ein normatives System, dem es fortwährend gelänge, die gegen ihn vorgebrachte Kritik in sich zu integrieren und somit Individuen kontinuierlich zu motivieren, am (kapitalistischen) Akkumulationsprozess teilzunehmen. Ausgehend von der Sozial- und Künstlerkritik der 1960er Jahre stellen Boltanski und Chiapello in ihrer Studie fest, dass sich der Kapitalismus vor allem aufgrund der Entfremdungskritik in Richtung Flexibilität, Mobilität, Kreativität und Eigenverantwortung für die Arbeitnehmer gewandelt habe. Der dem Künstlerleben entlehnte Zugewinn an Freiheit im weitesten Sinne (zu weiten Teilen zu Lasten der Sicherheit) führe so unter anderem zum Wandel von einem Konzern- zu einem in der projektbasierten Po
Inhalt6
Vorwort von G. Günter Voß12
1 Einleitung24
2 Crowdsourcing – eine neue Form der Arbeitsorganisation38
2.1 Phänomenologie fünf exemplarischer Fälle39
2.1.1 Dell IdeaStorm40
2.1.2 InnoCentive43
2.1.3 Spreadshirt45
2.1.4 CrowdSpirit47
2.1.5 BILD Leserreporter50
2.1.6 Zwischenbetrachtung52
2.2 Modi der Integration von Usern in Unternehmen53
2.2.1 Der offene Ideenwettbewerb54
2.2.2 Der ergebnisorientierte virtuelle Microjob57
2.2.3 Die userdesignbasierte Massenfertigung59
2.2.4 Die auf Userkollaboration basierende Ideenplattform62
2.2.5 Die indirekte Vernutzung von Usercontent63
2.2.6 Integrationsmodi und Arbeitsgegenstände67
2.3 Konzeptualisierung69
2.3.1 Definition und Konzept70
2.3.2 Angrenzende Phänomene im Internet74
3 Ortsbestimmung eines jungen Phänomens78
3.1 Gesellschaftstheoretische Einbettung78
3.1.1 Versuch einer Theorie der Informationsgesellschaft79
3.1.2 Daniel Bell – Die postindustrielle Gesellschaft82
3.1.3 Manuel Castells – Das Informationszeitalter84
3.1.4 Schlussfolgerungen für Crowdsourcing89
3.2 Unternehmenszentrierte Interpretationen der Entstehung von Crowdsourcing94
3.2.1 Systemische Rationalisierung als betriebliche Strategie94
3.2.2 Mass Customization98
3.2.3 Von Open zu User Innovation101
3.2.4 Interaktive Wertschöpfung104
3.2.5 Fazit oder: Outsourcing neu erfinden106
3.3 Userzentrierte Interpretationen der Entstehung von Crowdsourcing: Der Arbeitende Kunde110
3.3.1 Die Entwicklung des aktiven Konsums111
3.3.2 Die These eines neuen Typus Konsument114
3.3.3 Crowdsourcing – konzeptionelle Erweiterungen des Arbeitenden Kunden?116
3.3.4 Exkurs: Kreative Klasse, Ideenwirtschaft und digitale Bohème120
3.3.5 Fazit: Von geschickter Nutzung und Vernutzung125
4 Userpartizipation und -motivation aus kultursoziologischer Perspektive127
4.1 Ein neuer Geist des Kapitalismus130
4.1.1 Die projektbasierte Polis als Resultat der Künstlerkritik134
4.1.2 Der Geist in Aktion – Crowdsourcing und die projektbasierte Polis138
4.1.3 Crowdsourcing: Sozialkritik war gestern144
4.2 Die spezifische Kultur des Internets146
4.2.1 Techno-Eliten und FLOSS-Aktivisten148
4.2.2 Hacker-Kultur und Online-Arbeitsethik151
4.2.3 Von virtuellen Gemeinschaften zum Web 2.0155
4.2.4 E-Business, Internetökonomie und Prosumerismus159
4.2.5 Internetkultur und die Partizipation an Crowdsourcing163
5 Diskussion169
5.1 Arbeiten statt Surfen170
5.2 Crowdsourcing als Herausforderung für die Arbeitssoziologie173
5.3 Crowdsourcing aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive178
6 Schlussbetrachtung181
Literatur189