: Franziska Steinhauer
: Seelenqual Peter Nachtigalls zweiter Fall
: Gmeiner-Verlag
: 9783839232828
: Hauptkommissar Peter Nachtigall
: 1
: CHF 9.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Als eine junge Frau am Morgen nach einer Party erstochen in ihrer Wohnung aufgefunden wird, scheint die Lösung des Falls zunächst recht einfach: Die Gäste entstammten alle der Cottbuser Parkyszene, offensichtlich war die Situation im Alkohol- und Drogenrausch eskaliert. Doch im Zuge der Ermittlungen tauchen immer mehr Verdächtige auf, von denen jeder ein ausreichendes Motiv für einen Mord gehabt hätte - aber nichts ist greifbar oder verwertbar. Dann erhält Hauptkommissar Peter Nachtigall einen Hinweis, der den Fall in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt, und ihm bleibt nur noch wenig Zeit, um weitere Morde zu verhindern ...

Franziska Steinhauer ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt seit 1993 in Cottbus. Nach dem Abitur studierte sie Pädagogik. Seit 2004 arbeitet sie als freie Autorin. Die Schwerpunkte ihrer literarischen Tätigkeit sind Kriminalromane und Kurzgeschichten, in und um Cottbus und den Spreewald. 2014 hat sie außerdem ein Studium in Forensik (M.Sc.) an der Technischen Universität Cottbus abgeschlossen. Das hierdurch erworbene Wissen setzt sie ein, um die in ihren Krimis beschriebenen kriminaltechnischen Untersuchungen und die Rekonstruktion von Tathergängen realitätsgetreu darzustellen. Ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane ermöglichen tiefe Einblicke in das pathologische Denken und Agieren des Täters. Mit Geschick verknüpft sie mörderisches Handeln mit Lokalkolorit und dem Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen.

3


 

Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall sah dem Arzt über die Schulter, der den leblosen Körper gründlich untersuchte.

»Ich denke, sie ist verblutet. Die einzelnen Stiche waren jeder für sich nicht tödlich. Insgesamt hat der Täter sechsmal zugestochen.« Dr. Manz, ein junger Mann mit lockigem, dunklen Haar und unzähligen Fältchen um Augen und Mund, deutete auf einige deutlich sichtbare Verletzungen am Oberkörper des Opfers.

Nachtigall nickte kurz. Was für ein einsamer Tod. Ein so junges Mädchen liegt hilflos da und spürt, wie langsam das Leben aus ihr herausströmt. Muss sich dem Tod überlassen. Ihn schauderte und er war deprimiert. Wieder ein Mordopfer im Alter seiner eigenen Tochter. Unerwünschte Bilder einer Mordserie in Cottbus vom vergangenen Herbst schoben sich in sein Bewusstsein, grausige Erinnerungen an verstümmelte Körper und tiefstes Leid. Mit einer heftigen Bewegung versuchte er sie abzuschütteln. Diesmal war sicher alles ganz anders!

Er betrachtete das Opfer genauer. Sie lag auf dem Rücken – ursprünglich direkt hinter der Wohnungstür. Beim Aufbrechen und Aufschieben der Tür war ihr Körper etwas verschoben worden – aber niemand hatte erwartet, eine Tote zu finden, sie hatten gehofft sie noch retten zu können.

Die langen Haare waren blutdurchtränkt und standen steif ab. Das T-Shirt war bis zur Brust hochgeschoben, der Rock bis zur Hüfte. Sie trug einen bunten Slip. Eine Schleifspur oberhalb ihres Kopfes zeigte, dass sie versucht haben musste sich bis zur Tür zu ziehen, um auf sich aufmerksam zu machen. Ihre Haut war sehr blass, die Augen geschlossen.

Peter Nachtigall atmete tief durch.

»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte der Notarzt besorgt, doch der Hauptkommissar schüttelte den Kopf.

»Ist schon in Ordnung. Geht mir an Tatorten immer so.«

»Ach wirklich? Das überrascht mich – viele Ihrer Kollegen sind da schon abgehärteter.«

War das als Kritik zu verstehen? Weichei statt Jäger?

»Bei mir funktioniert das Denken besser, wenn ich alle Sinne beisammen habe. Emotionale Kälte friert das Denken ein – gebe ich manchmal gerne zu bedenken.«, parierte er.

Dr. Manz zog den Kopf ein und wandte sich wieder der Untersuchung des Opfers zu.

»Wie lange hat es gedauert, bis sie tot war?«

Immer noch verlegen antwortete der Notarzt: »Das kann ich nicht ganz genau sagen - aber so ungefähr 25-30 Minuten.«

Peter Nachtigall starrte ihn entgeistert an. »Soll das heißen, sie hat eine endlose halbe Stunde lang gewusst, dass sie sterben muss, und hat nichts anderes tun können, als auf den Tod zu warten?«

Der Arzt nickte zögernd.

»Ganz so ist es nicht. Das Bewusstsein trübt sich. Am Ende hat sie wohl kaum noch etwas mitbekommen.«

Hinter Nachtigalls Stirn begann es zu pochen.

»Erstaunlich wenig Blut, oder?«, fragte er nach einer längeren Pause.

»Sie dürfen nicht glauben, dass alles Blut aus dem Körper herausfließt. So ca. zwei, drei Liter – mehr nicht. Einen großen Teil haben Kleidung und Haare aufgesogen, ein Teil wird in die Brusthöhle eingedrungen sein.«

Die zunehmende Wärme des Tages ließ die Luft in dem engen Flur unerträglich werden. Der Geruch des Blutes überlagerte alles andere und Nachtigall hatte plötzlich das Gefühl hier keine Sekunde länger bleiben zu können. Er unterdrückte den Impuls hinauszulaufen und fragte stattdessen:

»Neben dem Opfer lag dieses Küchenmesser. Das ist ein Filiermesser. Keine Zahnung, glatt geschliffen, ausgesprochen scharf mit sehr schmaler Klinge und einer deutlichen Verbreiterung zum Schaft hin, sehen Sie hier. Würden Sie das für die Tatwaffe halten?« Er zeigte dem Arzt einen transparenten Beutel mit einem blutverschmierten Messer.

»Gut möglich. Die Breite am Griff könnte hinkommen«, meinte der Arzt zögernd. »Der Pathologe kann das ziemlich genau feststellen.«

Nachtigall nickte.

»Wohin genau treffe ich, wenn ich an dieser Stelle zusteche?«

»Eventuell direkt in den Herzbeutel. Dann wäre sie praktisch sofort tot gewesen. Aber hier hat der Täter wohl knapp daneben gezielt. Zwei der Stiche haben wahrscheinlich die Lunge verletzt. Wie tief sie sind, kann ich nicht feststellen.«

»Sie war also nicht sofort tot, hmm. Der Zeuge hat ja auch Geräusche hinter der Tür gehört.«

»Was hier genau passiert ist, wird die Obduktion ergeben. Aber das viele Blut deutet darauf hin, dass die junge Frau verblutet ist. Und die Geräusche, die der Zeuge gehört haben will, müssen nicht unbedingt bedeuten, dass sie zu dem Zeitpunkt noch gelebt hat. Die Körpertemperatur spricht auch dagegen – sie ist bestimmt schon seit drei bis vier Stunden tot.«

»Also seit vier oder fünf Uhr. Und was hat der Zeuge dann hinter der Tür gehört?«

»Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass Tote nicht zu hören sind.«

Peter Nachtigall sah den Arzt verblüfft an und wartete schweigend, dass der andere diese Äußerung weiter ausführen würde. Der Arzt machte allerdings keinerlei Anstalten.

»Ich fürchte, das müssen Sie mir erklären.«, hakte der Hauptkommissar deshalb nach.

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