: Gregor Thum
: Die fremde Stadt Breslau nach 1945
: Siedler
: 9783641033873
: 1
: CHF 11.40
:
: Zeitgeschichte (1945 bis 1989)
: German
: 640
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine deutsche Stadt wird polnisch.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde aus Breslau, der damals größten deutschen Stadt östlich von Berlin, Wroclaw, eine Stadt im westlichen Polen. Für Militärs und Diplomaten ein Federstrich, bedeutete es für die Menschen vor Ort einen dramatischen Bruch, der das Leben Breslaus bis heute bestimmt. Eindrucksvoll schildert Gregor Thum diesen Prozess von Vertreibung und Ansiedlung, Zerstörung und Aufbau, Verdrängung und Erinnerung. Wer einen Ort sucht, an dem sich das Drama Europas im 20. Jahrhundert verdichtet erfahren lässt, der findet ihn in dieser Stadt.


Gregor Thum, 1967 in München geboren, studierte Geschichte und Slavistik in Berlin und Moskau. Er war von 1995 bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Viadrina in Frankfurt an der Oder. Heute lehrt er Geschichte an der University of Pittsburgh in den USA.
Sein Buch 'Die fremde Stadt' (2003) wurde sowohl mit dem Europa Sonderpreis des VBKI (Verband der Berliner Kaufleute und Industriellen) als auch mit dem Georg Dehio-Buchpreis 2004 ausgezeichnet.
Prolog Die doppelte Tragödie
Was für Wien das Fin de siècle und für Berlin die Goldenen Zwanziger – das ist das 16. Jahrhundert für Breslau. Damals war die Stadt an der Oder eine der größten und bedeutendsten Städte Europas, eine glänzende Handelsmetropole genau dort, wo sich zwei der wichtigsten europäischen Fernhandelswege kreuzten – die Bernsteinstraße von der Ostsee in den Donauraum und weiter bis zur Adria sowie die Hohe Straße, die von der Rheinmündung an der Nordsee bis zum Schwarzen Meer oder weiter auf der Seidenstraße bis nach China führte. Breslau war ein wichtiger Punkt im Netz der Metropolen. Von Breslau aus führten die Wege nach Thorn, Danzig und Königsberg im Norden, nach Krakau, Lemberg und Kiew im Osten, nach Prag, Wien, Nürnberg, Augsburg, Mailand, Genua und Venedig im Süden, nach Leipzig, Frankfurt am Main, Köln, Brügge und Antwerpen im Westen. Auf Breslaus großen Marktplätzen und in den ausgedehnten Tuchhallen kamen die Kaufleute aus dem ganzen Reich, aus Polen-Litauen und aus Russland zusammen, um ihre Waren umzuschlagen und neue Geschäfte abzuschlie ßen. Breslau war durch dieses Treiben reich und mächtig geworden und zu einer imposanten Stadt herangewachsen. Eine weiträumige städtebauliche Anlage, prachtvolle Patrizierhäuser, ein gewaltiges Rathaus und monumentale Kirchen, deren Türme schon von weitem den Stolz der Stadt verkündeten, prägten das Antlitz dieser mitteleuropäischen Metropole.
Doch dieser Glanz sollte nicht von Dauer sein. Er verblich in dem Maße, wie sich im Laufe des 17. Jahrhunderts durch den Aufstieg der Niederl