: Heidi Ittner, Elisabeth Kals
: Wirtschaftsmediation. (Praxis der Personalpsychologie, Band 17)
: Hogrefe Verlag Göttingen
: 9783844420166
: 1
: CHF 19.70
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 122
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB

Dieses Buch ist ein Kompass für all diejenigen, die Konflikte im Arbeitsalltag in ihrer psychologischen Struktur verstehen und nachhaltig lösen möchten. Im Wirtschaftsleben gehören Konflikte zum Alltag. Nicht alltäglich ist hingegen ihre nachhaltige Lösung durch psychologische Mediation. 

Mediation ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Lösung dieser Konflikte, bei dem die Tiefenstruktur des Konflikts analysiert wird, um gemeinsam zu einer fairen Gewinner-Gewinner-Lösung zu gelangen. Dazu ist es unerlässlich, die hinter den konkurrierenden Positionen stehenden Interessen und Motive aufzudecken, individuelles Gerechtigkeitserleben zu berücksichtigen und Emotionen als wesentlichen Teil des Konfliktgeschehens anzuerkennen. Genau diese Kernelemente psychologischer Mediation werden im Buch vorgestellt. Ein zentrales Anliegen ist es dabei, vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse der Psychologieüber die Entstehung und Lösung von Konflikten für die Praxis nutzbar zu machen. 

Das Buch gibt einen umfassendenÜberblick&uum ;ber Methoden und Techniken der psychologisch fundierten Wirtschaftsmediation. Ihre Wirksamkeit wird wissenschaftlich begründet, das Verfahren und das ihm zugrunde liegende Phasenmodell werden praxisnah beschrieben. Ein detailliert kommentiertes Fallbeispiel rundet das Buch ab. Letztlich zeigt dieses Buch, dass sich Wirtschaftsmediation nicht nur kurzund mittelfristig aus betriebswirtschaftlicher Sicht«rechnet», sondern dass mit der nachhaltigen und psychologisch fundierten Lösung von Konflikten auch langfristig eine neue Unternehmenskultur gestärkt werden kann.

4 Vorgehen (S. 69-70)
4.1 Der Mediator


Wie wir bereits mehrfach betont haben, sind bei der Person des Mediators zwei Dinge entscheidend: Erstens seine innere Haltung und zweitens seine Kompetenzen. Beides wird daher nachfolgend genauer betrachtet.

4.1.1 Innere Haltung

Die Mediation unterscheidet sich also von anderen Verfahren vor allem aufgrund der dahinterstehenden inneren Haltung, die der Mediator mit seiner Person und seinem Agieren vermittelt (vgl. Kap. 4.2.2). Diese kann nicht allein über Wissensaufbau oder das Beherrschen verschiedener Interventionstechniken kurzfristig antrainiert werden. Zwar sind diese Techniken natürlich unentbehrlich, ihre volle Wirkung können sie aber erst vor dem Hintergrund der inneren Haltung entfalten. Daher bedarf es einer grundlegenden persönlichen Schulung, Entwicklung und (Selbst-)Erfahrung des Mediators (vgl. z. B. Besemer, 2003, Dulabaum, 2003, Klappenbach, 2006, Montada&, Kals, 2007). Die innere Haltung in der Mediation ist zuallererst geprägt von einer wertschätzenden, allparteilichen Offenheit des Mediators für die Anliegen und Sichtweisen der Konfliktparteien (vgl. Kap. 3.2). Dabei sei betont, dass die persönliche Meinung des Mediators in Hinblick auf das Konfliktthema oder das Handeln der Konfliktparteien völlig unerheblich ist und in dem Verfahren keine Rolle spielen darf. In einer Mediation geht es ausschließlich um die Anliegen, Bedürfnisse, Emotionen und Wünsche der Medianten. Der Mediator kann hierfür nur dann die größtmögliche Offenheit und Aufmerksamkeit erreichen, wenn er seine eigenen Sichtweisen und Bewertungsmaßstäbe völlig in den Hintergrund stellt. Damit ist eng der Aspekt verknüpft, dass der Mediator nicht für die Lösung des Konflikts verantwortlich ist. Diese Verantwortung liegt allein bei den Konfliktparteien (vgl. Kap. 1.2, 3.5). Dies impliziert zum einen, dass der Mediator keinen ausgewählten Lösungsvorschlag aktiv nahelegt, auch wenn dieser ihm aus seiner persönlichen Sicht vielleicht am sinnvollsten erscheinen mag, sondern der Mediator ist ausschließlich für die Kontrolle und Steuerung des Prozesses verantwortlich. Zum anderen bedeutet dies, dass die Medianten als eigenverantwortliche Menschen verstanden werden, die sowohl Experten für ihre Anliegen als auch für die Erarbeitung und Passung möglicher Regelungen sind. Im Grunde ist es das Ziel, dass sich der Mediator im Laufe der Sitzung(en) selbst überflüssig macht und die Konfliktparteien mehr und mehr befähigt werden, eine für sie stimmige Lösung auszuhandeln. Ein letzter Aspekt der inneren Haltung ist darin zu sehen, dass der Auseinandersetzungsprozess innerhalb einer Mediation von einer grundsätzlich konstruktiven, kooperativen, fairen und wertschätzenden Kommunikation geprägt ist. Die Konfliktparteien sind in der Regel dazu zunächst nicht imstande, da sie akut im Konflikt gefangen sind. Sie jedoch (wieder) dahin zu führen und während des gesamten Verfahrens einen solchen Umgang miteinander zu gewährleisten, ist eine der Kernaufgaben des Mediators.

4.1.2 Kompetenzen

Die innere Haltung bereitet den Boden, um dies zu erreichen. Dieser muss jedoch durch eine Reihe an Kompetenzen und Fertigkeiten aufbereitet werden. In der Literatur finden sich diverse, unterschiedlich ausführliche Anforderungsprofile (vgl. z. B. Besemer, 2003, Klappenbach, 2006, Montada&, Kals, 2007). Diese Profile integrieren stets Kompetenzen, die einer selbstreflexiven Entwicklung der Persönlichkeit entspringen, sowie Fertigkeiten, die den flexiblen Rückgriff auf verschiedene Techniken, Wissensbestände und Theorien erlauben. Der Mediator muss sich in folgenden Kompetenzbereichen sicher bewegen können (vgl. Montada&, Kals, 2007):

– Vertrauen aufbauen: Prinzipien der Verfahrensgerechtigkeit, Offenheit, Echtheit und Wertschätzung, Empathie, sicheres, aber gleichzeitig umsichtiges Auftreten

– Probleme bewältigen: Konflikte strukturieren und verständlich herausarbeiten, effiziente, wertschätzende Führung, vernetztes und systemisches Denken, Fachwissen

– Lösungen finden: Denken in Alternativen, Kreativität, Motivation der Medianten

– Ergebnis evaluieren: Methodisches Wissen, strukturiertes Vorgehen über die gesamte Mediation hinweg.

Basis dieser Kompetenzen sind folgende übergeordnete Merkmale des Mediators:

– emotionale Intelligenz,

– emotionale Stabilität,

– hoher Reflexionsgrad,

– sicheres Auftreten in Verbindung mit wertschätzender Haltung.
Inhaltsverzeichnis10
1 Wirtschaftsmediation12
1.1 Einführung12
1.2 Definitionen14
1.3 Abgrenzung zu alternativen Verfahren der Konfliktregelung22
1.4 Bedeutung für das Personalmanagement26
1.5 Betrieblicher Nutzen27
1.6 Weitere Ziele und Vorteile29
2 Modelle31
2.1 Entstehung und Verlauf von Konflikten31
2.1.1 Woran erkennt man einen Konflikt in der Praxis?32
2.1.2 Um welche Inhalte geht es in Wirtschaftskonflikten?34
2.1.3 Konfliktstile36
2.1.4 Konflikteskalation40
2.2 Was macht Konflikte so schwierig?48
2.2.148
2.2.148
4848
2.2.248
2.2.248
5248
2.3 Was macht Konflikte in der Arbeitswelt so schwierig?56
2.3.1 Besonderheiten der Arbeitswelt56
2.3.2 Besonderheiten von Organisationen58
3 Analyse und Maßnahmenempfehlung60
3.1 Ablauf einer Wirtschaftsmediation60
3.2 Phase 1: Vorbereitung der Mediation62
3.3 Phase 2: Probleme und Konflikte erfassen65
3.4 Phase 3: Konflikte bearbeiten68
3.5 Phase 4: Regelungen finden und Mediationsvereinbarung treffen71
3.6 Phase 5: Evaluation der Mediation76
3.7 Spannweiten der Wirtschaftsmediation78
4 Vorgehen80
4.1 Der Mediator80
4.1.1 Innere Haltung80
4.1.2 Kompetenzen81
4.2 Interventionsmethoden82
4.2.1 Denken und Handeln in Alternativen82
4.2.2 Mut zur psychologischen Methodenvielfalt86
4.2.3 Methoden der verständnisorientierten Kommunikation und Deeskalation88
4.2.4 Tiefenstrukturanalyse92
4.2.5 Suche nach Gewinner- Gewinner- Lösungen95
4.2.6 Reflexion und Evaluation der Mediation98
4.3 Wirkungsweisen der Methoden99
4.3.1 Warum in Alternativen denken?99
4.3.2 Warum auf Methodenvielfalt zurückgreifen?100
4.3.3 Warum verständnisorientierte Kommunikation?100
4.3.4 Warum eine Tiefenstrukturanalyse?101
4.3.5 Warum Gewinner- Gewinner- Lösungen?103
4.3.6 Warum evaluieren?103
5 Fallbeispiel104
6 Literaturempfehlungen114
7 Literatur114