: Peter Ittermann
: Betriebliche Partizipation in Unternehmen der Neuen Medien Innovative Formen der Beteiligung auf dem Prüfstand
: Campus Verlag
: 9783593405605
: Arbeit - Interessen - Partizipation
: 1
: CHF 32.90
:
: Arbeits-, Wirtschafts- und Industriesoziologie
: German
: 314
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Unternehmen der New Economy galten als Vorreiter bei der Entwicklung innovativer Formen der Partizipation und Interessenregulierung. Peter Ittermann beleuchtet die spezifischen Muster dieser Modelle. Angesichts neuer Marktanforderungen, Insolvenzen und bedrohter Arbeitsplätze stellt sich dabei die Frage: Können sie sich auch in Krisenzeiten und im Zuge wachsender Professionalisierung bewähren?

Peter Ittermann, Dr. rer. soc., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Technischen Universität Dortmund.
5 Betriebliche Sozialordnungen und Partizipationsstrukturen aus Managementperspektive Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die Befunde zur Ausgestaltung von betrieblichen Sozialordnungen und Partizipationsstrukturen in den Fallstudienunternehmen. Dabei kann gezeigt werden, wie sich auf der Basis wissensintensiver und projektförmiger Arbeitszusammenhänge in den jüngeren und kleineren Start-up-Unternehmen zunächst gemeinschaftlich und beruflich geprägte Sozialordnungsmuster herausgebildet haben, die dem Leitmodell des 'we-are-family' (politik-digital.de 2001) folgten. Diese Muster bildeten die Basis für die Implementierung umfassender Partizipationskulturen, die sich in der gering formalisierten, direkten und weitreichenden Einbeziehung der Beschäftigten an arbeits- und organisationsbezogenen Entscheidungen äußerten und in den Sozialbeziehungen strukturell verankert waren. Die verschärften Marktanforderungen und Organisationserfordernisse sprechen jedoch für veränderte Kontextbedingungen, die Spannungsverhältnisse in den eingespielten Sozialbeziehungen und Partizipationsmuster erzeugen. Dies führt zum einen zu der Frage, inwieweit zentrale sozialintegrative Elemente der Arbeitsbeziehungen angesichts neuer markt- und organisationszentrierter Steuerungsmechanismen aufgegeben werden. Zum anderen richtet sich der Blick auf die möglichen Veränderungen in den Beteiligungskulturen und einer neuen Ausrichtung am 'Primat der Wirtschaftlichkeit' (Dörre 2002: 27; vgl. Boes/Marrs 2003; Wolf 2003), bei der Partizipationspraktiken von der Managementseite beeinflusst, eingeschränkt oder instrumentalisiert werden. In diesem Kapitel wird die Sichtweise des Managements in den Neue-Medien-Unternehmen aufgearbeitet, im folgenden Kapitel 6 wird die Beschäftigtenperspektive vorgestellt. 5.1 Entwicklungsperspektiven der ?verschworenen Gemeinschaften? in den Neue-Medien-Unternehmen 5.1.1 Herausbildung familiär und beruflich strukturierter Sozialordnungen in der Gründungsphase In der Charakterisierung der spezifischen Arbeits- und Organisationskulturen in Unternehmen der New Economy ist häufig die Metapher der ?Betriebsfamilie? (vgl. Trinczek 2004: 194; vgl. politik-digital.de 2001; Boes/ Baukrowitz 2002) verwendet worden. Diese zeichnet sich durch einen hohen gemeinschaftlichen Grundkonsens der Interessen- und Wertorientierungen, vertrauensbasierte Sozialbeziehungen sowie spezifische Symbole, Riten und Rituale (wie Arbeitskultur, Betriebsfeste und gemeinsame Freizeitaktivitäten) aus. Diese Merkmale finden sich auch in den Selbstdarstellungen der Neue-Medien-Unternehmen, wenn die Herausbildung von gemeinschaftlichen Ordnungen in der Gründungsphase skizziert wird: 'Gerade 1997/1998, als ich hier angefangen habe, hatte das Unternehmen eher den Flair einer großen WG. Projekte machte man halt und schaute am Ende, wie viel Geld in der Kasse war. Direktes Controlling gab es damals nicht und es war alles einfach. Eine sehr lockere, familiäre Atmosphäre.' (AL-MID3) 'Und es war so, die Firma war ja noch relativ klein, und es war wie eine Familie für die meisten. Man kam vielleicht später, blieb dann aber bis in die Puppen, danach wurden noch Videos geguckt oder man ging in die Kneipe oder so. Also, das Leben ging völlig übergangslos von einem Status in den anderen.' (MA3-SIT4) In den Aussagen zur ?WG? oder ?Familie? spiegeln sich die familiär geprägten Betriebsgemeinschaften wider, die durch einen engen Zusammenhalt, eine lockere Arbeitsatmosphäre und der Durchdringung von betrieblicher und außerbetrieblicher Lebenswelt gekennzeichnet sind. In der Darstellung der Sozialbeziehungen während der Anfangs- und Boomphase der New Economy zeigen die Neue-Medien-Unternehmen viele Übereinstimmungen auf. In den Folgejahren führten die wachstums- und krisenbedingten Veränderungsprozesse zu einer stärkeren Professionalisierung in der betrieblichen Leistungserstellung, die den veränderten Ansprüchen der betrieblichen Akteure, aber auch den Erwartungen aus dem Umfeld besser gerecht werden sollte. In der Konsequenz wurden die 'Turnschuh-Mentalität ... immer mehr abgestreift' (TL-MID1) und Anpassungen in den Formalstrukturen vorgenommen. Im Zuge dieser Entwicklungen relativierte sich das ?Familienbild? der innerbetrieblichen Sozialbeziehungen, ohne jedoch die gemeinschaftlich geprägte, 'spezifische Unternehmenskultur' (TL-MID1) aufzugeben: 'Aus der großen Familie wurde ein großes Unternehmen.' (BR-MID3) 'Sagen wir mal so, dieses ?eine Familie? war früher noch wesentlich ausgeprägter bei uns. Das ist jetzt inzwischen dadurch, dass wir so groß geworden sind, nicht mehr ganz so. Aber es ist sozusagen schon noch irgendwie so'n Feeling da. Was das unheimlich fördert, sind so Weihnachtsfeste und Sommerfeste. ... Wenn man plötzlich alle Leute in einem Saal sieht und sich denkt ?Oh, Mann? ... Und vor allem, es sind ja wirklich alles völlig besondere Leute.' (AL2-SIT2) Zwar haben die veränderten Kontextbedingungen ohne Zweifel ihre Spuren in den Unternehmen hinterlassen, jedoch zeigen sich insgesamt wenige Anzeichen, die auf eine deutliche Entsolidarisierung und grundlegende Umbrüche in der Unternehmenskultur hindeuten. Gravierende Differenzen zwischen den Unternehmen zeichnen sich auch nicht aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen ab. So weisen eines der nachhaltig wachsenden (SIT2) und eines der wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen (SIT4) in den betrieblichen Sozialordnungen eher deutliche Parallelen als signifi
Inhalt6
Danksagung10
1 Einleitung12
1.1 Fragestellungen und Bezugsrahmen13
1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit16
2 Partizipation und Mitbestimmung in der Wissensgesellschaft22
2.1 Begriffliche Bestimmungen von Partizipation und Mitbestimmung23
2.2 Wandel der betrieblichen Partizipationsstrukturen in der Wissensgesellschaft32
2.3 Die Neue-Medien-Unternehmen im Zentrum der Diskurse um innovative Partizipationsformen45
2.4 Wandel betrieblicher Partizipationsstrukturen in der Theoriebildung der Industrial- Relations- Forschung64
3 Betriebliche Sozialordnungen und Partizipationsstrukturen75
3.1 Der Betrieb als soziale Organisation75
3.2 Das Konzept betrieblicher Sozialordnungen77
3.3 Konzeptionelle Bezugspunkte97
4 Fallstudien in Neue- Medien-Unternehmen118
4.1 Übersicht über das Sample118
4.2 Kontextbedingungen der Neue-Medien-Unternehmen130
5 Betriebliche Sozialordnungen und Partizipationsstrukturen aus Managementperspektive140
5.1 Entwicklungsperspektiven der ›verschworenen Gemeinschaften‹ in den Neue- Medien- Unternehmen141
5.2 Spannungsfelder in der Gestaltung von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen148
5.3 Betriebliche Partizipationspraktiken in den Neue- Medien- Unternehmen177
5.4 Zwischenfazit192
6 Betriebliche Sozialordnungen und Partizipationsstrukturen aus Beschäftigtensicht194
6.1 Befragung von Beschäftigten in ›betriebsratslosen‹ Neue- Medien- Unternehmen195
6.2 Handlungsorientierungen der Wissensarbeiter199
6.3 Zwischenfazit226
6.4 Partizipationsangebote in den Unternehmen aus Sicht der Beschäftigten227
6.5 Selbstvertretungspräferenzen der Beschäftigten in den Neue- Medien- Unternehmen236
6.6 Zwischenfazit246
7 Betriebsräte in den Neue- Medien- Unternehmen250
7.1 Hintergründe der Betriebsratsgründungen251
7.2 Strukturelle Merkmale und zentrale Handlungsfelder der Betriebsratsarbeit255
7.3 Interaktionsmuster von Betriebsrat und Management262
7.4 Betriebliche Mitbestimmung und die Interessenlagen der Beschäftigten269
7.5 Zwischenfazit275
8 Fazit und Ausblick277
8.1 Selbstvertretung als strukturprägendes Muster in den Neue- Medien- Unternehmen279
8.2 Spannungsfelder in den betrieblichen Sozialordnungen der Neue- Medien- Unternehmen284
8.3 Schlussfolgerungen und Ausblick287
Tabellenverzeichnis293
Abbildungsverzeichnis294
Literatur295