: Tanja Proki?
: Einführung in Michel Foucaults Methodologie. Archäologie - Genealogie - Kritik
: Diplomica Verlag GmbH
: 9783836621236
: 1
: CHF 29.30
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: Allgemeines, Lexika
: German
: 117
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF

Obwohl der Name Michel Foucault in den letzten Jahren im Wissenschaftsdiskurs nicht mehr wegzudenken ist, ist schwer von der Hand zu weisen, dass seine Diskursanalyse häufig als Label für eine Vielzahl von Arbeiten herhalten muss, die wenig bis gar nichts mit Foucaults Untersuchungsmethoden zu tun haben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass häufig vergessen wird, dass die Diskursanalyse von Foucault so nicht entwickelt wurde. Der Methodenkomplex innerhalb der Diskursanalyse hat eine eigene Geschichte, die gerade die Grundlage für diskursanalytisches Denken bildet und bilden muss. Foucault anwenden ohne hinter die Tiefenstruktur seiner Untersuchungen zurückzufallen, heißt seine Lektion zu erfassen. Entlang der drei großen methodischen Stationen - Archäologie, Genealogie und Kritik - wird im vorliegenden Buch die Genese seines Denkens skizziert. Um der heiklen Frage nach einer richtigen oder falschen Foucault-Rezeption weitgehend zu entgehen, wird hier der Versuch unternommen, vor allem Foucault selbst durch die zahlreichen Kommentare seiner eigenen Arbeiten anhand der Schriften zu Wort kommen zu lassen.

Kapitel 3.1.3. Die Aussage und das Aussagenfeld:

Mit der Archäologie des Wissens nimmt Foucault an der Begrifflichkeit der Episteme und den diskursiven Formationen, wie er sie in der Ordnung der Dinge einführte, eine nachträgliche Verschiebung vor, und zwar durch die Einführung des Begriffs der Aussage. Indem er die konventionellen Einheiten der klassischen Geschichtsschreibung aufgibt und an ihre Stelle den Diskurs als den Untersuchungsgegenstand setzt, vervielfacht und vergrößert sich die zu untersuchende‚Einheit’. Sein Problem gilt der Entstehung von bestimmten Typen von Diskursen, der Bestimmung der Regeln, die innerhalb dieser Diskurse herrschen und die festlegen, wann eine Aussage zu einem Diskurs gehört und wann nicht. Die Aussage, weder kleinster Teil noch„Atom des Diskurses“, zentriert sich in einem komplexen Bedingungsgefüge. Foucault entwickelt nun eine Methode, die es ihm erlaubt, sich– ohne die inneren Bedingungen, die das Verständnis von Sprechakten lenken, berücksichtigen zu müssen– rein auf das zu konzentrieren, was‚wirklich’ gesagt oder geschrieben wurde und wie dies in die Diskursformation eingepasst ist. Die Aussage ist die Spur, die der Diskurs zurücklässt, sie wird jedoch nicht als ein geheimes Zeichen entziffert, sondern so akzeptiert, wie sie ist: zu einer diskursiven Formation zugehörig. Sie ist eine Spur und damit gibt sie Aufschlussüber die Gesetzmäßigkeiten bzw. die Formationsregeln, denen sie entstammt. Die Gesetzmäßigkeit der Diskurspraxis verkörpert sich sozusagen in den zugehörigen Aussagen. Diskursive Formation und Aussage stehen in einem ko-konstitutiven Verhältnis. Die Korrelation von Aussage und diskursiver Formation ist also auf der theoretischen Ebene„ein wechselseitig definitorisches, die Begegnung und gleichzeitige Grenzziehung zweier Räume: des zentralen Raumes, in dem die Aussage erschienen ist, und eines sie umgebenden Raumes, der die Möglichkeitsbedingung der Verkettung von Aussagen bzw. ein Gesetz der Koexistenz installiert.“ Das heißt die Aussage trägt in sich das Gesetz ihrer Entstehung und gleichzeitig repräsentiert sie dieses Gesetz durch ihr Auftreten.

Aussage und Aussagefunktion:

Zur Verwirrung seiner Leser gebraucht Foucault die Begriffe Aussage und Aussagefunktion, als wären sie identisch. Es lässt sich jedoch eine kleine Differenz markieren, die zum Verständnis der verschiedenen Beobachtungslagen ein und desselben Phänomens beiträgt. Die Differenz legt den Fokus auf die Synchronizität der Aussage als etwas Positivierendes (zu einer bestimmten diskursiven Formation zugehörige Aussagefunktion) und als etwas Positives (Aussage als eingeschriebenes Gesetz in einer Zeichenkette). Die Aussage ist zunächst einmal selbst bedingt, darin unterscheidet sie sich noch nicht von z.B. einem Satz. Sie ist aber auch Funktion, indem sie Bedingung für etwas ist und zwar die so genannte Existenzfunktion für Zeichen. Die diesen Zeichen eigene Existenzmodalität ist dann wiederum die Aussage (insofern ist sie selbst bedingt). Diese seltsame Charakterisierung der Aussage führt zu der paradoxen Einsicht, die Aussage sei weder sichtbar noch verborgen. Mit diesen Eigenschaften hebt sie sich also deutlich von dem ab, was die Logik eine Proposition nennt, oder die Grammatik einen Satz. Sie ist ebenfalls keine Einheit, wie ein materieller Gegenstand es sein könnte, der seine Grenzen und seine Unabhängigkeit besitzt. Sie ist in ihrer besonderen Seinsweise unerlässlich dafür, dass man sagen kann, ob ein Satz oder eine Proposition vorliegt.

Die Frage nach der Aussage ist nicht identisch mit der Frage nach der grammatikalischen Korrektheit eines Satzes oder der Frage nach der Verifikation bzw. Falsifikation einer logischen Proposition. Die Aussage lässt sich

Inhalt3
Einleitung5
I. ARCHÄOLOGIE13
1. Die Anthropologie Kants13
2. Die Ordnung der Dinge – das Denken des Anderen17
2.1. Die Episteme der Moderne22
2.1.1. Die Analytik der Endlichkeit24
2.1.2. Der Tod des Menschen28
3. Die Archäologie des Wissens31
3.1. Elementarlehre34
3.1.1. Das historische Apriori und das Archiv 35
3.1.2. Die diskursive Formation – Diskurskonzeption39
3.1.3. Die Aussage und das Aussagenfeld 43
3.1.3.1. Aussage und Aussagefunktion44
3.1.3.2. Referential der Aussage47
3.1.3.3. Das Subjekt der Aussage48
3.1.3.4. Aussage und assoziiertes Feld50
3.1.3.5. Die Aussage und die Materialität51
3.2. Methodenlehre55
3.2.1. Die Regelmäßigkeit der Aussagen57
3.2.2. Die Analyse der Widersprüche57
3.2.3. Komparative Analyse59
3.2.4. Die Transformationen60
3.3. Archäologie und Politik61
4. Die Geschichte der Denksysteme64
II. GENEALOGIE66
1. Die Ordnung des Diskurses69
2. Der Nietzsche der Genealogie73
3. Wie man von Nietzsche Gebrauch macht76
4. Macht und Subjekt80
5. Das Dispositiv86
III. KRITIK89
1. Kritische Geschichte der Denksysteme89
2. Kritik und Aufklärung91
2. Ethos und Freiheit97
3. Rhetorik – Zum Verhältnis von Fiktion und Wahrheit98
4. Keine Prophetie, keine Lösungen102
Schluss105
Abkürzungen 110
Literatur111
Zur Autorin116