Rechenstörungen (Reihe: Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie, Bd. 9)
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Claus Jacobs, Franz Petermann
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Rechenstörungen (Reihe: Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie, Bd. 9)
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Hogrefe Verlag Göttingen
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9783840919541
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1
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CHF 19,50
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Angewandte Psychologie
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German
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164
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Rechenschwäc e, Rechenstörungen
oder
Dyskalkuliebezeichnen unterschiedliche Probleme beim Erwerb von Rechenfertigkeiten. Der Leitfaden liefert einen Überblick über den derzeitigen For-schungsstand zu Ursachen, Verlauf sowie Behandlungsmöglichkeiten von
Rechenstörungen. TRONG> Praxisorientiert werden die Leitlinien nationaler kinder- und jugendpsychiatrischer Fachverbände zur Diagnostik und Verlaufskontrolle sowie zur Therapie von Rechenstörungen dargestellt.
Berücksic tigung finden dabei auch mögliche komorbid auftretende neuropsychologische Beeinträchtigungen sowie emotionale bzw. Verhaltensstörungen. Das therapeutische Vorgehen ist durch pädagogische, neuropsychologische, lern- und verhaltenstherapeutische Techniken gekennzeichnet. Die Bereitstellung von Materialien für den diagnostischen und therapeutischen Prozess sowie die Veranschaulichung des Vorgehens anhand von Fallbeispielen helfen bei der Umset-zung der Leitlinien in der Praxis.
1 Stand der Forschung
( S. 1)
1.1 Symptomatik
Obwohl Vorläuferauffälligkeiten von Rechenstörungen (Krajewski, 2003, 2005a, 2005b, Dornheim&, Lorenz, 2002, Lorenz, 2005a, Kaufmann, 2003) bekannt sind, werden Rechenstörungen in der Regel erst in der Grundschule erkannt. In einer Inanspruchnahmestichprobe der Psychologischen Kinderambulanz der Universität Bremen treten solche Kinder gehäuft in der dritten und vierten Grundschulklasse sowie in der sechsten Klasse der weiterführenden Schulen auf.
Dabei wird deutlich, dass das Erkennen einer Teilleistungsstörung durch Eltern, Erzieher oder Lehrer unmittelbar von den Anforderungen im Rechnen abhängt, mit denen das Kind konfrontiert wird. Die Erweiterung des Zahlenraums über 100 hinaus nach der zweiten Klasse der Grundschule ist für Kinder mit Rechenstörungen häufig eine große Hürde. Hinzu kommt, dass ab dem Ende der zweiten Klasse ein, wenn auch häufig informelles, Lernziel darin besteht, dass die Kinder sich beim Rechnen von konkreten Hilfestellungen (etwa den Fingern) und von Zählstrategien lösen.
Kinder mit Rechenstörungen halten sehr häufig an solchen Zählstrategien fest. Einige Kinder kompensieren in der Grundschule durch gute kognitive Fertigkeiten (etwa ein gutes Arbeitsgedächtnis, gute Aufmerksamkeitsleistung und eine hohe Geschwindigkeit bei der Verarbeitung von Informationen) die eigentlich für sie zu hohen Anforderungen im Fach Mathematik durch Auswendiglernen.
Da die Anforderungen während der Schullaufbahn jedoch ständig ansteigen, tritt damit die volle Tragweite der Lernprobleme lediglich verzögert auf. Diese Kinder fallen dann häufig erst am Ende der fünften oder in der sechsten Klasse auf, da sie die nun neu zu lernenden Zusammenhänge und Prozeduren nicht mehr erfassen können, weil ihnen die Grundvorstellungen darüber fehlen, welche mathematischen Inhalte oder Verfahren zu welchen Sachsituationen passen, etwa die Vorstellung des Wegnehmens oder Abtrennens zur Subtraktion (vgl. auch vom Hofe, Kleine, Blum&, Pekrun, 2005).
Zunächst wird über das Vorliegen einer Rechenstörung vor dem Hintergrund des schulischen Anforderungsprofils entschieden. Häufig wird dabei außer Acht gelassen, dass die Leistungen zwischen einzelnen Schulen, Städten oder Bundesländern und selbst zwischen Parallelklassen derselben Schule sehr stark voneinander abweichen können. Sicheren Aufschluss über das Vorliegen einer Rechenstörung kann hier nur eine testpsychologische Untersuchung mit einem an einer repräsentativen Stichprobe normierten Rechentest erbringen.
Im Kindergarten können zwar noch nicht die Zahlen- und Rechenfertigkeiten direkt getestet werden, es kann jedoch die Entwicklung eines Mengenverständnisses, das Erlernen von Zählfertigkeiten sowie der Umgang mit kleineren Rechenoperationen im einstelligen Zahlenraum be- obachtet werden. Allerdings variieren diese Fertigkeiten im Kindergartenalter deutlich, da sie von der individuellen Förderung und den Interessen des Kindes abhängen.
Als wichtige kognitive Basisfähigkeiten mathematischen Lernens werden visuell-räumliche (konstruktive) Verarbeitungsprozesse, Sprachverständnis und gedächtnisbezogene Verarbeitungsprozesse angenommen (Barth, 2003, Kaufmann, 2003), aber auch Fertigkeiten zum Mengen- und Zahlenwissen (Krajewski, 2003, 2005a, 2005b). Defizite in diesen Bereichen können zu einem beeinträchtigten Erwerb von Zahlen- und Rechenfertigkeiten führen.
Bei einigen Kindern ist zu beobachten, dass sie bereits im Kindergarten Spiele und Beschäftigungen vermeiden wie etwa Memory, Malen, Legospielen, Puzzeln und Basteln, da ihnen diese nicht so gut gelingen wie ihren Alterskameraden. Auch eignen sich diese Kinder häufig nicht so gut selbstständig oder im Spiel Zählstrategien an.
Erst durch die systematische Förderung in den ersten beiden Schuljahren gleicht sich die anfangs starke Heterogenität bei den Zahlen- und Rechenfertigkeiten aus. Daher kann erst am Ende der zweiten Klasse genau beurteilt werden, ob eine Rechenstörung vorliegt.
Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches
6
Übersicht über die Leitlinien zur Diagnostik, Verlaufskontrolle und Behandlung von Rechenstörungen
7
Inhaltsverzeichnis
8
1 Stand der Forschung
10
1.1 Symptomatik
10
1.2 Klassifikation und Diagnosekriterien
13
1.3 Epidemiologie
15
1.4 Komorbide Störungen
18
1.5 Ursachen und Pathogenese
23
1.6 Modelle der Zahlenverarbeitung und Rechenfertigkeiten
27
1.6.1 Single-Route-Transkodierung
27
1.6.2 Multi-Route-Transkodierung
29
1.6.3 Wechselseitige Transkodierung
30
1.7 Entwicklung von Rechenkompetenzen: Verlauf und Prognose
33
1.7.1 Gleich-Ungleich-Relationen
33
1.7.2 Größer-Kleiner-Relationen oder Rangordnungen
35
1.7.3 Rechenkompetenzen bei Kindern
35
1.8 Netzwerkaktivierungen bei der Zahlenverarbeitung und beim Rechnen
42
1.9 Interventionen
48
1.9.1 Prävention
48
1.9.2 Therapieansätze
49
2 Leitlinien
55
2.1 Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle
55
2.1.1 Therapeutische Kompetenzen und diagnostischer Prozess
55
2.1.2 Anamnese und Exploration
58
2.1.3 Psychometrische Basisdiagnostik
63
2.1.4 Differenzialdiagnostik
67
2.1.5 Abschlussgespräch
73
2.1.6 Verlaufskontrolle
74
2.2 Leitlinien zur Therapie
75
2.1.1 Aufbau und Aufrechterhaltung der Lern- und Leistungsmotivation
76
2.2.2 Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten und Lehrern
79
2.2.3 Therapieplanung
81
2.2.4 Therapie der Basiskompetenzen
84
2.2.5 Vermitteln des semantischen Gehalts von Zahlen
87
2.2.6 Vermitteln des Konzeptwissens
91
2.2.7 Rechenfertigkeitserwerb: Addition und Subtraktion
92
2.2.8 Rechnen mit Ergänzungs- und Platzhalteraufgaben
98
2.2.9 Erwerb von Multiplikations- und Divisionsfertigkeiten
99
2.2.10 Rechnen im Zahlenraum bis 1000
100
2.2.11 Schriftliches Rechnen
101
2.2.12 Rechnen im Zahlenraum über 1000
102
3 Verfahren zur Diagnostik und Therapie
104
3.1 Schulleistungstests
104
3.2 Einzeltestverfahren
105
3.3 Therapieverfahren und Auszüge aus der praktischen Durchführung
110
3.3.1 Basiskompetenzen
111
3.3.2 Der semantische Gehalt einer Zahl
112
3.3.3 Rechnen im Zahlenraum bis 100
114
4 Materialien
118
5 Fallbeispiele
130
5.1 Grundschulalter: Lutz, 8 Jahre alt
130
Symptomatik und Exploration
130
Anamnese
130
Beurteilung der Angaben aus der Anamnese und Exploration
131
Diagnostik
131
Ergebnisse aus der Basisdiagnostik
131
Ergebnisse der Differenzialdiagnostik
135
Das umfassende Befundgespräch
136
5.2 Jugendalter: Julius, 13
7 Jahre alt
Symptomatik und Exploration
138
Anamnese
139
Beurteilung der Angaben aus der Anamnese und Exploration
140
Diagnostik
140
Verhaltensbeobachtung und Fragebogenauswertung
143
Zusammenfassende Beurteilung
144
Therapieempfehlung
144
Therapieverlauf
145
Abkürzungsverzeichnis der Testverfahren
148
Literatur
150
Mehr eBooks bei www.ciando.com
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