: Peter Becker
: Gesundheit durch Bedürfnisbefriedigung
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840920295
: 1
: CHF 23.90
:
: Geisteswissenschaften, Kunst, Musik
: German
: 325
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF

Körp rliche und psychische Gesundheit, was ist das und wie kann man diesen Zustand erreichen? Das Buch informiertüber den neuesten Forschungsstand zur Diagnostik, zu den biopsychosozialen Bedingungen und zur Förderung der Gesundheit. Nach der Behandlung etablierter Modellvorstellungenüber Zusammenhänge von Lebensbedingungen, Persönlichkeit und Gesundheit wird ein neues systemisches Anforderungs-Ressourcen-Model (SAR-Modell) der Gesundheit von hohem integrativen Wert vorgestellt.

Besondere Aufmerksamkeit wird der Bedürfnisbefriedigung als neuer Leitidee gewidmet. Empirische Untersuchungen belegen diese Gesundheitstheorie, welche sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit mit einbezieht. Abschließend werden Maßnahmen zur Gesundheitsförderung abgeleitet.

3. Ein systemisches Anforderungs-Ressourcen- Modell (SAR-Modell) der Gesundheit (S. 103-104)

In diesem zentralen theoretischen Kapitel des vorliegenden Buches wird ein systemisches Anforderungs-Ressourcen-Modell (SAR-Modell) der Gesundheit vorgestellt. Ausgehend von einigen Grundannahmen der Systemtheorie, insbesondere der Leitidee einer Hierarchie von Systemen, wird Gesundheit mit der Bewältigung externer und interner psychosozialer und physischer Anforderungen mithilfe interner und externer psychosozialer und physischer Ressourcen in Verbindung gebracht. Dies geschieht in mehreren Schritten: Zunächst werden systemtheoretische Grundkonzepte dargestellt und erläutert, was unter externen und internen psychosozialen und physischen Anforderungen zu verstehen ist. Es folgen eine ausführliche Betrachtung verschiedener interner und externer psychosozialer und physischer Ressourcen und die Darstellung eines allgemeinen Modells zur Entstehung von Störungen und Krankheiten. Den Abschluss des Kapitels bildet der Vergleich des SAR-Modells mit verwandten Modellen.

3.1 SystemtheoretischeÜberlegungen zu Gesundheit und Krankheit

Dass sich systemtheoretische Konzepte für das Verständnis von Gesundheit und Krankheit als fruchtbar erweisen, erkennt man bereits an Begriffen wie Nervensystem, Herz-Kreislauf-System, Verdauungssystem, Atemsystem, Stoffwechselsystem oder Immunsystem, auf die auch Laien zurückgreifen, um sich ein Bild von biologischen Strukturen und Prozessen im menschlichen Körper zu machen. Inähnlicher Weise wird der Begriff des„Apparates“ verwendet, indem zum Beispiel das motorische System als Bewegungsapparat bezeichnet wird. Es stellt sich die Frage, was genau unter Systemtheorie und was unter einem System zu verstehen ist. Die erste Darstellung der Grundzüge der Systemtheorie erfolgte durch von Bertalanffy (1940), der drei Jahrzehnte später die kumulierten Erkenntnisse zu einer allgemeinen Systemtheorie integrierte (von Bertalanffy, 1968, 1975; siehe zusammenfassend Miller, 1975). Etwa zur selben Zeit führte Cannon (1939) das Konzept der Homöostase ein, und um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts entstand die Informationstheorie (Shannon& Weaver, 1949). Die Systemtheorie ist ein Teilgebiet der Kybernetik, das in sehr allgemeiner Weise die Zustandsänderungen und Prozessabläufe in unterschiedlichen Systemen analysiert und die Zusammenhänge zwischen der Struktur und Funktionsweise von Systemen zum Gegenstand hat. Da ihre Aussagen unabhängig von der konkreten Realisierung der Systeme sind, lassen sie sich auf eine Vielzahl von Wissenschaften, darunter die Biologie und die Psychologie, anwenden.

Der Begriff„System“ wird in unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. Eine sehr allgemeine Definition lautet: Ein System ist eine Menge von Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen, wobei der Zustand jedes Elementes durch den Zustand der anderen Elemente beeinflusst wird. Unter anderem lassen sich konzeptuelle, technische und lebende Systeme unterscheiden. Ein Beispiel für ein einfaches technisches System ist ein Thermostat zur automatischen Temperaturregelung zu Einzelheiten siehe Becker, 1995). Hingegen dient eine aus Eltern und Kindern bestehende Familie, deren Mitglieder sich gegenseitig beeinflussen, als Beispiel für ein lebendes (soziales) System.

Ein lebendes System setzt sich aus Subsystemen zusammen und ist selbst Subsystem einesübergeordneten Suprasystems (Abbildung 3.1). Es kann mithin auf hierarchisch angeordneten Ebenen– zum Beispiel von Zellenüber Organe, Organismen (Personen), Gruppen, Gesellschaften bis zur Biosphäre– beschrieben werden siehe Abbildung 3.2). Verschiedene Wissenschaften– von der Physik und Chemieüber die Anatomie, Physiologie, Biomedizin, Psychologie, Soziologie bis zurÖkologie– haben sich auf die Erforschung der jeweiligen Strukturen und Prozesse auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen spezialisiert und dabei jeweils Problem angemessene eigene Sprachen entwickelt. Konkrete Beispiele für systemische Prozesse auf verschiedenen Ebenen werden unten gegeben (Abbildungen 3.3 bis 3.5 sowie in Kapitel 6 die Abbildungen 6.1 und 6.3).

Inhaltsverzeichnis6
Vorwort10
1. Gesundheit und Krankheit14
1.1 Paradoxa der Begriffe Gesundheit und Krankheit14
1.2 Gesundheitsbegriff15
1.2.1 Gesundheitsbegriff in der Wissenschaft15
1.2.2 Gesundheitsbegriff von Laien18
1.3 Krankheitsbegriff20
1.3.1 Konzeptuelle Differenzierungen20
1.3.2 Allgemeiner Krankheitsbegriff in der Wissenschaft21
1.3.3 Allgemeiner Krankheitsbegriff von Laien24
1.4 Gesundheit und Krankheit als Dichotomie und als Kontinuum25
1.5 Zwischenbilanz zum Gesundheits- und Krankheitsbegriff27
1.6 Differenzierung von Gesundheitsbegriffen27
1.6.1 Aktuelle und habituelle Gesundheit28
1.6.2 Körperliche und psychische (seelische) Gesundheit28
1.6.3 „Objektiv“ erfasste und subjektiv eingeschätzte Gesundheit bzw. Krankheit31
1.7 Psychometrische Diagnostik von Gesundheit und Krankheit33
1.7.1 Diagnostik der aktuellen körperlichen Gesundheit34
1.7.2 Diagnostik der aktuellen psychischen Gesundheit: Skala zur Globalen Erfassung des Funktionsniveaus37
1.7.3 Diagnostik der aktuellen (psychischen und körperlichen) Gesundheit39
1.7.4 Diagnostik der habituellen körperlichen Gesundheit43
1.7.5 Diagnostik der habituellen psychischen Gesundheit46
1.7.6 Vergleichende Gegenüberstellung der acht Verfahren zur Diagnostik von Gesundheit und Krankheit48
1.8 Zusammenhang von körperlicher und psychischer Gesundheit bzw. Krankheit50
1.8.1 Komorbidität von körperlichen und psychischen Erkrankungen50
1.8.2 Zusammenhang von aktueller körperlicher und psychischer Gesundheit bzw. Krankheit, ausgehend von Symptomen53
1.8.3 Zusammenhang von habitueller psychischer und körperlicher Gesundheit bzw. Krankheit56
1.8.4 Diskussion der Zusammenhänge von körperlicher und psychischer Gesundheit bzw. Krankheit57
1.9 Zusammenfassung59
2. Modellvorstellungen über Zusammenhänge von Lebensbedingungen, Persönlichkeitseigenschaften und Gesundheit/ Krankheit62
2.1 Stressor-Stress-Modelle62
2.1.1 Stress aus biologischer Perspektive: Hans Selye63
2.1.2 Stress aus integrativer psychobiologischer Perspektive: Bruce McEwen64
2.1.3 Stress aus psychosozialer Perspektive68
2.2 Diathese-Stress-Modelle80
2.3 Stressor-Ressourcen-Modelle82
2.3.1 Demand-Control-Modell82
2.3.2 Modell der beruflichen Gratifikationskrisen (Effort-reward imbalance- Modell)85
2.3.3 Stressbewältigungsmodell von Lazarus87
2.3.4 Salutogenese-Modell von Antonovsky91
2.3.5 MASH-Modell95
Anpassung Stress96
Ressourcen96
Circumplexmodell96
2.3.6 Modell der Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Kupsch98
2.4 Zusammenfassung100
3. Ein systemisches Anforderungs-Ressourcen- Modell ( SAR- Modell) der Gesundheit104
3.1 Systemtheoretische Überlegungen zu Gesundheit und Krankheit104
3.1.1 Ansatz von von Uexküll und Wesiack (1986)105
3.1.2 Bewältigung von Anforderungen mithilfe von Ressourcen109
3.2 Anforderungen112
3.2.1 Interne Anforderungen112
3.2.2 Externe Anforderungen128
3.3 Ressourcen132
3.3.1 Externe Ressourcen134
3.3.2 Interne Ressourcen138
3.4 Diagnostik externer Anforderungen und Ressourcen168
3.4.1 CEPAR169
3.4.2 Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS)170
3.5 Allgemeines Modell zur Entstehung von Störungen/Krankheiten173
3.5.1 Prädisponierende und immunisierende Bedingungen174
3.5.2 Auslösende und Pufferbedingungen176
3.5.3 Aufrechterhaltende und kurative Bedingungen176
3.6 Stellenwert des Gesundheits- und Bewältigungsverhaltens innerhalb des SAR- Modells177
3.7 Vergleich mit verwandten Modellen179
3.7.1 Lazarus179
3.7.2 Antonovsky180
3.7.3 Hobfol