: Ulrike Petermann, Franz Petermann
: Diagnostik sonderpädagogischen Förderbedarfs (Reihe Jahrbuch der pädagogisch-psycholischen Diagnostik Test und Trends)
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840919435
: 1
: CHF 31.90
:
: Grundlagen
: German
: 272
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF

Mehr als fünf Prozent aller Schulkinder erhalten eine sonderpädagogische Förderung. Die Förderpläne und Förderangebote wurden auf der Ebene der Bundesländer ausgearbeitet und erfordern eine individualisierte diagnostische Herangehensweise, die der Problemlage des Kindes gerecht wird und eine gezielte Hilfestellung ermöglicht.

Das Buch stellt für folgende Förderschwerpunkte diese diagnostischen Strategien vor:

· emotionale und soziale Entwicklung,
· kognitive Entwicklung und
· sprachliche Entwicklung.

Im Rahmen der Darstellung des diagnostischen Vorgehens wird die Relevanz verschiedener psychodiagnostischer Ansätze deutlich. Darüber hinaus werden als zentrale Perspektiven Trends in der neuropsychologischen Diagnostik und in der Diagnostik von so genannten Vorläuferstörungen im Kindergartenalter ausgeführt.

Kapitel 3 Rahmenbedingungen und diagnostische Umsetzung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs in Hamburg und Schleswig- Holstein (S. 37-38)

Karl Dieter Schuck, Ulrich von Knebel, Wolfgang Lemke, Joachim Schwohl und Tanja Sturm

Zusammenfassung
Der Beitrag erörtert die geltenden gesetzlichen Grundlagen, die organisatorischen Rahmenbedingungen und die diagnostische Umsetzung der Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs für die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Es wird darauf eingegangen, inwieweit in diesen beiden Bundesländern eine lernprozessbegleitende, evaluative Diagnostik auf dem Hintergrund aktueller Bildungsbegriffe und Entwicklungsvorstellungen möglich ist, realisiert wird und hinsichtlich ihrer Güte sichergestellt ist.

1 Standards der sonderpädagogischen Diagnostik
Die Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs ist eine systematische Erkenntnistätigkeit im pädagogischen und sonderpädagogischen Feld nach den Maßgaben schulrechtlicher und verwaltungstechnischer Vorgaben. Sie wird von speziell ausgebildeten Lehrkräften ausgeübt, die in ihrer diagnostischen Tätigkeit die Bedingungen des Systems Schule und den erziehungswissenschaftlichen und behindertenpsychologischen Fachdiskurs der vergangenen Jahrzehnte zu koordinieren haben. Die dazu vorliegende Literatur ist inzwischen unübersehbar und erlaubt zur Beurteilung der länderspezifischen Gegebenheiten nur aspekthafte Verweise auf entwickelte Standards.

Mit den programmatischen Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK) von 1994 in Form der„Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK], 1994) sind Standards sonderpädagogischer Diagnostik und Förderung formuliert, die die fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung der 70er und 80er Jahre mit der„Empfehlung zur Ordnung des Sonderschulwesens“ (Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK], 1972) widerspiegeln. Damit befindet sich die sonderpädagogische Diagnostik in einem Spannungsfeld zweier gegensätzlicher und parallel wirksamer Paradigmenüber Schule, Lernen und Entwicklung, Erziehung und Bildung. Unter den Vorgaben der KMK-Empfehlung von 1972 war es gerechtfertigt und notwendig, mit einer Psychodiagnostik auf dem Hintergrund von Persönlichkeitsmodellen inter- und intraindividuelle Unterschiede zu beschreiben und dieses Wissen für Entwicklungsprognosen und Schullaufbahnentscheidungen in einem nach kognitiven Anforderungsniveaus und nach einem schädigungsorientierten Behinderungsbegriff gegliederten Schulsystem zu nutzen. Die Psychologie wurde mit ihren Persönlichkeitsmodellen und ihrer hoch entwickelten Messtechnik psychischer Merkmale zur zentralen Bezugswissenschaft.

Der mit den KMK-Empfehlungen von 1994 verbundene tiefgreifende Paradigmenwechsel (Pluhar, 2003, S. 70) wird angedeutet im Wandel des zentralen Leitbegriffs: Bei der Erfüllung des diagnostischen Auftrags ist nicht mehr (wie nach der Empfehlung von 1972) nach der Sonderschulbedüftigkeit nicht normgerecht lernender und entwickelter Kinder zu fragen, sondern unter dem Vorrang der integrativen Beschulung aller Kinder nach dem sonderpädagogischen Förderbedarf und seiner Sicherstellung in der allgemeinen Schule. Fundament von Unterricht und Erziehung soll eine den Lernprozess begleitende Diagnostik (KMK, 1994, S. 9) sein. In diesem Kontext bedarf es einer Diagnostik, mit deren Hilfe die institutionellen und außerinstitutionellen Prozesse der Erziehung und Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, gegebenenfalls unter erschwerten Bedingungen, gestaltet und begleitet werden können. Nicht mehr der punktuell erhobene, aktuelle Status und die daraus abgeleitete, in der realen Schulwirklichkeit regelhaft nicht revidierbare Zuordnung zu einem schulischen„treatment“ ist gewünscht, sondern die optimale Gestaltung und Evaluation von Lernprozessen. Die bisherübliche prospektive Diagnostik hat sich dementsprechend zu einer evaluativen Diagnostik zu entwickeln, die sich der Formierung und Begleitung der bestmöglichen Förderung verschreibt (Schuck, 2000). Die noch immer gebräuchlichen diagnostischen Zuordnungs- bzw. Selektionsstrategien sind in Modifikationsstrategien (Schwarzer, 1982) zuüberführen.

Dabei ist der diagnostische Prozess in Anlehnung an Kaminski (1970) als ein mehrphasiges zyklisches Verfahren der Informationssammlung zur Gestaltung und Begleitung des nachfolgenden pädagogischen Prozess zu konzipieren (vgl. u. a. Schuck 2003).

Inhaltsverzeichnis6
Vorwort8
Kapitel 1 Zum Stellenwert sonderp‚dagogischer F‡rderdiagnostik12
Zusammenfassung12
1 Einleitung12
2 Der förderdiagnostische Prozess16
3 Entwicklungspsychopathologische Konzepte zur Begr ndung von F‡rderdiagnosen19
4 ICF als sonderp‚dagogische Klassifikationshilfe20
5 Zum Alltag des sonderp‚dagogischen Diagnostizierens22
6 Schlussfolgerungen und Perspektiven22
Literatur24
Kapitel 2 Rahmenbedingungen und diagnostische Umsetzung zur Feststellung sonderp‚dagogischen F‡rderbedarfs in Bayern28
Zusammenfassung28
1 Einleitung28
2 Rahmenbedingungen des BayEUG im Kontext sonderp‚dagogischer Förderung29
2.1 Zur Gliederung des Förderschulwesens29
2.2 Zur Frage des geeigneten Förderortes30
2.3 Der Mobile Sonderp‚dagogische Dienst (MSD)33
2.4 Die Schulvorbereitende Einrichtung (SVE)34
3 Förderdiagnostische Umsetzung zur Feststellung des sonderp‚dagogischen F‡rderbedarfs35
3.1 Gutachtenerstellung im Wandel: Sonderp‚dagogisches Gutachten, sonderp‚dagogische Stellungnahme und Beratung35
3.2 Sonderp‚dagogischer Förderbedarf und testdiagnostische Umsetzung39
3.3 Individuelle Norm und Kompetenzorientierung41
4 Zukünftige Perspektiven44
Literatur45
Kapitel 3 Rahmenbedingungen und diagnostische Umsetzung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs in Hamburg und Schleswig- Holstein48
Zusammenfassung48
1 Standards der sonderp‚dagogischen Diagnostik48
2 Die schulgesetzlichen Rahmenvorgaben in Hamburg und Schleswig- Holstein51
2.1 Gesetzliche Grundlagen zur Feststellung51
sonderp‚dagogischen F‡rderbedarfs in Hamburg51
2.2 Gesetzliche Grundlagen zur Feststellung sonderp‚dagogischen57
F‡rderbedarfs in Schleswig-Holstein57
3 Sonderp‚dagogische Diagnose und F‡rderung in Zahlen und im Vergleich62
3.1 Schulstrukturelle Kontexte62
3.2 Zahlen zur sonderp‚dagogischen Diagnostik67
und F‡rderung im Vergleich67
4 Ergebnisse zur Qualit‚t von sonderp‚dagogischen Gutachten in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig- Holstein70
4.1 Varianzquellen f r die Unterschiedlichkeit71
der Gutachten71
4.2 Ergebnisse zum Anlass der Untersuchung:71
Das Gutachten als Verwaltungsakt71
4.3 Diagnostischer Gegenstand: Belege f r die Nachwirkungen71
eines medizinisch orientierten Menschenbildes71
4.4 F‡rdervorschl‚ge: Lernortentscheidung72
als F‡rdervorschlag72
4.5 Diagnostische Verfahren:72
Dominanz von Intelligenztests72
4.6 Ratings zur Qualit‚t der Gutachten73
4.7 Spiegelung der Ergebnisse73
Literatur74
Kapitel 4 Diagnostik bei hyperkinetischen und oppositionellen Störungen78
Zusammenfassung78
1 Fallbeispiel78
2 Definition und Symptomatik80
3 Häufigkeit81
4 Förderdiagnostische Gutachtenerstellung82
4.1 Ein angemessenes Bedingungsmodell82
als Ausgangspunkt82
4.2 Diagnostisches Vorgehen85
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