Kapitel 1 (S. 5-6)
In der Morgenstille war nichts vernehmbar als das helle, langgezogene Trillern der kleinen Buchfinken im jungen Birkenlaub. Die breite, ungepflasterte Straße, die sich, nicht weit von der russischen Hauptstadt, in der Richtung der finnländischen Bahnlinie ins flache Land erstreckte, lag einsam im Frühnebel da. Dann holperte ein Leiterwagen, mit einigen Möbelstücken bepackt, schwerfällig des Weges; der Fuhrmann kletterte von seinem Sitz, warf den kurzen Schafspelz von den Schultern, und, im roten Hemde neben seinen beiden magern Gäulen hergehend, stimmte er eine Volksweise an, die schwermütig in den Vogelgesang hineinklang.
Hinter den Birken tauchte hie und da ein Landhaus auf, meist ein Holzbau, mit geschlossenen Fensterläden und bretterverschlagener Balkontür; oder es schimmerte ein Garten hervor, in dem man eifrig beschäftigt war, das Winterlaub zusammenzukehren und die Beete für den Sommer in stand zu setzen. Aber erst nach Beginn der städtischen Schulferien wurde es in dieser Gegend lebendig.
Der Möbelwagen hielt vor einem Hause, das ganz abseits, weit entfernt von jeder Nachbarschaft, zwischen niedrigem Weidengebüsch und etwas feuchtem Wiesengrund lag. Es war nicht sonderlich groß, besaß aber den schönsten Garten von allen. Die Frühlingsbäume, die es umstanden, breiteten einen zarten bräunlichen Schleier darüber, und ringsüber den verwitterten Lattenzaun drängte sich der Flieder in hellgrünen Blattknospen.
»Die Pforte von außen aufstoßen!« schrie eine vergnügte Stimme in gebrochenem Russisch dem Fuhrmann entgegen, und gleich darauf kam ein halbwüchsiger Knabe durch den Garten gelaufen. Langsam bewegte der Wagen sichüber den Kiesweg bis hinter das Haus, wo einige Stufen zur offenen Terrasse mit der Eingangstür emporführten.
Eineältliche Magd, mit einer sonderbaren Friesenhaube auf dem Kopf, wartete schon unten, griff kräftig mit an und ließ die abgeladenen |