: Heinz Mandl, Helmut Felix Friedrich
: Handbuch Lernstrategien
: Hogrefe Verlag Göttingen
: 9783840918131
: 1
: CHF 29.40
:
: Pädagogik
: German
: 425
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF

Lernstrateg en spielen als Schlüsselelemente von Lern- und Methodenkompetenz in vielen Bildungsplänen und Bildungsstandards eine zentrale Rolle. Nicht zuletzt deshalb, weil sich angesichts der raschen Veränderung von Inhaltswissen die Frage stellt, welche Fertigkeiten Lernende befähigen, den rapiden Wissenswandel zu bewältigen. Der Band informiertüber den aktuellen Stand der Forschung zu verschiedenen Arten von Lernstrategien: kognitive und metakognitive Strategien, Strategien der Wissensnutzung, Strategien zur Beeinflussung von lernbezogener Motivation und Emotion, sozial-interaktive Lernstrategien sowie schließlich Strategien der Ressourcennutzung. Darüber hinaus werdenübergreifende Aspekte wie z.B. Lernstrategien in Schule und Studium, die Frage nach habituellen Lerntypen bzw. Lernstilen oder die Frage nach geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Nutzung von Lernstrategien behandelt. 

2 Schemata als bewusste Lernstrategien (S. 140-142)

Werden Schemata als bewusste Lernstrategie eingesetzt, so wird versucht, beim Lernenden anhand geeigneter instruktionaler Vorgaben ein fremdes Schema zu induzieren, um den Wissenserwerb zu verbessern. Hierbei handelt es sich um Schemata, die von Experten erstellt werden. Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Expertenschemata einzusetzen: Entweder werden Lernende explizit in der Anwendung dieses Schemas trainiert oder es wird implizit in die Lernumgebung integriert. Diese expliziten und impliziten Trainings von Schemata haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Bei expliziten Trainings wird durch die intensive Lernphase eine stärkere kognitive Auseinandersetzung mit dem vorgegebenen Schema erreicht, allerdings zulasten eines höheren zeitlichen Aufwands. Werden Schemata direkt in die Lernumgebung integriert, wird die Einarbeitungszeit zwar verkürzt, zugleich besteht jedoch die Gefahr einer inadäquaten Nutzung– in Abhängigkeit vom Vorwissen der Lernenden und von der Elaboriertheit des angebotenen Schemas.

Drei verschiedene Formen von Schemata werden als Nächstes vorgestellt und mit Beispielen zu direkten und indirekten Trainingsmaßnahmen zur Anwendung dieser Schemata illustriert: Darstellungsschemata für das Verstehen von Texten, Problemlöseschemata und Schemata zum Lösen von Fällen.

2.1 Darstellungsschemata

Darstellungsschemata umfassen Super- oder Metastrukturenüber verschiedene Textsorten. Die kognitive Beschäftigung mit komplexen Theorietexten kann durch trainierte und in der Lernumgebung vorgegebene Wissensschemata unterstützt werden. Eine von Brooks und Dansereau (1983) entwickelte Trainingsmethode für das bessere Verständnis von theoretischen Texten bestand in der Formulierung und Beantwortung thematisch relevanter Fragestellungen, die Lernende auf die zentralen Konzepte des Textes aufmerksam machen sollten. Das entwickelte Wissensschema„DICEOX" strukturierte in Form einer Tabelle die sechs zentralen Aspekte der zu erlernenden Theorie. Sie umfassten die Beschreibung der wichtigsten theoretischen Annahmen (Description), die historische Entwicklung der Theorie (Inventor/History), die damit verbundenen Implikationen (Consequences), die dafür notwendigen Beweise (Evidence) und den Bezug zu anderen Theorien (Other Theories) oder weiteren relevanten Informationen (X-tra Information). In zwei Experimenten zeigte sich dieÜberlegenheit der Schemavorgabe für den Wissenserwerb (Brooks& Dansereau, 1983).

Ohlhausen (1985) konnte diesen Befund im Fach Geografie replizieren. Neben einem expliziten Training können Strukturierungshilfen auch direkt in der Lernumgebung verankert sein, unter anderem in Form von Advance Organizer (Ausubel, 1960). Diese stellen kurze inhaltlich aufeinander bezogene Informationen bereit, die die zentralen Konzepte des Lehrmaterials in allgemeiner, inklusiver und abstrakter Form darstellen. Ebenso können aber auch zentrale Fragestellungen zum besseren Verständnis direkt integriert werden. So wurde in einer Videokonferenzstudie zum Peer-Teaching von Ertl, Reiserer und Mandl (2002) das Wissensschema auf dem Computer-Interface in Form einer Tabelle mit vier Kategorien und acht Leitfragen konzipiert. Die Kategorien umfassten Fragen zu den zentralen theoretischen Konzepten („Was sind die wichtigsten Begriffe der Theorie?"), den empirischen Befunden („Wie wurde die Theorie untersucht?"), den pädagogischen Konsequenzen („Welche pädagogischen Handlungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Theorie?") und zur eigenen Bewertung („Was gefällt uns an der Theorie?"). Damit wurde die inhaltliche Strukturierung unmittelbar in die Lernumgebung integriert. Hier zeigten sich positive Effekte für den kooperativen Lernerfolg (Ertl et al., 2002).

2.2 Problemlöseschemata

Eine weitere Möglichkeit, Schemata als Lernstrategie einzusetzen, liegt im Bereich des Problemlösens. In einer Studie in der DomäneÖkonomie hatten Lernende die Aufgabe, computersimuliert eine Jeansfabrik zu leiten, um den Gewinn zu maximieren (Stark, Gruber, Renkl& Mandl, 1998). Darin musste der Jeanspreis und die Stückzahl der Produktion festgelegt werden. Um das Problemlösen zu verbessern, wurden die Lernenden in folgendem Schema trainiert:

1. Sammeln der Informationen und Analyse der vorhandenen Daten.
2. Bestimmung und Begründung der getroffenen Entscheidungen.
3. Vorhersage des Preises der Konkurrenten, Vorhersage des eigenen Absatzes und des zu erzielenden Profits.
4. Bewertung der Ergebnisse, Vergleich derselben mit den getroffenen Vorhersagen und Ziehen von Schlussfolgerungen.

Die Studie ergab, dass Lernende, die nach dem Training mithilfe dieses Problemlöseschemas arbeiteten, besser abschnitten als Lernende ohne das Schema.

Vorwort6
Inhaltsverzeichnis8
Lernstrategien: Zur Strukturierung des Forschungsfeldes12
1 Teil A: Spezifische Lernstrategien12
1.1 Kognitive Lernstrategien13
1.2 Motivations- und Emotionsstrategien18
1.3 Strategien für das kooperative Lernen19
1.4 Nutzung von Ressourcen20
2 Teil B: Übergreifende Aspekte von Lernstrategien20
3 Was hat sich seit 1992 verändert?22
3.1 Trends im gesellschaftlichen Umfeld22
3.2 Trends in der Lernstrategieforschung23
3.3 Förderung von Lernstrategien27
3.4 Strategien für das Lernen mit Medien29
Literatur31
Teil A: Spezielle Lernstrategien36
Elaborationsstrategien36
Aufmerksamkeit, Lernen, Lernstrategien38
1 Aufmerksamkeit38
2 Aufmerksamkeit und Lernen39
3 Aufmerksamkeitskontrolle41
3.1 Kapazitätsop timierende Strategien41
3.2 Selektionsunterstützende Strategien44
4 Zusammenfassung und Ausblick45
Literatur46
Vorwissen aktivieren49
1 Das Vorwissenskonzept49
1.1 Zum Begriff des Vorwissens49
1.2 Dimensionen des Vorwissens50
2 Vorwissensaktivierung52
2.1 Zum Begriff der Vorwissensaktivierung52
2.2 Die Bedeutung der Vorwissensaktivierung für das Lernen52
2.3 Strategien und Methoden der Vorwissensaktivierung54
3 Schlussbemerkung57
Literatur57
Fragenstellen61
1 Fragenstellen als Forschungsgegenstand61
2 Arten und Funktionen des Fragenstellens für den Wissenserwerb62
3 Modelle und Determinanten des Fragenstellens63
4 Förderung des Fragenstellens64
Literatur67
Notizenmachen: Funktionen, Formen und Werkzeugcharakter von Notizen70
1 Hauptfunktionen und Erklärungsansätze zum Nutzen des Notizenmachens71
1.1 Notizenmachen zur Enkodierung von Information71
1.2 Notizen zur externen Speicherung von Information72
2 Form und Qualität von Notizen73
2.1 Hinweise zur Anfertigung von Notizen74
2.2 Vollständigkeit als Qualitätsmerkmal75
2.3 Generative Transformationen als Qualitätsmerkmale75
3 Notizen als Werkzeug selbst gesteuerten Lernens und Handelns77
Literatur79
Vorstellungsbilder und Imagery- Strategien83
1 Was sind Vorstellungsbilder und Imagery-Strategien?83
2 Theoretische Grundlagen84
3 Stand der Forschung88
3.1 Analytisch-deskriptive Ansätze88
3.2 Interventionsmaßnahmen zur Förderung von Imagery-Strategien90
4 Praktische Bedeutung93
Literatur96
Mnemotechnik100
1 Begriffsklärung und Prinzipien100
2 Die Methoden102
3 Psychologische Forschungsergebnisse105
4 Die Relevanz von Mnemotechniken für die Lernpraxis107
5 Glimpses109
Literatur110
Wiederholungsstrategien112
1 Forschungsbefunde zu den Prozessen des Wiederholens113
1.1 Wiederholen aus gedächtnispsychologischer Sicht113
1.2 Das Wiederholen im umfassenderen Lernprozess113
2 Wiederholungsstrategien und die Bedingungen für ihren Einsatz117
2.1 Strategien im Hinblick auf Anzahl, Tempo, Dauer und Dicht117