Nur ich sag ich zu mir
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Ellis Kaut
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Nur ich sag ich zu mir
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LangenMüller
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9783784481142
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1
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CHF 13.90
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Politik
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German
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225
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DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Als Erfinderin des Pumuckl wurde sie international bekannt. Doch Ellis Kaut kennt auch eine Leben neben dem pfiffigen Klabautermann in Meister Eders Werkstatt. Die bekannte Autorin erzählt charmant und mit dem ihr eigenen Witz von einem ungewöhnlichen Künstlerdasein in München, von der Liebe ihres Lebens, von den Ängsten, die sie während des Krieges plagten, von ihrer leidenschaftlichen Begeisterung für das Leben an sich. Sie war offizielles"Münchner Kindl.", Schauspielerin, Rundfunksprecherin, Geschichtenerzählerin, Bildhauerin, Fotografin und nicht zuletzt Schriftstellerin. Und natürlich ist ausführlich die Rede davon, wie der Pumuckl erfunden wurde und was der freche Kobold in Ellis Kauts Leben verändern sollte. Entstanden ist eine faszinierende Mischung aus Zeitgeschichte und persönlicher Dokumentation, ein beeindruckender Rückblick auf ein Leben, das sich oft liest wie ein Roman.
Ernstfall - Abschied Hals über Kopf
(S. 67-68)
Und dann kam der 1. September 1939. Um zehn Uhr war die Generalprobe für Goldonis »Fächer« angesetzt, abends sollte die feierliche Premiere sein. Ich erwachte an diesem Tag morgens gegen fünf Uhr, weil eine Männerstimme auf der Straße laut rufend immer näher kam: »Ernstfall! Verdunkeln! Ernstfall! Verdunkeln! «, dröhnte es in die morgendliche Stille. Ernstfall! Ich zweifelte keinen Augenblick daran, was dieser Ernstfall bedeutete. Krieg. Die Einberufungen liefen ja schon längere Zeit. Auch Kurt war bereits seit ein paar Tagen in Uniform. Seine Division, das Bayerische Infanterieregiment, stand in Markt Schwaben bei München.
»Ernstfall« hieß aber nicht nur, dass verdunkelt werden musste, es hieß auch, dass die Soldaten, wenn nicht sofort, dann in kürzester Zeit abrücken mussten. Also auch Kurt. Vielleicht war er schon abgerückt und ich würde ihn nie mehr wiedersehen. Ich sollte in Wiesbaden in einer belanglosen Komödie auftreten und das Entsetzlichste geschah – Krieg! Kurt war als Soldat in Markt Schwaben naturgemäß telefonisch nicht zu erreichen. Ich überlegte kurz und tat dann einfach das Naheliegendste: Ich packte meinen Koffer. Es muss ungefähr sechs Uhr früh gewesen sein, als ich das Haus verließ. Von meinen Vermietern habe ich mich nicht verabschiedet – hatte ich überhaupt die Miete bezahlt?
Wie ich mit dem Koffer von meiner Bleibe am Stadtrand Wiesbadens an den Bahnhof in der Stadtmitte kam, weiß ich nicht mehr. Ich wusste auch nicht, wel che Züge wann gingen. Irgendeiner würde jedenfalls in Richtung München fahren, oder wenigstens in die Nähe, dachte ich. Es ging keiner, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Ich stieg in den nächstbesten Zug Richtung Frankfurt. Frankfurt hatte zumindest einen größeren Bahnhof, von dort würde es schon irgendwelche Verbindungen nach München geben. Ich sehe noch deutlich vor mir, wie ich, auf meinem Koffer sitzend, auf den Zug nach München wartete.
Rings um mich aufgeregte Menschenmassen und dann die dröhnenden Lautsprecher: »Seit fünf Uhr wird zurückgeschossen«, brüllte Hitlers Stimme über alle Lautsprecher. Ich habe nicht geweint. Ich war betäubt und gleichzeitig mit großer Energie geladen. Ich fand den direkten Zug nach München. Er war überfüllt und ich musste bis München stehen. Ich brachte das dröhnende »Seit fünf Uhr wird zurückgeschossen« nicht mehr aus meinen Ohren. Ich verschwendete keinen Gedanken an die um zehn Uhr in Wiesbaden beginnende Generalprobe. Keinen daran, ob man mich suchen würde, ob man einen Ersatz finden könnte, ja, ob überhaupt abends die Premiere stattfinden würde.
In mir war nichts als der unbeugsame Wille, dem Schicksal, wenn auch nur kurz, Einhalt zu gebieten, wenigstens so lange, bis ich Kurt noch einmal gesehen hatte, bevor er in den Krieg zog. Irgendwann einmal war die Bahnfahrt zu Ende und irgendwann läutete ich bei meinen Eltern. Sie kamen nicht dazu, viel zu fragen. Ja, Kurt wäre noch in Markt Schwaben, jedenfalls soviel sie wüssten. Ich stellte lediglich meinen Koffer ab und fuhr nach Markt Schwaben.
Vorwort
8
Der Gesang auf der Treppe
12
Das Spazierstöckchen
15
Das Spottlied
20
Seltsame Finger
22
Die Mutprobe
25
Beweis der Heiligkeit
27
Das sechste Gebot
29
Silbern, aber nackt – der Frisör
31
Der Aufsatz Ferienerlebnis
33
Der Fremde auf der Anlagenbank
37
Verhändig mit Heinz
39
Erste kindliche Erfahrungen mit den Nazis
42
Übung in Ausreden
45
Geburtstagsblumen für eine Lehrerin
47
Bleibt noch Zeit für das Leben?
47
Traumerfüllung
50
Die Geschichte meines Kopfes
55
Treffen
59
Die Abschlussprüfung
63
Die ersten Engagements
64
Ernstfall - Abschied Hals über Kopf
68
Am Schalter mit Essensmarken
72
Hochzeit
75
Die erste gemeinsame Wohnung
75
Willi Cronauer
77
Unterricht bei Rudolf Pfefferer
80
Die Akademie Bildender Kunst
82
Kurts Fronturlaub und der weibliche Akt
86
Frontbriefe
89
Lebensfreude trotz Krieg
92
Die Einbrenne
93
Die »Orgie«
95
Eva von Riesen
98
Abgelehnt
101
Inseln des Friedens
103
Evakuierung nach Kiefersfelden
105
Hipp, ich und die Steinbildhauerei
107
Mein Vater
110
Pension » Alpenrose «
113
Das Fahrrad
114
Kühe im Stall
118
Ursula
120
Das Telegramm
121
Flucht auf die Alm
122
Eine Vergewaltigung?
124
Willi Cronazers frohe Botschaft
126
Nachricht von Kurt
129
Ein wenig Geschichte statt Biografie
130
Arbeit als Porträtistin
131
Kurts Heimkehr
135
Die modellierte Kuh
141
Onkel Fiz
144
Zufälle?
146
Die Firma Pfeifer
147
Brumml-Gschichten
150
Der Geburtstagskuchen
151
Währungsreform
153
Heimkehr
162
Unser Garten
163
Fotografieren
170
Kinder, benehmt euch!
172
Ein Hörspielpreis
175
»Die Ohren des Herrn Morose«
176
Musch macht Geschichten
182
Wie kam es zum Pumuckl?
184
Pumuckl wird sichtbar
188
Kobolde vertreiben
191
Was ist das, ein Klabauter?
193
Der aufgeregte Mann
195
Lesungen
197
Pumuckl lernt laufen
199
Für den technisch Interessierten
204
Ungarn mit dem Reisemobil
206
Ganz andere Dimensionen
208
Anhang
212