: Stefanie von Rossek
: Femmes fatales und Kesse Väter: Über weibliche Homosexualität im Spielfilm Homogene Inszenierungsmethoden von weiblicher Homosexualität im Spielfilm aufgrund von defizitären und kontradiktorischen Quellen?
: Grin Verlag
: 9783656249214
: 1
: CHF 28.60
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: Theater, Ballett
: German
: 125
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Magisterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 1,3, Ludwig-Maximilians-Universitä München (Theaterwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Thema weibliche Homosexualität hat viel mit Unsichtbarkeit zu tun. Dies bedeutet, dass jede Frage, die sich mit der Homosexualität von Frauen beschäftigt, lediglich noch mehr Fragen aufwirft. Dabei fällt bereits die Homosexualität allgemein in eines dieser Phänomene, die besonders erklärungsbedürftig sind. Denn geht 'man von der grundsätzlichen biologischen Programmierung der Sexualität aus, so dürfte es aus evolutionstheoretischen Gründen Homosexualität eigentlich gar nicht geben.' Diese Arbeit soll jedoch nicht dazu dienen, nach Beweisen für die Existenz von Homosexualität zu suchen. Ferner spielt der Begriff 'Unsichtbarkeit' in diesem Fall nicht auf die häufig sehr indirekten Inszenierungsmethoden von Homosexualität im Spielfilm in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts an. Auch wenn es sich nicht vermeiden lässt, gelegentlich diesen Punkt hervorzuholen, um auf diverse Filmbeispiele genauer eingehen zu können, ist dies nicht das zentrale Thema. Es wird sich herausstellen, dass die Präsenz einer lesbischen Lebensweise in der Öffentlichkeit in eine defizitäre Richtung läuft. Denn obwohl weibliche Homosexualität existiert und wahrscheinlich auch immer existiert hat, lässt sich sehr wenig darüber festmachen und die Quellen sind spärlich oder widersprüchlich. Eine Subkultur vergleichbar mit der männlichen Homosexualität ist auch nicht vorhanden. Sämtliche Theorien legen nahe, dass homosexuelle Frauen in den meisten Fällen anonym leben. Trotz der allem Anschein nach gegebenen Unsichtbarkeit von homosexuellen Frauen existieren zahlreiche Spielfilme, die einen lesbischen Inhalt thematisch integriert haben. Dabei stellt sich die Frage, auf welche Weise weibliche Homosexualität umgesetzt wird. Das hierbei häufige Aufgreifen von Stereotypen, die sich perpetuierend wiederholenden dramatischen Strukturen und die homogene Umsetzung des Themas in unterschiedlichen Filmen lassen den Eindruck entstehen, man habe es mit einem Mythos zu tun, sobald von weiblicher Homosexualität die Rede ist. Aussagen über lesbische Frauen enden meist in Vorurteilen. Auf den folgenden Seiten soll untersucht werden, inwiefern die Lücken in der Theorie über weibliche Homosexualität eine zyklische Inszenierungsmethode im Spielfilm zur Folge haben.

3. Erscheinungsbild und Auftreten einer homosexuellen Frau

 

3.1. Die homosexuelle Frau in der westlichen Kultur

 

3.1.1. Vorstellungen und Vorurteile über homosexuelle Frauen

 

Bevor mit einer eingehenden Analyse der Inszenierung von homosexuellen Frauen im Spielfilm begonnen wird, sollte es adäquat sein, dieser eine Untersuchung von lesbischen Frauen im realen Leben voranzustellen. Udo Rauchfleisch würde die Frage nach dem Erscheinungsbild einer Lesbe mit folgender Aussage beantworten: „Sie unterscheiden sich, abgesehen von ihrer Orientierung auf Menschen des gleichen Geschlechts, in nichts von anderen Menschen.“[272] Diese Einstellung wird von Jutta Brauckmann allgemein kritisch betrachtet. Sie stellt die Frage, wie es möglich sei, dass ein Mensch „sich „ausschließlich“ in seinem sexuellen Verhalten von anderen Menschen (…) (unterscheidet)?

 

Was ist das für eine Sexualität, die derart losgelöst von der Persönlichkeitsstruktur dieses Menschen existieren soll?“[273]

 

In der heutigen Gesellschaft existieren zahlreiche Vorstellungen und Vorurteile, wie homosexuelle Frauen auszusehen und sich in der Öffentlichkeit zu verhalten haben.

 

Zieht man ein informatives Handbuch über Lesben zu Rate, werden sämtliche Bilder einer negativen Anschauung aufgeführt und dementsprechend negiert. Es heißt oft, dass Misandrie ein verbreitetes Phänomen unter homosexuellen Frauen sei. Diesem Klischee wird die Anmerkung gegenüber gestellt, dass „(ablehnende) Haltungen Männern gegenüber (…) kein Grund für eine lesbische Identitätsentwicklung“[274] seien. Barbara Gissrau, welche zahlreiche Interviews mit lesbischen Frauen durchgeführt hatte, kam sogar zu dem Schluss, dass sowohl Neid als auch Hass auf Männer vielmehr bei heterosexuellen Frauen zu finden seien.[275]

 

Die Gleichgültigkeit von Seiten der Lesben gegenüber Männern charakterisiert Gissrau als „ein freundlich distanziertes, eher als neutral zu beschreibendes Verhältnis“[276]. Brauckmann ist dabei der Ansicht, dass dieser so genannte Männerhass von Lesben „in Wirklichkeit der Haß des Mannes auf eine Frau (ist), die ihn aus ihrem Leben ausschließt.“[277]

 

Die zweite Zuschreibung, dass homosexuelle Frauen nur noch keinen richtigen Mann gefunden hätten, beziehungsweise einmal einen bräuchten[278], wird sogar als gefährlich eingestuft. Denn sie wird „mitunter zur Rechtfertigung sexueller Belästigung oder Gewalt benutzt.“[279]

 

Die ähnlich entwertende Aussage, dass lesbische Frauen hässlich seien, wird als bösartige Begründung für homosexuelle, weibliche Liebe betrachtet, da Männer an diesen Frauen nicht interessiert wären.[280]

 

Die Behauptung, Lesben seien keine richtigen Frauen, wird dadurch negiert, dass „Männlichkeit oder Weiblichkeit und das dazugehörige individuelle Empfinden abhängig von vielen individuellen Prozessen und der Entwicklung eigener Maßstäbe“[281] seien.

 

Dem letzten Vorurteil, dass lesbischer Sex kein richtiger Sex wäre, wird gegenübergestellt, dass homosexuelle Frauen „ihre Sexualität jedoch genauso vielfältig und unterschiedlich wie heterosexuelle Menschen auch“[282] gestalten.

 

Mit Gerüchten dieser Art hat Udo Rauchfleisch sich intensiver befasst. Wie zu Beginn des Kapitels erwähnt hält er daran fest, dass „lesbische, schwule und bisexuelle Menschennicht so (sind), wie sie angeblich sein sollen.“[283] Er kritisiert, dass sich „die Charakterisierungen – vor allem im „wissenschaftlichen“ Schrifttum – im allgemeinen auf ganz bestimmte Populationen, in der medizinisch-psychologischen Literatur vornehmlich auf „Patienten“ (gründen), so daß eine Übertragung der an ihnen gesammelten Beobachtungen auf die ganze Gruppe von Lesben, Schwulen und Bisexuellen höchst fragwürdig“[284] sei.

 

Davon abgesehen lebt der Großteil von homosexuellen Frauen aus Angst vor Diskriminierung anonym und kann infolgedessen in Untersuchungsstudien nicht mit einbezogen werden.[285] Die Charakterisierung von männlicher Identifizierung bei Lesben, beziehungsweise die Annahme, dass lesbische Frauen sich an männlichen Verhaltensstandards orientieren, bezeichnet Rauch