Freiheit und Pluralität der Medien nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
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Oliver Bär
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Freiheit und Pluralität der Medien nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
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Herbert Utz Verlag
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9783831605309
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1
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CHF 33.90
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Sonstiges
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German
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362
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DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
»Die Freiheit und Pluralität der Medien werden geachtet.« (Art. 11 Abs. 2 Grundrechtecharta) Welche neuen Konturen bekommt das europäische Medienrecht durch die Grundrechtecharta? Wird Art. 11 Abs. 2 der Grundrechtecharta zur entscheidenden Wegmarke für die Entwicklung des Medienrechts in der Union? Ergeben sich Veränderungen insbesondere für die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks und auf dem Gebiet des Medienkonzentrationsrechts? Diesen Fragen nachgehend, setzt sich das Buch auch mit grundlegenden Fragestellungen der Grundrechtecharta im Hinblick auf deren Anwendungsbereich, die Einschränkbarkeit und die unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten sowie die Bedeutung der Chartagrundsätze und Auswirkungen abgeleiteter Gewährleistungspflichten auseinander. Dabei erfolgt auch eine Analyse des Vertrags über eine Verfassung für Europa unter medienrechtlichen Gesichtspunkten.
Olive Bär studierte von 1997 bis 2002 Rechtswissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung an der Universität Bayreuth. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter absolvierte er sein Referendariat in Bamberg und Berlin.
5. Kapitel: Die Charta der Grundrechte
(S. 115-117)
Ausgangspunkt der Erörterung des Art. 11 Abs. 2 Charta soll ein Blick auf den derzeitigen rechtlichen Status der Charta sein, wobei anschließend, unter Berücksichtigung des vom Verfassungskonvent vorgelegten Entwurfs des Verfassungsvertrags, die Bedeutung des vom Europäischen Rat in Brüssel angenommenen Verfassungvertrags für die Medien untersucht werden soll. Für die im Rahmen der Erörterung sehr wertvolle historische Auslegung der Charta ist es sinnvoll, am Anfang kurz Entwicklungslinien im Grundrechtsschutz der Europäischen Gemeinschaften und der Union sowie die Entstehungsgeschichte der Charta aufzuarbeiten.
I. Idee und Entstehungsgeschichte der Grundrechtecharta
1. Der EuGH und die Grundrechte
Aus der Grundrechtsabstinenz der Römischen Verträge wurde ursprünglich der Schluss gezogen, Grundrechte seien ausschließlich Bestandteil der nationalen Rechtsordnungen. 1 So hat auch der EuGH zunächst gegenüber Akten der Gemeinschaft keinen Grundrechtsschutz gewährt. Nach anfänglichem Zögern begann der EuGH aber mit der Entscheidung in der Rechtssache Stauder4 sukzessive5 den fehlenden und als unerlässlich anerkannten Grundrechtsschutz im Wege der Konkretisierung allgemeinen Rechtsgrundsätze zu entwickeln.
Für die weitere Entwicklung der Grundrechte war es in der Folgezeit neben der Kritik des italienischen Corte Constituzionale vor allem die sog. Solange-I-Entscheidung8 des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1974, die den EuGH darin bestärkt bzw. genötigt hat, die Wahrung der Grundrechte als einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzuerkennen und eine sichtbare Grundrechts-Rechtsprechung zu wagen. Der Gang der Grundrechts- Rechtsprechung des EuGH wurde 1986 vom Bundesverfassungsgericht in der sog. Solange-II-Entscheidung gewürdigt und hat auch in der wissenschaftlichen Literatur dazu geführt, dass von einer „Grundrechtscharta des EuGH" gesprochen wurde.
Mit der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission wurde der Grundrechtsschutz 1977 erstmals auch in der Gemeinschaft förmlich anerkannt. Obwohl der Erklärung juristisch nur deklaratorische Bedeutung zukam (soft law), hat sich der EuGH trotzdem verschiedentlich zur Begründung seiner Rechtsprechung auf sie berufen. In der Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte wurden der Grundrechtsschutz und die EMRK als Quelle erstmals durch die Mitgliedstaaten ausdrücklich anerkannt.
Bis heute hat der EuGH einen beachtlichen, umfassenden Katalog von Gemeinschaftsgrundrechten entwickelt, zu dem auch die Meinungs- und Informationsfreiheit zählt. Im Vertrag von Maastricht ist mit Art. 6 Abs. 2 [Art. F Abs. 2 EU] dann erstmals die Verpflichtung der Europäische Union zur Achtung der Grundrechte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die EMRK vertraglich festgeschrieben worden.
Im Übrigen haben sich zur Gewinnung von Gemeinschaftsgrundrechten verschiedene Modelle der Rechtsvergleichung herauskristallisiert, wobei sich neben der Literatur wohl auch der EuGH an der Methode der wertenden Rechtsvergleichung orientiert. Allerdings gibt eine Analyse der Urteile des EuGH nur wenig Aufschluss über dessen methodischen Ansatz, da er sich in der Regel damit begnügt, das Ergebnis einer rechtsvergleichenden Umschau mitzuteilen. Die Methode des EuGH zur „Findung von Grundrechten" war dann auch ob des Fehlens eindeutiger Maßstäbe und Transparenz , und der damit verbundenen mangelnden Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nie frei von Kritik, Grundrechte, die es von Gerichts wegen erst zu finden gilt, sind - entgegen den in Art. 1 Abs. 2 EU niedergelegten Grundprinzipien von Transparenz und Bürgernähe - für den Bürger nicht sichtbar.
Trotz der sich zunehmend entwickelnden Rechtsprechung des EuGH hat es daher immer wieder Bemühungen gegeben, eine kodifizierte Grundrechtecharta zu erarbeiten. Eine herausragende Rolle hat dabei das Europäische Parlament gespielt. Aber auch die Europäische Kommission hat verschiedentlich Versuche unternommen, den Grundrechtsschutz in der Gemeinschaft zu stärken. Die Idee einer „Grundrechtecharta" wurde dabei von dem Gedanken getragen, dass Transparenz die Rechtssicherheit fördert wie auch die Gleichmäßigkeit des Schutzes und die Akzeptanz der europäischen Rechtsordnung.
Vorwort
6
Inhaltsverzeichnis
8
Abkürzungsverzeichnis
16
Einleitung: Art. 11 Abs. 2 Charta als entscheidende Wegmarke für die Entwicklung des Medienrechts in der Gemeinschaft
20
I. Problemaufriss
20
II. Gang der Untersuchung
21
1. Teil: Medienfreiheit und Medienpluralität gemäß Art. 10 EMRK in der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH
23
1. Kapitel: Art. 10 EMRK und die Rechtsprechung des EGMR
23
2. Kapitel: Art. 10 EMRK und die Rechtsprechung des EuGH
46
2. Teil: Freiheit und Pluralität der Medien im Europäischem Gemeinschaftsrecht vor dem Vertrag von Nizza
56
3. Kapitel: Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Medien
56
4. Kapitel: Die Medien zwischen Grundfreiheiten und Wettbewerbsrecht
72
3. Teil: Auswirkungen der Grundrechtecharta auf den Medienbereich
134
5. Kapitel: Die Charta der Grundrechte
134
6. Kapitel: Eine Verfassung für Europa
147
7. Kapitel: Entstehungsgeschichte des Art. 11 Abs. 2 Charta
168
8. Kapitel: Die Medienfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 Charta
182
9. Kapitel: Art. 11 Abs. 2 Charta und die Pluralität der Medien
265
10. Kapitel: Verhältnis der Medienfreiheit zur Pluralität der Medien
318
11. Kapitel: Schlussbetrachtungen
320
Thesen
322
1. Kapitel: Art. 10 EMRK und die Rechtsprechung des EGMR
322
2. Kapitel: Art. 10 EMRK und die Rechtsprechung des EuGH
323
3. Kapitel: Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Medien
324
4. Kapitel: Die Medien zwischen Grundfreiheiten und Wettbewerbsrecht
324
5. Kapitel: Die Charta der Grundrechte
327
6. Kapitel: Eine Verfassung für Europa
327
7. Kapitel: Entstehungsgeschichte des Art. 11 Abs. 2 Charta
328
8. Kapitel: Medienfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 Charta
328
9. Kapitel: Art. 11 Abs. 2 Charta und die Pluralität der Medien
331
10. Kapitel: Verhältnis der Medienfreiheit zur Pluralität der Medien
335
11. Kapitel: Schlussbetrachtungen
335
Literaturverzeichnis
336