Einleitung
Vor ein paar Jahren lernte ich auf einem Inlandflug zufällig eine zukünftige Klientin kennen. Sie war sehr gut gekleidet und attraktiv – anscheinend eine berufstätige Frau. Ich schätzte sie auf etwa siebenunddreißig Jahre. Als sie sich neben mich setzte, fiel mir ihr verwirrter, besorgter Gesichtsausdruck auf. Sie war jemand, der »mit einem Menschen reden mußte«.
Ich war auf dem Weg nach New York, um dort einen Vortrag über einen psychologischen Test, den ich entworfen hatte, zu halten. Ich hatte mir vorgenommen, während des Fluges noch ein paar Korrekturen vorzunehmen, so daß ich froh war, daß meine Nachbarin kein Gespräch mit mir anfing. Statt dessen zog sie ein bekanntes Buch über Probleme in der Partnerschaft aus ihrer Reisetasche. Ich wurde neugierig, weil dieses Thema von speziellem Interesse für mich war.
Während des Mittagessens unterhielten wir uns ein wenig. Liz war Finanzanalystin und mußte oft beruflich an die Westküste reisen. Mich interessiert immer, wie Menschen auf meinen Beruf reagieren. Manche sagen nichts mehr, manche werden ein wenig reizbar, und andere schütten offen ihr Herz aus. Liz gehörte zur letzten Gruppe. Interessanterweise wollte sie wissen, ob ich mit der Arbeit des Autors, dessen Buch sie gerade las, vertraut war. Ich bejahte ihre Fragen und fügte hinzu, daß ich gern erfahren würde, welchen Eindruck sie davon hätte. Damit begann eine Unterhaltung, die mich völlig veränderte.
Liz sagte:
»Ich habe das Gefühl, daß dieses Buch nur für mich geschrieben wurde. Es ist irgendwie unheimlich.«
Ich fragte sie wieso. Sie hob das Buch hoch und sagte:
»Ich stecke mitten in einer Beziehungskrise. Ich bin zwischen zwei Männern hin und her gerissen, meinem Ehemann … und einem Mann, mit dem ich an der Westküste zusammenarbeite. Ich könnte die Wände hochgehen. Mein Mann, Nate, ist der netteste Mensch der Welt. Er ist Arzt. Er würde alles für mich tun. Nach zwölf Jahren Ehe schenkt er mir immer noch ohne besonderen Anlaß Rosen, und er erinnert sich an alle besonderen Tage, zum Beispiel an den Jahrestag unserer ersten Begegnung. Das verursacht mir große Schuldgefühle, denn obwohl ich ihn liebe, verliere ich schnell die Geduld mit ihm. Und ich fühle mich noch schlechter, weil er alles, was ich ihm antue, erträgt und immer netter und netter wird. Besonders in letzter Zeit, wo ich es nun wirklich nicht verdiene.«
Mir fiel auf, daß ihre Stimme gepreßter klang, als sie über ihren Mann und ihre Ehe sprach. Aber als sie über ihren Geliebten redete, änderte sich ihre Haltung völlig. Plötzlich sprach sie voller Eifer – zumindest anfangs.
»Ich lernte Doug vor einem Jahr kennen. Er ist unser Berater an der Westküste. Er ist jünger als ich, und Sie würden vielleicht sagen, daß er ein Kind der heutigen Zeit ist. Zuerst war ich skeptisch, als er anfing, mit mir zu flirten. Ich dachte, daß ich nicht sein Typ bin. Aber er schien es ernst zu meinen. Ich merkte, daß ich mich immer mehr in ihn verknallte, aber ich hoffte, daß es dabei blieb. Na, egal, das ging etwa vier Monate lang so. Ich war Nate nie untreu, und deshalb dachte ich schließlich: Zum Teufel, fang mit Doug was an – nur ein kleiner Seitensprung. Doch nachdem ich mit ihm zusammen ein paar Reisen unternommen hatte, erkannte ich, daß es etwas mehr war als nur ein Seitensprung. Doug ging mir nicht mehr aus dem Kopf, und ich rief ihn sehr oft vom Büro aus an. In unserem Büro gibt es eine junge Frau, die auch Analystin ist.