Kapitel 2
Zeige uns den Vater!
Drei Jahre waren die Jünger mit Jesus zusammen. Immer auf Tuchfühlung. Hautnah erlebten sie seine Zeichen und Wunder. Die Worte Jesu hörten sie mit ihren eigenen Ohren.
JESUS UND SEIN VATER
Dabei sprach Jesus 176-mal von seinem Vater, 112-mal allein im Johannesevangelium. Hier einige Beispiele:
„Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke auch.“ (Johannes 5,17)
„Der Sohn kann nichts von sich selbst aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ (Johannes 5,19)
„… und ich tue nichts von mir selbst, sondern wie mich mein Vater gelehrt hat, so rede ich.“ (Johannes 8,28b)
„Ich und der Vater sind eins.“ (Johannes 10,30)
„Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (Johannes 149)
Überall wird deutlich: Das irdische Leben Jesu war leibhaftiges Abbild seines Vaters im Himmel. Jede Heilung, jede Begegnung, jedes Wort von ihm verkörperte den hundertprozentigen Willen Gottes auf Erden. Ihn zu verherrlichen war sein Lebensziel.4
In fünf Kapiteln, Johannes 13 bis 17, werden die letzten Tage Jesu mit seinen Jüngern vor seinem Leiden und Sterben beschrieben: In konzentrierter Form sprach Jesus über so Grundlegendes wie Liebe, einander dienen, in ihm bleiben, das Werk des Heiligen Geistes, Einheit der Gläubigen und vieles mehr. Dabei war sein Bezugspunkt immer der Vater. Von ihm kam er, in ihm lebte und wirkte er, und zu ihm ging er.
Am deutlichsten kommt dies in den ersten Versen von Johannes 14 zum Ausdruck, als Jesus von den Wohnungen im Hause seines Vaters sprach, die er uns vorbereiten würde. Anschließend fügte er hinzu:
„Wohin ich aber gehe, wisst ihr, und ihr kennt den Weg“ (Johannes 14,4)
VON WELCHEM WEG SPRICHT JESUS?
Nach so langer Zeit mit so viel Unterweisung über den Vater sollte man annehmen, dass die Jünger genau verstanden hatten, was Jesus damit meinte. Umso mehr erstaunt uns die Frage von Thomas:
„Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst, und wie können wir den Weg kennen?“ (Johannes 14,5)
Wie tröstlich wurde mir dieses Wort aus dem Mund von einem der engsten Jünger Jesu. Auch ich war schon lange auf dem Weg mit Jesus und hatte offensichtlich entscheidende Aussagen über den himmlischen Vater nicht tief verstanden.
Die Antwort Jesu gehört zu den bekanntesten Bibelstellen überhaupt:
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich!“ (Johannes 14,6)
Mir fiel auf, dass ich bisher fast nur den ersten Teil dieses Verses wahrgenommen hatte. In Predigten und evangelistischen Botschaften hörte ich (und verkündigte ich selber) meist nur die eine Seite der Wahrheit. Offensichtlich war ich auf halbem Wege stehen geblieben. Ja, Jesus ist der Weg, die Wahrheit, das Leben – aber durch ihn sollen wir auch zum Vater kommen! Ziel ist das Heimkommen zum Vater. Durch seine Erlösung am Kreuz wollte Jesus uns nicht nur unsere Sünden vergeben, sondern den Weg frei machen, um uns zum Vater zu führen. Das Evangelium beinhaltet nicht nur die Beseitigung von Problemen wie Sünde, Verdammnis, Krankheit usw., sondern auch die Erfüllung unserer tiefsten Sehnsüchte: bei Gott zu Hause zu sein; Liebe, Annahme und Geborgenheit beim Vater zu erfahren.
DEN VATER ERKENNEN
„Wenn ihr mich erkannt hättet, so hättet ihr auch meinen Vater erkannt; und von nun an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen.“ (Johannes 14,7)
Das Wort „erkennen“ bezieht sich hier – wie so oft in der Bibel – nicht auf das intellektuelle Verstehen von theologischen Zusammenhängen. Es ist vielmehr die Umschreibung intimster Gemeinschaft und Begegnung, wie sie z. B. in 1. Mose 4,1 zum Ausdruck kommt:„Adam erkannte seine Frau Eva.“ Es geht also um eine Herzensbegegnung, um die innere Offenbarung, in der Person Jesu den Vater zu sehen. Philippus antwortet darauf:
„Herr, zeige uns den Vater, so genügt es uns!“ (Johannes 14,8)
Drei Dinge fallen bei diesem Wort auf.
Zunächst erkennen wir den immer noch vorhandenen Mangel der Jünger an tieferer Einsicht in das, was Jesus ihnen in Bezug auf seinen Vater erklärt hatte. Dann sehen wir den aufrichtigen Wunsch der Jünger, dass Jesus ihnen den Vater zeigen möge. Schließlich ist der Zusatz „so genügt es uns“ äußerst bemerkenswert. Offensichtlich trugen sie die Ahnung im Herzen: Wenn sie durch Jesus den Vater sehen könnten – dann würde es ihnen genügen, dann wäre alles okay!
Das war auch mein Wunsch. Ich wollte Gott erkennen, wie er wirklich ist. Ich wollte den Vater sehen und tiefer kennenlernen. Ich spürte, dass in dieser Offenbarung mein Herz zur Ruhe kommen könnte, dass dies auch mir genügen würde.
„Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeige uns den Vater!“ (Johannes 14,9)
DIE DIMENSION DES VATERS IN JESUS
Nach diesen Worten haben wir offensichtlich Jesus noch nicht richtig erkann