: Margrit Stamm, Christine Ruckdäschel, Franziska Templer, Michael Niederhauser
: Schulabsentismus Ein Phänomen, seine Bedingungen und Folgen
: VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
: 9783531913193
: 1
: CHF 41.60
:
: Pädagogik
: German
: 142
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Schulschwän en stellt ein oftmals unterschätztes, zumindest jedoch ein falsch eingeschätztes jugendspezifisches Auftreten dar. Weder in den Schulen noch in den Bildungsverwaltungen wird es als Problem wahrgenommen oder offen diskutiert, und auch Eltern scheinen es über weite Strecken als legitimes Verhalten zu akzeptieren.
Die AutorInnen analysieren, welche Faktoren aus Persönlichkeit, Schule, Familie und Freundeskreis Schulabsentismus in der Schweiz bestimmen und leisten einen wichtigen Beitrag zu einer fachlichen Diskussion des Phänomens in Bildungspolitik, Schule und Gesellschaft.

Dr. Margrit Stamm ist Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität Fribourg, Schweiz.
Christine Ruckdäschel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Diplomassistentin und Studienberaterin an der Universität Fribourg, Schweiz.
Franziska Templer ist Diplomassistentin und Studienberaterin an der Universität Fribourg, Schweiz.
Michael Niederhauser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Diplomassistent an der Universität Fribourg, Schweiz.

9 Schulabsentismus aus der Perspektive der Lehrpersonen (S. 131-132)

Um die Perspektivenvielfalt unserer Studie abzurunden, ist dieses abschließende Kapitel nun dem Blickwinkel der Lehrpersonen gewidmet. Es handelt sich bei der Stichprobe von 239 Lehrkräften ausschließlich um Klassenlehrpersonen, wie sie bereits in Kapitel 2 vorgestellt und charakterisiert worden sind. Um die Antworten der Lehrpersonen in den Gesamtkontext unserer Studie einzubinden, werden zunächst diejenigen Fragen an die Lehrpersonen beschrieben, welche auch den Schüler/innen gestellt worden waren. Danach folgen die Themen, welche sowohl von den Lehrpersonen als auch den Schulleitungen beurteilt wurden.

9.1 Einschätzung des Schulabsentismus durch die Lehrpersonen

Die Klassenlehrpersonen wurden gebeten, auf einer vierstufigen Skala einzuschätzen, wie oft sie in ihrer bisherigen Berufslaufbahn Erfahrungen mit Schüler/ innen gemacht hatten, welche unerlaubt dem Unterricht ferngeblieben waren. Lediglich 2% der Lehrpersonen gaben hier an, noch niemals mit Absentismus konfrontiert worden zu sein. Beinahe 90% der Lehrpersonen haben selten bis manchmal mit Schulabsentismus zu tun (57% selten, 32% manchmal) und knapp 9% geben an, sogar oft schwänzende Schüler/innen zu haben.

So kann festgehalten werden, dass praktisch alle befragten Lehrpersonen (98%) bereits einmal mit dem Phänomen des Schulschwänzens befasst waren und damit umgehen mussten. Schulabsentismus kann daher empirisch begründet als soziale Tatsache bezeichnet werden, was sich auch mit den Auskünften der Schüler/innen deckt. Über die Klassenebene hinaus sollten die Lehrpersonen für ihre Schule gesamthaft abwägen, inwieweit Schulabsentismus als Belastung vorliegt oder nicht. 19% schätzten, dass die Belastung ihrer Schule durch Absentismus sehr schwach sei, 69% ordneten ihre Schule hingegen als eher stark belastet ein und 12% als sehr stark belastet.

Dies deutet darauf hin, dass Lehrpersonen in ihrer eigenen Klasse andere Erfahrungen im Ausmaß von Absentismus gemacht haben als sie dies von ihren Kollegen mitbekommen und wahrnehmen. Gegenüber weiteren Belastungen an der Schule stuften die Lehrpersonen Schulabsentismus als das geringste Problem ein. Keine Lehrperson würde Absenzen als ‹sehr starke› Belastung bezeichnen und lediglich 12% messen Absentismus ein eher starkes Belastungsgewicht bei. Als das stärkste Problem an den untersuchten Schulen gilt laut den Aussagen der Lehrpersonen das rücksichtslose Verhalten der Schüler/innen untereinander (40% wählen dies als eher starkes bis sehr starkes Problem), gefolgt von fehlendem Respekt gegenüber Erwachsenen (37%). Mobbing, Gewalt unter Schülern sowie Vandalismus sind mit jeweils etwas mehr als 20% in den Augen der Lehrkräfte ebenfalls belastende Faktoren an ihrer Schule.

9.2 Fragen an Lehrpersonen und Schülerschaft

Die Lehrpersonen wurden ebenso wie die Schüler/innen zum allgemeinen Umgangston zwischen Schüler- und Lehrerschaft befragt. Neben diesem Aspekt werden in den folgenden Abschnitten die Gemeinschaft und Rivalität innerhalb der von ihnen unterrichteten Klasse, der Leistungs- und Unterrichtsdruck sowie das außercurriculare Angebot analog zu den Schülerangaben skizziert.
Inhalt5
Abbildungsverzeichnis9
Tabellenverzeichnis10
Vorwort13
1 Einleitung: Schulabsentismus als neue pädagogische Herausforderung15
2 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand25
2.1 Begriffsklärungen: Schulabsentismus und Schulverweigerung25
2.2 Theoretische Erklärungsansätze für Schulabsentismus als abweichendes Verhalten26
2.3 Schulabsentismus als delinquentes Handeln?32
2.4 Politischer und gesetzlicher Hintergrund33
2.5 Aktueller Forschungsstand35
2.6 Zusammenfassung: Die Arbeitsgrundlagen unserer Studie41
3 Die Untersuchung43
3.1 Ziele und Fragestellungen43
3.2 Forschungsdesign44
3.3 Stichprobe45
3.4 Die Erhebungsinstrumente48
3.5 Durchführung der Untersuchung56
4 Resultate der Schulleiterinterviews59
4.1 Bedeutung von Schulabsentismus59
4.2 Strukturelle Merkmale der Schulen60
4.3 Strukturelle Merkmale der Schulen und der Anteil an Schulschwänzern63
5 Schulabsentismus aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler71
6 Gruppenvergleiche: Massives Schulschwänzen versus Nicht- Schwänzen80
6.1 Demographisch-strukturelle Variablen und Absentismus80
6.2 Schulischer Kontext81
6.3 Familiärer Kontext88
6.4 Zusammenfassung: Gruppenvergleiche zwischen massivem Schulschwänzen und Nicht- Schwänzen93
7 Schulabsentismus im schulischen Kontext95
7.1 Vorhersagemodell für Schulabsentismus96
Gemeindegröße Koeffizienten Signifikanz98
Prädiktor Netto-Effektstärke99
Schulgröße Koeffizienten Signifikanz101
Prädiktor Netto-Effektstärke102
Schulniveau Koeffizienten Signifikanz104
Prädiktor Netto-Effektstärke105
7.2 Exkurs: Jugendliche im Kleinklassenkontext106
7.3 Ein-Ebenen-Analysen versus Kontextanalysen: Ein zusammenfassender Vergleich109
8 Einzelinterviews mit Schulabsentisten und Schulabsentistinnen111
8.1 Die Methodik: das Verfahren der Fallkontrastierung111
8.2 Die jugendlichen Schulschwänzer/innen im Porträt113
8.3 Die Lebenssituation der Befragten119
8.4 Der Verlauf des Schulschwänzens121
8.5 Bezug der Einzelfälle zu den identifizierten Prädiktoren128
9 Schulabsentismus aus der Perspektive der Lehrpersonen131
9.1 Einschätzung des Schulabsentismus durch die Lehrpersonen131
9.2 Fragen an Lehrpersonen und Schülerschaft132
9.3 Fragen an Lehrpersonen und Schulleitungen134
10 Literatur137