Telekommunikatives Handeln im Alltag Eine sozialphänomenologische Analyse interpersonaler Medienkommunikation
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Julian Gebhardt
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Telekommunikatives Handeln im Alltag Eine sozialphänomenologische Analyse interpersonaler Medienkommunikation
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VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
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9783531910505
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1
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CHF 28.60
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Sozialwissenschaften allgemein
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German
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391
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DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Ziel der Arbeit ist es, die kommunikationswissenschaftlic e Analyse der alltäglichen Aneignung und Nutzung von Medien der interpersonalen Telekommunikation auf eine neue grundlagentheoretische Basis zu stellen. Gegen die dominante Sicht technikdeterministischer Ansätze wird die zwischenmenschliche Genese und Einbettung medialer kommunikativer Handlungspraktiken auf die fundamentalen Ausgangsprobleme ihrer sozialen und damit intersubjektiven Verfasstheit rückbezogen. Aufbauend auf der Sozialphänomenologie von Alfred Schütz (und Thomas Luckmann) werden die basalen intersubjektiven Konstitutionsbedingungen interpersonaler Medienkommunikation herausgearbeitet und so ein besseres Verständnis der Sozialitätsbedingungen von Medien und medialer Kommunikationspraktiken ermöglicht. Die Arbeit konstituiert eine handlungstheoretisch begründete und alltagsweltlich fundierte Analyseperspektive, vor deren Hintergrund sich die auf diesem Feld vorliegenden Forschungsansätze einordnen, präzisieren und weiter entwickeln lassen.
Dr. Julian Gebhardt ist Sprecher der Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik (DGPuK).
3 Telekommunikatives Handeln im Alltag. Eine kommunikationswissenschaftliche Lesart der Schütz’schen Sozial-Phänomenologie
(S. 69-70)
Ziel dieses Kapitels ist es, das von Alfred Schütz bzw. das von Schütz und Luckmann herausgearbeitete sozial-phänomenologische Lebensweltkonzept sowie die darauf gründenden Überlegungen zur intersubjektiven Konstitution des (zwischen-)menschlichen Handelns und Erlebens in der Lebenswelt des Alltags zu erschließen und als theoretisches Fundament für eine Analyse der hier verfolgten kommunikationswissenschaftlichen Fragestellungen nutzbar zu machen.
Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung einer handlungstheoretisch fundierten Analyseperspektive, mit deren Hilfe es möglich werden soll, die sich im Alltag der Menschen vollziehenden Prozesse der raum-zeitlichen Vermittlung kommunikativen Handelns sowie die darauf bezogenen Vorgänge der alltäglichen Aneignung und Nutzung von Medien der interpersonalen Telekommunikation aus einer akteursbezogenen und alltagsweltlich verankerten Handlungsperspektive zu betrachten und in ihrer sozialen und damit intersubjektiven Verfasstheit verständlich zu machen. Auf diese Weise soll ein grundlagentheoretischer Beitrag hin zu einem besseren Verständnis der Bedingungen, Strukturen und Verläufe unterschiedlicher Teilprozesse der Telematisierung kommunikativen Handelns geleistet werden.
3.1 Grundlagen der sozial-phänomenologisch orientierten Handlungstheorie von Alfred Schütz
Das Hauptanliegen der von Alfred Schütz begründeten sozial-phänomenologisch orientierten Handlungstheorie kann darin gesehen werden, den „sinnhaften Aufbau der sozialen Welt" in seinen formalen Strukturen, d. h. unabhängig von einem bestimmten Handlungsfeld, bestimmten Handlungs kontexten oder den partikularen Erfahrungen spezifischer Akteure (vgl. Knoblauch 1995: 11), so zu rekonstruieren, wie er durch das wechselseitige Handeln der Akteure hervorgebracht wird und sich in deren Bewusstsein konstituiert (Schütz 1974). Unmittelbar schließt Schütz damit an das von Max Weber (1984: 19f.) formulierte Programm der „verstehenden" Soziologie als eine Wissenschaft an, die das sinnhaft aufeinander bezogene Handeln der Menschen „deutend verstehen" und „ursächlich erklären" möchte.
In seiner Problemstellung und Analyse folgt Schütz aber nicht nur der von Weber vertretenen Vorstellung von der Sinnhaftigkeit des menschlichen Handelns, sondern teilt mit ihm auch dessen Standpunkt, dass sich alle Phänomene der sozialen Wirklichkeit – diese im Sinne einer von Menschen erschaffenen und mit spezifischen handlungsleitenden Bedeutungen versehenen Kulturwelt (soziale Beziehungen gehören hier ebenso dazu wie soziale Institutionen, kulturelle Gegenstände und Sprachsysteme usw.) – letztlich immer nur unter Rückbezug auf die sinnhaften Tätigkeiten einzelner Individuen verstehen und erklären lassen (Schütz 1971: 12):
„Alle kulturellen Gegenstände – Werkzeuge, Symbole, Sprachsysteme, Kunstwerke, soziale Institutionen etc. – weisen in Ursprung und Bedeutung auf die Tätigkeiten menschlicher Individuen zurück. Aus diesem Grund sind wir uns immer der uns in Traditionen und Bräuchen begegnenden Geschichtlichkeit der Kultur bewußt. Diese Geschichtlichkeit ist die Sedimentation menschlicher Tätigkeiten und erschließt sich einer Untersuchung erst in Bezug auf diese Tätigkeiten. Aus demselben Grund kann ich einen kulturellen Gegenstand nicht verstehen, ohne ihn auf die ihn hervorbringende menschliche Tätigkeit zu beziehen. Zum Beispiel verstehe ich ein Werkzeug nicht, ohne den Zweck seines Entwurfs zu kennen, ein Zeichen oder ein Symbol bleiben unverständlich, falls ich nicht weiß, was die es zu benutzende Person damit meint, eine Institution bleibt mir unverständlich, solange ich nicht weiß, was sie für die Individuen bedeutet, die in ihr und auf sie hin ihr Verhalten orientieren. Das so genannte Postulat der subjektiven Interpretation in den Sozialwissenschaften hat hier seinen Ursprung."
Inhalt
8
Abbildungsverzeichnis
9
1 Einleitung: Die Telematisierung kommunikativen Handelns
10
1.1 Entwicklungstendenzen der Medienkommunikation und der Wandel kommunikativen Handelns
16
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit
26
2 Interpersonale Telekommunikation als Gegenstand der Kommunikations- und Medienwissenschaft
32
2.1 Medien- und technikzentrierte Forschungsansätze
37
2.2 Individuums- und nutzerbezogene Forschungsansätze
49
2.3 Kultur- und kontextorientierte Forschungsansätze
57
2.4 Resümee
66
3 Telekommunikatives Handeln im Alltag. Eine kommunikationswissenschaftliche Lesart der Schütz’schen Sozial- Phänomenologie
70
3.1 Grundlagen der sozial-phänomenologisch
70
3.2 Die Lebenswelt des Alltags als eine räumlich, zeitlich und sozial gegliederte Kulturwelt
101
3.3 Kommunikation und telekommunikatives Handeln in der alltäglichen Lebenswirklichkeit
134
3.4 Medien der interpersonalen Telekommunikation und die raumzeitliche Vermittlung kommunikativen Handelns
161
3.5 Zum alltäglichen Umgang mit Medien als vergesellschafteten Kommunikationswerkzeugen
183
4 Wege zu einer integrativen Theorie telekommunikativen Handelns in der alltäglichen Lebenswirklichkeit
216
Literatur
253