1. Relevanz der Prozessorientierung im Qualitätscontrolling von Dienstleistungen (S. 57-58)
Die Qualität von Dienstleistungen ist im Rahmen der Erfolgsfaktorenforschung als eine wesentliche Determinante des Unternehmensergebnisses identifiziert worden (Buzzell/ Gale 1989, S. 7f., 41, 91ff.). Die Qualitätsorientierung und somit auch das Qualitätsmanagement spielen demnach eine wesentliche Rolle in der Unternehmensplanung eines Dienstleisters. Der durch das Qualitätsmanagement zu sicherndeökonomische Erfolgsbeitrag ist jedoch nur realisierbar, wenn die dem Qualitätsniveau entgegengebrachte Kundenwertschätzung mindestens den Kosten entspricht, die im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement entstehen (Meffert 1994, S. 103, Buzzell/Gale 1989, S. 7). Eine erforderliche Komponente im Prozess der qualitätssichernden Maßnahmen stellt demzufolge das Qualitätscontrolling dar. Um die Erfolgswirkung des Qualitätsmanagements zu quantifizieren, empfiehlt sich die Ermittlung von Kosten-Nutzen-Kennziffern.
Wesentliches Merkmal einer Dienstleistung ist die Integration des Kunden bzw. eines Objektes des Kunden in den Leistungserstellungsprozess (Meyer 1991, S. 199, Corsten 1986, S. 27ff.). Nachfrager von Dienstleistungen kommen demzufolge mit den Leistungspotenzialen, dem Leistungserstellungsprozess und– wie Konsumenten von klassischen Sachgütern auch– mit dem Leistungsergebnis in Berührung. Als Dimensionen der Dienstleistungsqualität werden dementsprechend die Potenzial-, die Prozess- und die Ergebnisdimension unterschieden (Donabedian 1980, S. 79ff.). Da das Qualitätsurteil wesentlich durch den vom Kunden wahrgenommenen Prozess der Dienstleistungserstellung beeinflusst wird (Hentschel 1992, S. 73), ist die Wirtschaftlichkeitskontrolle insbesondere unter Berücksichtigung der Prozessdimension der Dienstleistungsqualität vorzunehmen.
Gleichzeitig ist die Kostenstruktur in Dienstleistungsunternehmen im Vergleich zu Sachgüterproduzenten durch einen relativ hohen Gemeinkostenanteil gekennzeichnet. Dem Nachteil der Fixkostenproportionalisierung und der Gemeinkostenschlüsselung der traditionellen Vollkostenrechnungssysteme begegnend, muss das Denken in Prozessen auch in die Kostenrechnung von Dienstleistungsunternehmen Eingang finden, um damit eine verursachungsgerechte Zurechnung der Gemeinkosten zu ermöglichen. Mit dem Ziel der Gegenüberstellung von Qualitätswahrnehmung und Qualitätskosten im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse kann damit sowohl die Messung der Dienstleistungsqualität als auch die Erfassung der Qualitätskosten konsequent prozessorientiert erfolgen.
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die ereignis- und merkmalsbasierten Methoden der Qualitätsmessung auf der Nutzenseite und die Prozesskostenrechnung auf der Kostenseite einer Prozessorientierung im Qualitätscontrolling Rechung tragen. Eine wesentliche Informationsbasis für die Qualitätserfassung, aber auch für die prozessorientierte Kostenrechnung, stellt dabei das Service-Blueprinting dar, das Gegenstand des nächsten Abschnitts sein wird.
2. Service-Blueprinting als Informationsgrundlage eines prozessorientierten Qualitätscontrollings
Eine Grundlage für das prozessorientierte Qualitätscontrolling bildet die Strukturierung der Dienstleistung aus Nachfragersicht. Hinsichtlich der systematischen Strukturierung und grafischen Abbildung von Dienstleistungsprozessen hat sich in der wissenschaftlichen Diskussion die Methode des Service-Blueprinting durchgesetzt. Durch die explizite Berücksichtigung der Kundenintegration in einem Service-Blueprint findet die Methode in verschiedenen Bereichen des Dienstleistungsmanagements, so zum Beispiel im Service- Engineering oder Qualitätsmanagement, Anwendung.
Bei einem Service-Blueprint handelt es sich um ein grafisches Abbild eines Dienstleistungsprozesses und seiner Teilaktivitäten. Das Grundmodell geht auf dieÜberlegungen von Shostack zu Beginn der 1980er Jahre zurück (Shostack 1982, S. 49ff., 1984, S. 133ff.). Ziel war es, in dem Ablaufdiagramm Punkte zu visualisieren, an denen es zur Interaktion zwischen dem Kunden und dem Personal des Dienstleisters kommt (Kleinaltenkamp 2000, S. 4f.). Durch eine Trennlinie, die sogenannte„Line of visibility", wurden Prozessaktivitäten, die der Kunde wahrnimmt und in die er integriert wird, von Prozessaktivitäten, die für ihn im Verborgenen stattfinden, getrennt.v Das Grundmodell von Shostack wurde in der Vergangenheit durch die Berücksichtigung zusätzlicher Linien weiterentwickelt. Im Modell von Kingman-Brundage werden die Herstelleraktivitäten zudem durch die„Line of interaction", die„Line of internal interaction" und die„Line of implementation" differenziert (Kingman-Brundage 1989, S. 30ff., 1993, S. 148ff.). |